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Traumzeit

Traumzeit

Titel: Traumzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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sollte.
    Aber als sie den Hausbau wieder in Angriff nehmen wollten – nach Philip McNeals Plänen und unter Einbeziehung der Betonfundamente –, war der Fluß über die Ufer getreten, und der Bauplatz lag unter Wasser. Mehr als ein Jahr hatten sie daran gearbeitet, die Fundamente zu verstärken und den Boden vorzubereiten. Dann brach in Victoria eine Grippeepidemie aus. So viele Männer waren ans Bett gefesselt, daß alle Arbeiten im Distrikt, sei es nun die Ernte, das Scheren oder der Bau von Häusern, zum Erliegen kamen. Nicht lange danach führten falsche Gerüchte von großen Goldfunden in der Nähe von Horsham dazu, daß die meisten Männer der Gegend davonliefen und auf den Farmen nur die allertreuesten Arbeiter zurückblieben. Inzwischen waren wieder Bauarbeiter zu haben, und Hugh hatte das Geld. Aber es war ein anderes Problem aufgetaucht. Hugh fand keinen Architekten, der nach McNeals Plänen arbeiten wollte. Keiner schien mit dem Bauplatz einverstanden zu sein. Alle rieten, die heiligen Felsen der Aborigines nicht weiter zu beachten und das Haus dort zu bauen. Darüber verhandelte Hugh gerade auch mit Mr. Hackett, als Joanna sie sah.
    Joanna wartete, bis Mr. Hackett – ärgerlich, wie ihr auffiel – davonging. Dann lief sie zu Hugh und legte ihm den Arm um die Hüfte. Er sah sie an und fragte: »Wie geht es Fanny Drummond?«
    »Sehr viel schlechter als mir«, erwiderte sie, und er zog sie lächelnd an sich. Bei Joannas Anblick mußte Hugh immer an einen Satz aus der Bibel denken: ›Ich werde ihm Frieden bringen wie ein Fluß …‹ Ja, so ist Joanna, dachte er, ruhig und erholsam.
    Es wehte ein heißer Wind. Das war für März ungewöhnlich. Der Regen wollte und wollte nicht kommen, und die Sommerhitze nahm kein Ende. Hugh spürte die Trockenheit und den Staub in der Luft. Keine Wolke war am Himmel zu sehen. Der See war flach geworden und der Fluß nur noch ein Rinnsal. In all den vielen Jahren auf Merinda hatte er noch nie eine so lange Trockenheit erlebt.
    Er bückte sich und hob eine Handvoll Erde auf. Sie fühlte sich staubig und tot an. Er mußte an die von der Sonne verbrannten Weiden denken und an die Schafe, die Nahrung und Wasser suchten. Der wolkenlose Himmel versprach noch immer keinen Regen, und das konnte bedeuten, daß Hugh bald die ersten Tiere verlieren würde …
    Er rieb sich den Staub aus den Augen und mußte an den verdammten Colin MacGregor denken.
    Auf der letzten Sitzung des Schafzüchterverbandes hatte er sich mit ihm gestritten. Hugh hatte eine Rede gegen die unverantwortliche Zerstörung der Landschaft gehalten. MacGregor ließ die Bäume fällen, die auf seiner Seite am Flußufer standen, und verkaufte das Holz zu einem guten Preis. Inzwischen hatte er allerdings so viele Bäume gefällt, daß kein Windschutz mehr vorhanden war. Wenn Hugh Neuanpflanzungen versuchte, trug der heiße Wind den Mutterboden davon, und die jungen Pflanzen hatten keine Chance.
    Als er vor beinahe zwanzig Jahren nach Victoria gekommen war, hatte dort am Fluß ein Wald gestanden. Jetzt sah er nur noch Baumstümpfe. Die Landschaft veränderte sich. Überall im Distrikt hatte es früher mehr Bäume und weniger Zäune gegeben. Inzwischen nahm auch der Wildbestand merklich ab. In letzter Zeit hatte er kein einziges Känguruh mehr gesehen. Die Menschen vertrieben die Tiere, und die Schafe nahmen ihnen den Lebensraum. Am schlimmsten wirkten sich die großen Jagden aus, die bei den Reichen im Distrikt nach wie vor sehr beliebt waren.
    Das Land wird überweidet und zu einseitig bewirtschaftet, dachte Hugh. Die Natur muß im Gleichgewicht bleiben. Die Aborigines wußten das. Wenn sie eine Wasserstelle fanden mit vielen Fischen und reichlich Wild, dann blieben sie nur eine Weile dort und zogen weiter, ehe der Reichtum der Natur erschöpft war. Sie kamen erst zurück, wenn sie sicher sein konnten, daß Fische und Wild wieder in Fülle vorhanden waren. Sie ließen der Natur Zeit, sich zu regenerieren. Aber die Weißen tun das nicht.
    »Du bist so schweigsam«, sagte Joanna. »Wie ist es dir mit Mr. Hackett ergangen?«
    »Ich habe ihn gerade entlassen. Er wollte unbedingt bei den Felsen bauen. Ich wußte, es hat keinen Zweck, mit ihm zu arbeiten.«
    Joanna betrachtete die von Moos und Flechten bewachsenen Felsen am See, in dessen Wasser sich die Sonnenstrahlen brachen. In den sechseinhalb Jahren hatten sie von Philip McNeal nur einmal etwas gehört. Vor vier Jahren hatte er ihnen den Tod seiner Mutter

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