Traumzeit
Ereignissen, aber ich kann die Möglichkeit leider nicht ganz ausschließen. Bitte, Joanna, versuchen Sie, Hugh zur Annahme des Kredits zu überreden.‹
Frank lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und wünschte, er könnte das ungute Gefühl loswerden, das er bei dieser ganzen Sache hatte. Ein zu augenfälliger Zufall schien hier am Werk zu sein. Kaum war Colin Besitzer dieser fünftausend Morgen Land, ereignete sich auf Merinda eine Katastrophe. Man redete im Distrikt schon lange darüber, daß MacGregor seinen Nachbarn Westbrook für den Tod seiner Frau Christina verantwortlich machte und sich rächen wollte. War das möglich? Es schien so absurd, aber Frank wurde sein Unbehagen nicht los. Leider konnte er Colin nicht zur Rede stellen. Er und Pauline waren sofort nach der Trauung auf Hochzeitsreise gegangen und befanden sich im Augenblick auf einem Schiff, das sie nach Schottland und in Colins alte Heimat, zur Insel Skye brachte.
Frank dachte wieder an die Hochzeit. Pauline schien so glücklich zu sein, auch wenn das Fest sehr viel bescheidener ausfiel, als sie es mit Westbrook geplant hatte. Es war Colins zweite Ehe, und die schlichte Trauung fand im engsten Freundeskreis statt. Frank entging die Ironie jedoch nicht, daß Pauline jetzt die Stiefmutter des neunjährigen Judd war. Und sie hatte behauptet, ihre Verlobung mit Hugh auflösen zu müssen, weil sie ihre Ehe nicht mit dem Kind einer anderen Frau beginnen wolle!
Aber Frank beabsichtigte nicht, dieser Sache weiter nachzugehen. Er fand ohnehin, es sei zwecklos zu versuchen, eine Frau zu verstehen. Immer wenn er glaubte, eine Frau zu kennen, dann schien sie ihn im nächsten Augenblick völlig zu verwirren. Zum Beispiel Ivy Dearborn. Zuerst hatte Ivy alle seine Bemühungen um sie zurückgewiesen, dann nahm sie seine Einladungen an, aber nur, um sehr bald völlig vom Erdboden zu verschwinden. Er war froh, daß er seinen Kummer schließlich überwunden hatte. Frank mochte es nicht, innerlich zerrissen oder mit seinen Gefühlen an eine Frau gebunden zu sein.
»Wann werden Sie heiraten, Frank?« hatte Maude Reed ihn auf Paulines Hochzeit gefragt. Und Frank wußte, nicht nur Mrs. Reed interessierte sich für seine Pläne. Da Lismore keine Hausherrin mehr hatte, richtete sich im Distrikt die Aufmerksamkeit jeder Mutter mit einer heiratsfähigen Tochter auf ihn. Kaum hatte der Pfarrer für Colin und Pauline den Bund der Ehe geschlossen, als Frank bereits im Mittelpunkt weiblicher Interessen stand – angefangen bei der jungen Verity Campbell bis hin zu der nicht mehr ganz jungen Constance McCleod, dieser geborenen Kupplerin. »Sie können doch nicht
ewig
Junggeselle bleiben, Frank«, hatte Louisa Hamilton anzüglich gesagt. »Es ist für einen Mann nicht gut, allein zu sein.« Es sah Louisa sehr ähnlich, dachte Frank, sich zu sehr für eine Dame zu halten, um das Wort ›keusch‹ in den Mund zu nehmen. Aber genau darauf spielte sie an.
Frank war nicht keusch – keineswegs. Kein Mann mit Geld, der in Melbourne lebte, mußte auf sexuelle Freuden verzichten, worin sie auch bestehen mochten und wann immer ihm danach zumute war. Frank hatte in der ganzen Stadt Freundinnen, die nur allzu freizügig waren – diese Damen nahmen gern sein Geld und seine Geschenke an, ohne Forderungen an ihn zu stellen. An eine Ehe dachten sie ganz bestimmt nicht. Und das gefiel ihm. Er war erst sechsunddreißig und glaubte, er habe noch genug Zeit, das Leben zu genießen, bevor er sich für eine Frau entschied und sich der Aufgabe widmete, einen Erben zu zeugen.
»Frank?« Jemand stand in der offenen Tür.
Er hob den Kopf und sah Eric Graham, einen Reporter der
Times,
zu dessen Aufgabe es gehörte, im Hafen Neuigkeiten zu sammeln. Er war ein großer junger Mann, der eine Melone trug, und von dem Frank wußte, daß er sich einen Namen in seinem Beruf machen wollte. Eric gehörte zu Franks besten Reportern. Er hatte die Geschichte über die Gefangennahme von Dan Sullivan, einem gesuchten Verbrecher, für die
Times
an Land gezogen, als seine Kollegen von
Age
und
Argus
noch schliefen. »Kommen Sie herein, Eric«, forderte ihn Frank freundlich auf. »Ich hoffe, Sie haben etwas Spannendes für die Ausgabe morgen.« Frank hatte es sich zur Regel gemacht, alle Artikel selbst in Augenschein zu nehmen, ehe sie in die Redaktion wanderten.
»Leider ist unten am Hafen heute nichts los, Frank«, erwiderte Graham und nahm den Hut ab, worauf seine sorgfältig gekämmten und pomadisierten
Weitere Kostenlose Bücher