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Traumzeit

Traumzeit

Titel: Traumzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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dann daraus schließen, daß Kalagandra in der anderen Richtung liegt?«
    »Das muß nicht so sein. Es könnte auch in Kalagandra regnen, und dann liegt die Wüste in der entgegengesetzten Richtung«, erwiderte er mit einem Blick über die Schulter.
    »Ich verstehe beim besten Willen nicht«, sagte Eric Graham, »wie die Aborigines hier in dieser Wildnis überleben können. Was machen die denn, wenn die Sonne tagelang nicht scheint? Sie haben doch keinen Kompaß.«
    »Sie orientieren sich an Traumpfaden, Mr. Graham«, sagte Joanna. »Es sind keine Wege in unserem Sinn, sondern unsichtbare Pfade, die sich durch den ganzen Kontinent ziehen. Die Aborigines folgen ihnen wie wir einer Landstraße.«
    »Aber woher wissen sie, wo sie sich befinden, wenn diese Pfade unsichtbar sind?«
    »Sie kennen Orientierungspunkte in der Landschaft«, erklärte Kapitän Fielding. »Sie sehen etwa diesen Baum dort drüben und wissen, daß sie an dieser Stelle, sagen wir, nach rechts abbiegen müssen. Oder eine Felsformation verrät ihnen, daß sie sich einer Wasserstelle nähern. Es würde mich zum Beispiel nicht wundern, wenn wir hier mitten auf einer ihrer großen ›Straßen‹ sitzen, ohne es zu ahnen!«
    Graham sah sich ungläubig in der Dunkelheit um. »Sie behaupten also, wenn wir einen dieser unsichtbaren Wege erkennen könnten, würden wir den Rückweg zur Stadt finden?«
    »Wenn wir dem richtigen Traumpfad folgen könnten«, sagte Joanna, »dann würden wir geradewegs nach Karra Karra kommen, anstatt ziellos hier in der Wildnis herumzuziehen und darauf zu hoffen, daß wir zufällig einen Anhaltspunkt finden.« Sie erinnerte sich daran, wie Sarah ihr einmal den Traumpfad der Känguruh-Ahne gezeigt hatte, der durch Merinda führte, und Joanna fragte sich, ob sie es hier auf dieselbe Weise versuchen sollte. Sarah hatte auf einen Felsen geblickt, auf eine Baumgruppe und in ihnen Wegweiser gesehen.
    Sammay übernahm nach dem Essen das Abwaschen der Teller. Die anderen setzten sich um das Lagerfeuer und tranken Tee. Er wurde in einem Teekessel gekocht, Joanna hatte Teetassen, Untertassen, Teelöffel und eine Zuckerdose mitgenommen. Eric Graham holte sein Notizbuch hervor und begann wie jeden Abend zu schreiben. Kapitän Fielding stopfte seine Pfeife. Lisa vertiefte sich in ihre Lektüre.
    Joanna betrachtete die Gesichter ihrer Gefährten. Eric Graham, fand sie, hielt sich erstaunlich gut, obwohl ihm die Insekten zusetzten. Sie hatte bereits mehrmals die Stiche behandelt, von denen die anderen erstaunlicherweise verschont geblieben waren. Auch Lisa hatte zwar keine größeren Probleme, aber immerhin hatte Joanna auch sie schon zweimal behandeln müssen. Die größten Sorgen machte sie sich aber um Kapitän Fielding. Nach Joannas Ansicht hätte er sich in seinem Alter den Strapazen dieser Expedition nicht aussetzen dürfen. Er beklagte sich nicht, aber sie sah deutlich, wie erschöpft und blaß er jeden Abend war.
    Allmählich kamen Joanna Zweifel an der Klugheit ihrer Entscheidung, die Warnungen von Kommissar Fox nicht zu beachten und sich in die Wüste zu wagen. »Warten Sie auf Ihren Mann, Mrs. Westbrook«, hatte Fox zu ihr gesagt. »Nehmen Sie mehr Männer und mehr Proviant mit.« Aber Joanna litt unter der Vorstellung, daß die kostbare Zeit nutzlos verging. Schwester Veronika hatte ihr versichert, daß Emily Makepeace aus dieser Richtung gekommen war. Das konnte nur bedeuten, Karra Karra lag irgendwo in der Nähe. Möglicherweise lebten auch Nachkommen von Djoogals Sippe in der Gegend. Es hatte ohnehin schon zwei Wochen gedauert, die kleine Expedition auszurüsten, denn die Kamele mußten von Albany nach Kalagandra gebracht werden. Es war auch nicht leicht gewesen, einen zuverlässigen Führer unter den Aborigines zu finden. Und dann wollte Joanna nicht länger warten. Sie hatte bereits einen so weiten Weg hinter sich. Soviel Zeit war vergangen, und sie schien ihrem Ziel so nahe zu sein.
    Als Kapitän Fielding seine Pfeife angezündet hatte und der würzige Rauch die Luft erfüllte, sagte er: »Habe ich euch schon erzählt, wie ich damals …« Er begann wieder einmal eine Geschichte von seinen Reisen in ferne Länder, in denen immer exotische Frauen, mutige Seeleute und Ungeheuer vorkamen. Die anderen hörten höflich, aber ohne großes Interesse zu, denn Fielding erzählte ihnen solche Geschichten seit der Abfahrt von Merinda, und inzwischen begann er, sich zu wiederholen. Aber es war besser, ihm zuzuhören als der stummen

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