Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Traumzeit

Traumzeit

Titel: Traumzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
Vom Netzwerk:
hinwegtäuschen, was ich wirklich bin – eine Bardame.«
    »Ich habe in der
Times
Suchanzeigen veröffentlicht. Ich habe Sie gesucht!«
    »Ich weiß, ich habe die Anzeigen gesehen.«
    »Warum haben Sie sich nicht gemeldet? Warum haben Sie sich vor mir versteckt?«
    »Weil meine Gefühle für Sie so völlig verwirrt waren! Und weil ich vorsichtig sein muß.«
    »Vorsichtig?«
    Sie drehte sich um und sah ihn an. Er saß dicht neben ihr. Ivy sah sein Gesicht in allen Einzelheiten, die sanften braunen Augen, der Bartschatten am Kinn, und ihr wurde bewußt, daß sie sich zum ersten Mal im hellen Tageslicht sahen. Jetzt war er leibhaftig wieder da und nicht nur in ihren Gedanken; sie saßen gemeinsam in der Sonne, so eng beisammen, daß sie sich beinahe berührten, und Ivy befragte noch einmal ihre Gefühle. Sie wußte plötzlich, daß sie keineswegs verwirrt waren. »Frank«, sagte sie, »wenn eine unverheiratete Frau um ihre Ehrbarkeit kämpft, dann muß sie sich vor allen intimen Beziehungen mit Männern hüten. Ein Junggeselle wie Sie darf solche Beziehungen haben, aber eine Frau nicht. Und Sie können jeden fragen …, ich bin ehrbar.«
    »Ich habe nie an Ihrer Ehrbarkeit gezweifelt«, sagte er. Frank konnte seinen Augen immer noch nicht trauen. Da saß sie lebendig neben ihm. Er entdeckte winzige schwarze Flecken in den grünen Augen, sah die funkelnden Steine ihrer Ohrringe, einzelne Locken der roten Haare, in denen der Wind spielte. Als sie lächelte, bemerkte er kleine Fältchen in den Augenwinkeln, und er mußte daran denken, daß in Finnegans Pub ihm jemand einmal gesagt hatte, Ivy sei beinahe vierzig.
    »Sagen Sie mir«, fragte er leise, »warum sind Sie nicht mit der
Julianna
abgereist? Wohin wollten Sie eigentlich?«
    »Ich hatte eigentlich kein Ziel. Ich … wollte nur weg.«
    »Weg von mir?«
    »Vielleicht.«
    »Aber Sie sind geblieben.«
    »Ja.«
    »Kommen Sie mit mir zurück, Ivy. Geben Sie mir eine Chance.«
    »Sie wissen nichts über mich«, sagte sie. »Meine Mutter …«
    »Und mein Vater«, unterbrach er sie, »war der zehnte Sohn eines armen Fabrikarbeiters in Manchester. Mir ist die Herkunft eines Menschen nicht wichtig. Ich weiß nur, wenn ich an Sie denke, oder wenn ich Sie sehe, dann geht es mir gut. Bitte geben Sie mir einen Platz in Ihrem Leben. Bitte, Ivy.« Er reichte ihr die Hand. »Sie sind mir außerdem immer noch ein Picknick schuldig. Das haben Sie mir versprochen …«

Kapitel Siebzehn
    1
    Sarah wußte, in welchem Zimmer der Pension Philip NcNeal wohnte. Sie wartete an dem kühlen Septembermorgen ungesehen in der Nähe des Hintereingangs und hörte, wie die Dienstmädchen das Frühstück vorbereiteten. Sie blickte zu seinem Fenster hinauf, und ihre Beklemmung stieg. Sie hoffte inständig, daß sie nicht zu spät gekommen war.
    Endlich verließen die Dienstmädchen mit Tee und Toast die Küche, und Sarah schlich sich in das Haus. Sie lief durch den langen Flur und vergewisserte sich, daß sie niemand gesehen hatte. Als sie die Treppe erreichte, eilte sie schnell und geräuschlos nach oben. Sie war barfuß.
    Philips Zimmertür stand offen. Sie blickte hinein und sah einen leeren Schrank. Auf dem Tisch lagen Blaupausen und Zeichengeräte, und sie sah das Bett, in dem er geschlafen hatte.
    Philip stand vor einer Kommode, leerte die Schubladen und legte Kleidungsstücke in einen Koffer. Als er sich aufrichtete, zog er erstaunt die Augenbrauen hoch. »Sarah! Welch eine Überraschung«, rief er und kam zu ihr. Er blickte den Gang entlang. »Bist du allein?«
    Als sie keine Antwort gab, sagte er: »Wie bist du hergekommen? Bist du von Merinda bis hierher zu Fuß gelaufen?«
    »Ja.«
    »Warum?«
    Sarah schwieg einen Augenblick, dann antwortete sie: »Ich wollte mich verabschieden.«
    »Du bist den weiten Weg gelaufen«, sagte er, »ohne Schuhe, nur, um dich zu verabschieden?«
    Sarah blickte auf ihre staubigen nackten Füße.
    »Weißt du, Sarah«, er trat wieder an die Kommode, »ich glaube, in all der Zeit, seit ich dich kenne – wie lange ist das eigentlich? Etwa sechs Monate? In all der Zeit hast du nicht viel gesprochen. Vermutlich hat man dir gesagt, daß ich abreise. Da Mr. Westbrook es sich nach dem Unwetter nicht leisten kann, das Haus jetzt zu bauen, und da mein Bruder mir einen Brief aus Amerika geschickt hat und sagt, meine Mutter sei krank, habe ich beschlossen, es sei der richtige Augenblick, um nach Hause zurückzukehren.« Er sah sie an und fügte hinzu: »Du wirst mir

Weitere Kostenlose Bücher