Traumzeit
Urkunde diese beiden Namen lesen können. Die Frau mußte sich eindeutig geirrt haben, und Frank stand nun vor der unangenehmen Aufgabe, es Joanna mitzuteilen. Er hatte gehofft, wenn Joanna nach Karra Karra fuhr, dann würde ein Reporter sie begleiten, um ihre Geschichte für die Leser der
Times
zu schreiben.
Frank warf einen Blick auf seine Taschenuhr und sah, daß es beinahe Zeit zum Mittagessen war. Er verspürte Lust auf ein dunkles Bier und Fleischpastete in Gesellschaft anderer Zeitungsleute. Als er nach seinem Mantel griff, erschien Eric Graham wieder in der Tür.
»Mich beschäftigt noch etwas, Frank«, sagte er hoffnungsvoll. »Ich weiß, wir bringen keine Bilder in der
Times,
aber Sie haben gesagt, Sie suchen etwas Politisches. Was halten Sie davon?« Er hielt ihm die Zeichnung entgegen, die er vom Hafen mitgebracht hatte.
Frank betrachtete sie und lachte. »Du meine Güte«, rief er, »das ist der Premierminister, wie er leibt und lebt! Großartig! Selbst wenn man den Mann nicht kennt, dann wüßte man alles über ihn, wenn man dieses Bild betrachtet. Woher haben Sie das?«
»Ich habe es Ihnen doch erzählt. Am Kai wurde unter großer Anteilnahme eine Kellnerin von ihren Gästen verabschiedet. Ich habe mich in der Nähe aufgehalten, denn ich dachte, das könnte eine interessante Geschichte sein.«
Frank starrte ihn entgeistert an. »Wie bitte? Wo war das?«
»Unten im Hafen. Sie fährt nach England zurück …«
»Allmächtiger! Warum haben Sie mir das nicht gleich gesagt!« Frank knöpfte nicht einmal den Mantel zu, sondern rannte bereits aus der Tür und zum Fahrstuhl. »Mit welchem Schiff fährt sie?«
»Ich glaube, es ist die
Princess Julianna.
Aber das Schiff ist wohl schon unterwegs …«
2
Frank sprang aus der Droschke, noch bevor sie anhielt. Er drückte dem Kutscher einen Geldschein in die Hand, der schimpfte, weil er kein Wechselgeld hatte, aber Frank war schon in der Menge verschwunden.
Er lief von Anlegestelle zu Anlegestelle und las die Namen der ankernden Schiffe. Dann schob er sich wieder hastig durch die geschäftige Menge. Schließlich entdeckte er einen Zollbeamten. Atemlos fragte er ihn: »Wo liegt die
Princess Julianna
?«
»Die
Princess Julianna
? Sie ist gerade ausgelaufen, Sir«, erwiderte der Mann und deutete auf das Meer, wo Frank weiße Segel sah, die langsam am Horizont verschwanden.
»Ich miete ein Boot und fahre dem Schiff hinterher.« Als Frank in Richtung eines kleinen Landestegs laufen wollte, wo ein verblaßtes Schild Leihboote anpries, hielt ihn der Zollbeamte am Arm fest und sagte: »Es gibt keine Boote mehr. Jemand hat erzählt, man habe einen Wal gesichtet, und jetzt sind alle hinausgefahren, um ihn zu sehen.«
Frank fluchte leise und starrte auf das chaotische Treiben am Kai. Zwei große Schiffe waren gerade eingetroffen. Wie üblich spielte eine Kapelle ›God Save the Queen‹, und viele Menschen standen bereit, um die von Bord gehenden Reisenden zu begrüßen. Im Gedränge hofften ein paar Langfinger, sich zu bereichern und hielten verstohlen Ausschau nach geeigneten Opfern.
Abseits in einer Ecke, fern von der Menge, saß eine gut gekleidete rothaarige Frau auf einem großen Überseekoffer und blickte auf das Meer. Die Federn an ihrem Hut bewegten sich im Wind.
Frank ging zu ihr hinüber, und als sein Schatten auf sie fiel, hob sie den Kopf.
»Guten Tag, Ivy«, sagte Frank.
Sie lächelte und schüttelte den Kopf. »Ich muß völlig den Verstand verloren haben«, sagte sie. »Ich hatte alles so sorgfältig geplant und Geld für die Überfahrt gespart. Meine Freunde haben mich großartig verabschiedet, und dann konnte ich einfach nicht an Bord gehen.«
»Warum nicht?«
»Ein Reporter Ihrer Zeitung bat mich, ihm eine Zeichnung zu machen. Ich wußte, er würde sie Ihnen zeigen.«
»Mein Gott, das war knapp«, sagte Frank und seufzte erleichtert. Dann setzte er sich neben sie. »Ich dachte, Sie wären an Typhus gestorben. Warum sind Sie verschwunden? Wo waren Sie?«
»Während der Epidemie habe ich erfahren, daß Ihre Schwester alle Frauen im Distrikt aufgefordert hatte, die betroffenen Familien mit Lebensmitteln und anderen Dingen zu unterstützen. Ich bin in Ihr Haus gegangen. Ich bin auf Lismore gewesen und habe meine Hilfe angeboten. Aber sie wollten mich nicht. Es fehlten Hilfskräfte, aber ich war ihnen nicht gut genug. Da begriff ich in aller Klarheit unsere Situation. Gottesdienste und ein Picknick an Sonntagen konnten nie darüber
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