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Traumzeit

Traumzeit

Titel: Traumzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Im Sommer hatte er alle Hände voll zu tun mit dem Desinfizieren der Herden und der Zucht, und im Herbst …
    Aber Pauline wies ihn sehr ruhig und sachlich darauf hin, daß der Herbst auf jeder Farm die ruhigste Jahreszeit sei, und so hatten sie sich auf einen Hochzeitstermin im März geeinigt.
    Alles verlief planmäßig, bis der Brief von den südaustralischen Behörden eintraf, die Hugh von Adam Westbrooks Schicksal in Kenntnis setzten.
    Plötzlich entdeckte Pauline einen dunklen Fleck in ihrer Vision der gemeinsamen Zukunft. Sie und Hugh würden nicht nur für einander dasein, sich nicht leidenschaftlich, spontan und hemmungslos lieben können. Ihr Eheleben begann bereits mit der Last eines Kindes – dem Kind einer anderen Frau. Pauline wollte nicht daran denken, was Hugh mit nach Hause bringen mochte: einen wilden Jungen aus dem Busch. »Du bist nicht verantwortlich für dieses Kind«, hatte sie gesagt, ihre Worte jedoch sofort bedauert, denn Hughs Augen blitzten vor Zorn. Pauline hatte ihm daraufhin schnell versichert, sie werde den Jungen gerne aufnehmen, aber in ihrem Herzen fürchtete sie das Kind.
    Sie war noch nicht bereit, Mutter zu sein. Sie wollte sich zuerst daran gewöhnen, eine Ehefrau zu sein. Sie wußte, daß zur Mutterschaft bestimmte Opfer gehörten und ein Leben, das meist bedeutete, die eigenen Bedürfnisse zurückzustellen. Pauline konnte sich nicht vorstellen, wie das Leben einer Mutter aussah. Ihre Mutter war vor vielen Jahren während einer Grippeepidemie gestorben, die auch ihre beiden Schwestern und der jüngere Bruder nicht überlebten. Pauline war mit ihrem älteren Bruder Frank unter der Obhut des Vaters und einer Reihe von Gouvernanten aufgewachsen. Sie wußte nicht, wie eine Beziehung zwischen Müttern und Kindern aussah, und die Beziehung zwischen Müttern und Töchtern konnte sie sich überhaupt nicht vorstellen. Sie wünschte sich eine Tochter. Sie malte sich oft aus, wie es sein würde, ihrer Tochter Reiten und Jagen beizubringen und vor allen Dingen, was es bedeutete, etwas Besonderes zu sein. Pauline glaubte, es erfülle eine Mutter mit großer Befriedigung, eine Tochter zu formen und zu erziehen. Aber die Gefühle zwischen Mutter und Tochter – Liebe, Ergebenheit und Pflichtbewußtsein – schien sie nie ganz verstehen zu können.
    »Ihr Bad ist eingelassen«, sagte Paulines Zofe und unterbrach damit ihre Gedanken.
    Nach dem ermüdenden, wenn auch aufregenden Tage der Beschäftigung mit Schnittmustern und Stoffen, den Anproben, bei denen sie stillstehen mußte, während die beiden Näherinnen mit Nadeln und Scheren wirkten, freute sich Pauline auf ein langes Bad, das sie in vollen Zügen genießen wollte. Sie war eine sinnliche Frau. Sie ließ sich von den glatten Perlen an ihrem Hals küssen, von der Federboa die nackten Schultern streicheln und überließ sich dem schmeichelnden Luxus von zartem Satin und weichen Spitzennachthemden. Stoffe bereiteten ihr Vergnügen. Selbst die Härte der in Silber und Gold gefaßten Edelsteine bereitete ihren Fingerspitzen Genuß. Frank war reich genug, seine Schwester mit französischem Champagner zu verwöhnen, und auf ihren Tisch kamen nur die erlesensten Gerichte. Pauline saß stundenlang am Flügel und überließ sich dem Genie eines Chopin und Mozart. Sie ritt tollkühn während der Jagden, nahm die gefährlichsten Hindernisse und sprang über die breitesten Gräben. Sie glühte vor Begeisterung bei dem Gefühl, das Pferd zu beherrschen, durch die Luft zu schweben und das Schicksal herauszufordern. Es gab nicht wenig, das Pauline Downs mit ihren vier- undzwanzig Jahren nicht ausgekostet hatte. Es fehlte ihr nur noch das eine – der Gipfel aller Freuden: Sie hatte noch nicht mit einem Mann geschlafen.
    Während Pauline sich wohlig im heißen Wasser rekelte und langsam den Schwamm über den Körper gleiten ließ, warf sie einen Blick in den dunstigen Spiegel und sah, daß Elsie, die Zofe, ihr frische Unterwäsche zurechtlegte. Elsie war eine junge hübsche Engländerin, und Pauline wußte, daß sie mit einem der Stallburschen von Lismore ging. Sie sah der Zofe nach, die das Badezimmer verließ, und fragte sich, was Elsie wohl mit ihrem jungen Liebhaber tat, wenn sie alleine war.
    Und plötzlich durchzuckte sie Neid.
    Sie betrachtete ihr Bild in dem großen Spiegel. Sie sah das, wie sie wußte, schöne Gesicht mit den ebenmäßigen Zügen, das von dichten blonden Locken umrahmt wurde, und dachte: Pauline Downs, die Tochter einer

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