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Traumzeit

Traumzeit

Titel: Traumzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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starrte sie ungläubig an. »Aber wie kannst du das finanzieren, Ivy?«
    Sie erzählte ihm von Al Gernsheim und der Arbeit, die sie in seinem Atelier aufgenommen hatte. Ihre geschickt kolorierten Fotografien wurden immer beliebter und deshalb für Gernsheim und für sie selbst lukrativ. Ivy rechnete damit, daß sie in Kürze so beschäftigt sein würde, daß sie Aufträge ablehnen mußte.
    Als sie schwieg, starrte Frank sie immer noch an, als habe er kein Wort von dem verstanden. Deshalb verschwand Ivy in ihrem Atelier und kam mit einem gerahmten Bild zurück. Es war die Landschaftsaufnahme mit dem Eukalyptusbaum im Busch. Ivy behielt das Bild aus Sentimentalität, und nun zeigte sie es Frank zum ersten Mal. »Ich werde von dieser Arbeit leben können«, sagte sie. »Mr. Gernsheim prophezeit sogar, daß von I. Dearborn kolorierte Bilder bald sehr gefragt und hoch im Kurs sein werden.«
    »Warum, Ivy?« flüsterte Frank. »Warum bist du nicht zu mir gekommen? Du weißt, du hättest bei der
Times
immer Arbeit gehabt.«
    »Weil ich wußte, ich würde dich eines Tages verlieren. Und ich wußte, danach würde ich nicht mehr für dich arbeiten können.«
    »Aber du verlierst mich nicht. Das habe ich dir doch gesagt. Dadurch, daß ich heirate, ändert sich überhaupt nichts!«
    Ivy stiegen die Tränen in die Augen. »Frank, es ist so schrecklich. Ich habe die ganze Zeit gefürchtet, daß du mich einmal verläßt. Darauf war ich vorbereitet. Das konnte ich verstehen. Aber … zu sagen, daß du mich weiterhin haben willst, daß du aus unserer Liebe etwas Schmutziges und Unehrliches machen willst, das kann ich nicht ertragen.«
    Frank spürte, wie etwas Dunkles, Fremdes in ihm aufwallte. Da stand Ivy, seine geliebte Ivy mit diesem kolorierten Foto vor ihm, als wolle sie ihn verspotten. Sie sagte ihm, daß sie ihn nicht länger brauchte, weil sie sich hinter seinem Rücken eine Stellung gesucht hatte und für einen anderen Mann arbeitete! Er, Frank, hatte für sie gesorgt, und nun besaß sie die Unverschämtheit, jawohl die Unverschämtheit, ihm zu sagen, daß sie ihn nicht mehr brauchte. Das machte ihn so zornig, daß er im ersten Augenblick sprachlos war.
    Schließlich fand er Worte. »Das ist der Dank«, sagte er mit gepreßter Stimme, »nach allem, was ich für dich getan habe.«
    »Nach allem, was du für mich getan hast?« rief sie. »Wie viele Stunden habe ich hier gesessen, die Uhr angestarrt und gehofft, daß du kommen würdest, und bin schließlich doch allein und enttäuscht schlafen gegangen? Selbst an Tagen, an denen es mir nicht gut ging, sind mir deine Bequemlichkeit und dein Vergnügen immer das Wichtigste gewesen. Was ist denn mit allem, was ich für
dich
getan habe?«
    »Und was glaubst du wohl, was ich all die Jahre getan habe! Ich habe dir ein Leben im großen Stil ermöglicht! Dir hat es nie an etwas gefehlt, Ivy. Du hast an nichts Mangel gelitten! Wenn du einen Wunsch hattest, mußtest du mich nur bitten!«
    »Ich wollte nie einen Mann, der mich aushält!« schleuderte sie ihm entgegen. »Ich wollte nur einen Mann, der mich liebt und dem etwas an mir liegt.«
    »Mir hat mehr an dir gelegen als an irgend jemand sonst.«
    »Hast du dich jemals wirklich für meine Malerei interessiert, Frank? Hast du mich je nach meinen Träumen gefragt, nach meinen Sorgen, nach meinen Unsicherheiten? Es ging immer nur um dich, niemals um mich.«
    Er griff nach ihrem Arm und hob ihn an die Lampe. »Und wie bezeichnest du das? Ein Armband, das mich zweihundert Pfund gekostet hat! Wenn das nicht bedeutet, daß mir etwas an dir liegt, was dann?«
    Ivy holte tief Luft, sah ihn gequält an und sagte: »Das ist der Lohn für geleistete Dienste.«
    Schweigen breitete sich unheilvoll aus, ein Schweigen voller gefährlicher, schwarzer Untertöne. Frank ließ Ivys Handgelenk los, drehte sich um und nahm seinen Mantel. Er ging zur Tür und ließ sie mit einem lauten Knall hinter sich ins Schloß fallen.
    5
    Lohn für geleistete Dienste!
    Wie konnte sie es wagen!
    »Halten Sie hier an«, sagte Frank zum Kutscher. Der Wagen stand auf der Princes-Brücke, die sich über den schläfrigen, dunstverhangenen Yarra spannte. In seinem Rücken blinkten die Gaslaternen der nächtlichen Straßen von Melbourne. Vor ihm verschwand der Fluß hinter dichten Bäumen, und nur vereinzelt fiel Licht durch die Fenster abgeschiedener herrschaftlicher Häuser.
    Frank war so zornig, daß er kaum atmen konnte. Er blickte auf das schwarze Wasser hinunter und

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