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Traumzeit

Traumzeit

Titel: Traumzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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vielleicht in ihren beängstigenden Träumen …«
    »Vielleicht hat sie die Gabe des Heilens von den Schwarzen geerbt. Als die Weißen in dieses Land kamen, waren die Aborigines sehr gesunde Menschen. Sie verstanden es, jedes Leiden zu kurieren. Miss Drury, Sie haben mir erzählt, daß Ihre Mutter Eukalyptusöl als Medikament verwendet hat. Es ist noch nicht lange her, da gab es Eukalyptusbäume nur in Australien.«
    Adam kam zu Joanna zurück, und Hugh sprach ihn an: »Also, um ehrlich zu sein, Adam, du siehst aus, als würde es dir nicht besonders gutgehen. Was ist los mit dir, mein Sohn? Tut dir der Kopf weh?«
    Joanna legte dem Jungen die Hand auf die Stirn und stellte fest, daß sie sehr heiß war. »Hast du Kopfschmerzen, Adam?« fragte sie, und als er nickte, sagte Joanna: »Ich werde dir etwas geben, dann geht es dir besser.« Sie griff in die Tasche und holte ein kleines Elfenbeinkästchen heraus. Als sie es öffnete, sah Hugh eine Reihe Fläschchen. Joanna nahm eins heraus und gab für Adam ein paar Tropfen in den restlichen Tee. »Was ist das?« fragte Hugh.
    »Es ist Auszug von Weidenrinde. Es lindert den Schmerz und senkt das Fieber. Er hat den Kopf zu heftig auf den Boden geschlagen. Komm Adam, trink das, und dann ab ins Bett mit dir.«
    Als Adam im Wagen lag und schlief, fragte Joanna: »Ob er wohl schon immer Schwierigkeiten mit dem Sprechen hatte?«
    »Das glaube ich nicht. Mary schrieb, Adam sei ein fröhliches, gesundes Kind. Die Behörden in Südaustralien teilten mir mit, er sei stumm gewesen, als man ihn fand, und niemand konnte ihn zum Sprechen bewegen.«
    »Wir müssen erreichen, daß er über das spricht, was geschehen ist. Aber man darf ihn nicht dazu zwingen. Das dauert seine Zeit. Könnten wir vielleicht an die Behörden schreiben, um mehr Einzelheiten zu erfahren? Wenn sie uns berichten können, was geschehen ist, werden wir möglicherweise Wege finden, dem Jungen zu helfen.«
    »Ich werde einen Brief schreiben, sobald wir auf Merinda sind.«
    »Es ist sehr gut, daß Sie Adam zu sich nehmen, Mr. Westbrook. Ich glaube, er braucht mehr als andere Kinder das Gefühl, ein Zuhause zu haben.«
    »Als sein Vater starb, habe ich Mary angeboten, sie könne mit dem Baby nach Merinda kommen. Aber sie schrieb, die Farm sei Joes Traum gewesen, und sie wolle sie deshalb nicht aufgeben. Ich habe ihr Geld geschickt, aber vielleicht hätte ich mehr tun müssen.«
    »Jetzt helfen Sie ihr. Sie sorgen sich um ihren Sohn, und ich bin sicher, das wird sie irgendwie spüren.«
    »Vielleicht. Die Schwarzen glauben, daß die Toten immer bei uns sind. Die Toten kehren zu den Träumen zurück, aber sie sind trotzdem noch bei uns.«
    »Zu den Träumen?«
    Hugh nahm einen Stock und stocherte damit in der Glut. »Für diese Vorstellungen haben die Weißen wenig Verständnis. Ich muß gestehen, ich auch nicht. Sie gehören zu ihrer Art Religion, und weil es ein Tabu ist, heiliges Wissen zu offenbaren, und jeder mit dem Tod bestraft wird, der es bricht, wissen wir nur aus unzuverlässigen Quellen etwas darüber.«
    Joanna sah ihn an. Sie dachte an die Erinnerungsträume ihrer Mutter, die sie im Tagebuch beschrieb. »Ich habe geträumt, ich warte vor einer Höhle. Ich bin noch klein. Jemand hält mich im Arm. Ich sehe, wie Frauen aus dem dunkelroten Eingang der Höhle kommen. Sie sind schwarz. Sie tragen Gegenstände, und sie singen. Eine Weiße erscheint, und ich weiß, es ist meine Mutter. Sie ist nackt. Im Vergleich zu den anderen Frauen ist ihre Haut so unglaublich weiß. Ich rufe nach ihr, aber sie sieht mich nicht. Ihr Gesicht wirkt so seltsam, und plötzlich habe ich große Angst.«
    War das ein Traum gewesen oder nur eine vergessene Erinnerung oder beides? Joanna wußte darauf keine Antwort. Warum hatte ihre Mutter das alles niedergeschrieben?
    Hugh fuhr fort: »Soweit ich weiß, ist für die Ureinwohner das Träumen oder die Traumzeit jene ferne Vergangenheit, in der die ersten Menschen auf der Welt lebten und alles durch ihren Gesang erschufen. Ihre Spiritualität ist sehr erdverbunden. Wir kommen von der Erde, die Erde ernährt uns, und wenn wir sterben, kehren wir zur Erde zurück. Wenn wir der Erde schaden, dann schaden wir uns selbst. Deshalb haben die Aborigines nie Landwirtschaft betrieben, Bodenschätze abgebaut oder ihre Umgebung in irgendeiner Weise verändert. Sie waren nicht nur Teil der Natur, sie
waren
Natur.«
    »Mr. Westbrook«, sagte Joanna, »
haben
die Aborigines die Macht, einen Menschen

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