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Traumzeit

Traumzeit

Titel: Traumzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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er dachte: Doch, es lohnt sich! Außerdem war es seine Pflicht. Jeder Mann hatte die Pflicht, einen Sohn zu zeugen, dem er sein Erbe übergeben konnte.
    Aber die Suche nach der richtigen Frau erwies sich als keine leichte Aufgabe. Frank fand seine Erwartungen nicht übertrieben und zu hochgeschraubt. Er wollte nur eine Frau, die elegant, nett und angenehm war, die ein großes Haus führen und die Dienstboten beaufsichtigen konnte, ohne bei jedem kleinen Problem zu ihrem Mann zu laufen. Aber bis jetzt fand er immer etwas an den jungen Frauen auszusetzen, die man ihm vorführte. So dachte er beim Essen etwa stirnrunzelnd: Sie redet zuviel, sie ist zu klein, sie ist zu belesen. Ivy ist viel netter. Frank mußte sich eingestehen, daß er zwar nicht genau wußte, was er suchte, aber er hatte klare Vorstellungen davon, was er nicht wollte. Und nur junge Damen dieser Kategorie waren ihm bisher in den Häusern von Melbourne begegnet.
    Trotzdem mangelte es nicht an Kandidatinnen. Die Abend- und Wochenendeinladungen nahmen kein Ende. Man schmeichelte ihm damit unerheblich und förderte den Stolz auf seine Männlichkeit und natürlich auch die Eitelkeit. Frank gestand sich ein, daß er es durchaus genoß, wenn man so großes Aufheben um ihn machte und wenig gegen die mehr als höfliche Aufmerksamkeit einzuwenden hatte, die sein Erscheinen überall auslöste.
    Aber Frank gab sich nicht der Illusion hin, daß das romantische Interesse, das ihm die vielen unverheirateten jungen Frauen in Melbourne entgegenbrachten, auf eine heftige Leidenschaft für ihn zurückzuführen sei. Er war dreiundvierzig und sah auch so aus. Er wirkte gesetzter und behäbiger denn je. Es ließ sich nicht leugnen, sein Bauch wurde größer, und seine Haare wurden weniger. Frank wußte also, worauf es diese Damen abgesehen hatten – auf Geld und Macht. Jede mit etwas Verstand im Kopf hatte es darauf abgesehen. Und Frank Downs besaß beides.
    Während er zwischen zahllosen anderen Melbournern, die sich von der Augustkälte offenbar nicht schrecken ließen, durch die Collins Street ging, besserte sich seine Stimmung. Trotz des drohenden Regens aus den dicken schwarzen Wolken war der Eigentümer der Melbourne
Times
guter Laune. In der Zeitung und auf Lismore lief alles gut. Die Auflage der
Times
stieg, und mit der erfreulich erfolgreichen Lanolinproduktion und der Wolle hatte Lismore in diesem Jahr den bislang größten Gewinn erzielt. Und er hatte Ivy.
    Frank wußte, das war auch der Grund, weshalb in seinen Augen anderen Frauen etwas zu fehlen schien. Ivy war eine ideale Frau – liebevoll und treu. Sie war immer für ihn da. Mit ihr konnte er gute Gespräche führen und über alles, was in der Welt vorging, reden. Sie war bereit, mit ihm zu lachen, und gelegentlich schimpfte sie auch mit ihm. Er liebte Ivy wegen ihres Hangs zur Unabhängigkeit und wegen der Direktheit, mit der sie sagte, was sie dachte. Sie hatte Spaß an Sex und wies Frank nur selten ab. Und noch etwas sprach für sie – blieb aber ein unausgesprochenes Geheimnis: Ivy wurde nicht schwanger.
    Frank wartete am Bordstein darauf, die Straße überqueren zu können, als die Schlagzeile von
Argus,
dem Konkurrenzblatt, seine Aufmerksamkeit auf sich zog. ›Ein Weißer bei den Aborigines.‹
    Frank kaufte eine Zeitung und überflog rasch den Artikel. Forschungsreisende hatten in der Großen Wüste im Westen des Kontinents einen Felsen entdeckt, in den die Buchstaben S. W. und das Datum 14 . Jan. 1848 eingemeißelt waren. Weiter hieß es, sei bekannt, daß ein Mann namens Sam Wainwright zusammen mit vier anderen 1848 in die Große Wüste vorgedrungen war, um einen Landweg von Perth nach Sydney zu finden. Man hatte nie mehr etwas von ihnen gehört. Der Felsen mit der aufregenden Inschrift befand sich in unmittelbarer Nähe eines Lagers der Aborigines, und die Schwarzen hatten den Forschern von einem Weißen erzählt, der fünfzehn Jahre lang bis zu seinem Tod bei ihnen gelebt hatte.
    Üblicherweise druckte die
Times
solche guten Geschichten, und Frank gefiel die Vorstellung nicht,
Argus
könne ihm voraus sein. Er nahm sich vor, Eric Graham, seinen besten Reporter, auf die Sache anzusetzen, um zu sehen, ob man an weitere Informationen herankam.
    Während Frank über die Straße eilte und dabei mißmutig Kutschen und Pferdebahnen auswich, dachte er an Joanna Westbrook und an ihre Reise in das Missionsdorf Karra Karra in Neusüdwales, die sie vor kurzem unternommen hatte. Der Leiter der

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