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Traumzeit

Traumzeit

Titel: Traumzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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lächelte. »Also gut, wie wäre es mit diesem Baum dort drüben? Was meinen Sie, ist er mehr als einhundert Meter von uns entfernt? Kann Ihr Pfeil ihn noch treffen?«
    Colin beobachtete Pauline aufmerksam. Sie sprang vom Pferd, wählte einen Pfeil und spannte den Bogen. Unwillkürlich bewunderte er, wie sie im strahlenden Sonnenlicht im Gras stand. Sie trug ein knöchellanges Kleid mit einem enganliegenden Oberteil und einem weiten Rock. Die vollen Brüste fanden ihr Gegengewicht in der eleganten Tournüre. Ein Federhut saß auf ihren platinblonden Locken. Die linke Hand umfaßte den Langbogen. Sie zog den rechten Arm bis hinter das Ohr und zielte – Colin mußte an ein Gedicht denken, das er einst gelesen hatte:
›Kalte Diana, Mondjägerin, ewige Jungfrau, todbringende Jägerin des Hirschs …‹
    Er wußte, Paulines Äußeres täuschte. Sie war groß und schlank, hatte helle Haut und wirkte ausgesprochen weiblich. Sie erweckte den Eindruck, als sei sie zart und zerbrechlich, wie man es von einer modebewußten Dame der besseren Gesellschaft erwartete. Aber Pauline war eine starke Frau – körperlich und geistig. Nicht jeder wußte, daß sie den Langbogen meisterhaft beherrschte und beim Spannen der Sehne mühelos vierzig Pfund zog.
    Er sah, wie sie die Sehne losließ, und der Pfeil genau und sicher das Ziel traf. Er mußte sich eingestehen, daß etwas sinnlich Aufreizendes davon ausging, wie Pauline Pfeil und Bogen handhabte. Sie hielt den Rücken aufrecht, hatte die Schultern gespannt, das Kinn berührte die linke Schulter. Er fand, sie war eine Frau wie geschaffen für das Schlafzimmer.
    Als Pauline nach dem nächsten Pfeil griff und sich auf den Schuß vorbereitete, sagte Colin: »Das scheint mir ein unfairer Wettstreit, Miss Downs. Sie schießen auf ein unbewegliches Ziel.«
    Pauline drehte sich mit gespannter Sehne blitzschnell herum und richtete den Pfeil auf Colin. Er erschrak und mußte dann lachen. »Können Sie mit einer so primitiven Waffe jagen, Miss Downs? Oder zielen Sie nur auf Bäume und Heuhaufen?«
    Sie entspannte die Sehne und ließ den Bogen sinken. »Es gibt nichts, was ich mit diesem Bogen nicht treffe, Mr. MacGregor«, erwiderte sie vielsagend.
    »Aber ist er so gut wie ein Gewehr?«
    »Wollen Sie eine Kostprobe?«
    Er lachte. »Wir haben ein blaugraues Känguruh mit einem
Joey
am Fluß gesehen. Ich habe es Judd als Jagdtrophäe versprochen. Mein Sohn ist erst neun, und ihm steht sein erster Treffer noch bevor. Möchten Sie uns begleiten? Oder haben Sie vielleicht doch Zweifel an der Treffsicherheit von Pfeil und Bogen?«
    »Im Gegenteil, Mr. MacGregor. Ich zweifle keineswegs daran. Ich werde Ihnen mit dem größten Vergnügen beweisen, was ein Pfeil alles vermag.«
    3
    Die Jagdgesellschaft machte sich in Richtung Fluß auf den Weg. An der Spitze ritten Pauline und Colin. Judd auf seinem Pony trabte zwischen ihnen. Die Diener folgten mit Decken, Picknickkörben und Gewehren. Den Schluß bildete der Fährtensucher, der alte Ezekial. Er ritt ohne Sattel. »Übrigens, Mr. MacGregor«, sagte Pauline, »sind Sie noch an den fünftausend Morgen Land interessiert?«
    »Hat Ihr Bruder beschlossen zu verkaufen?«
    Frank wußte von der ganzen Sache bis jetzt nichts, aber Pauline konnte sich darauf verlassen, daß er keine Einwände haben würde. Für ihn war das Land nutzlos, und wenn der Verkauf Pauline glücklich machte, dann würde er zustimmen. »Ich bin sicher, er kann überredet werden«, erwiderte sie.
    »Wann kann ich ihn treffen, um die Vertragsbedingungen auszuhandeln?«
    »Frank hat zuviel mit der Zeitung zu tun, um sich auch noch damit zu beschäftigen. Sie können mit mir verhandeln.«
    »Wie sehen die Bedingungen also aus?«
    »Das weiß ich noch nicht. Aber ich bin sicher, daß Sie und ich eine Art Einigung finden werden.«
    Er sah sie prüfend an und schwieg.
    »Wie alt ist Judd jetzt?« fragte Pauline. »Neun, wenn ich nicht irre. Sie werden ihn also bald auf die Schule schicken.«
    »Ich habe beschlossen, ihn nicht auf die Schule zu schicken. Ich möchte ihn bei mir behalten.«
    »Das arme Kind. Er ist in einem so schwierigen Alter und hat keine Mutter. Im Distrikt erzählt man sich, Mr. MacGregor, daß Sie und Wilma Todd Heiratsabsichten haben.«
    »Die Leute im Distrikt scheinen nichts Besseres zu tun zu haben, als dummes Zeug zu reden. Und um Klarheit zu schaffen, Miss Downs, ich habe nicht die Absicht, Miss Todd einen Heiratsantrag zu machen. Ich werde auch Verity

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