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Traumzeit

Traumzeit

Titel: Traumzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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der Burg Kilmarnock in Schottland, ein wuchtiger Bau mit Türmchen, Zinnen und schmalen vergitterten Fenstern. Es fehlte nur die Zugbrücke, obwohl ein breiter Ring aus Blumenrabatten um das Haus den Anschein eines Burggrabens erweckte. Kilmarnock stand inmitten riesiger Rasenflächen, und hohe Eukalyptusbäume schützten es vor dem Wind aus der Ebene. Dem Besucher, der zum ersten Mal hierherkam, bot es einen düsteren Anblick. Aber so unheimlich es auch wirkte, Kilmarnock war ein majestätisches Herrenhaus. Im Innern setzte sich der Stil der Alten Welt fort, dunkle Holztäfelungen, wuchtige gotische Möbel und alte Ritterrüstungen, die stumm Wache hielten. Dadurch sollte der Eindruck von Feudalismus und Adel entstehen, und jeder, der durch das wuchtige Portal von Kilmarnock und in die dunkel getäfelte Eingangshalle trat, in der gekreuzte Schwerter und mittelalterliche Tapisserien die Wände schmückten, sah unweigerlich in Colin MacGregor den schottischen Laird auf der Burg seiner Vorfahren.
    Den Raum, den Judd MacGregor fürchtete, betrat man durch einen Steinbogen und eine massive Holztür. Judd zweifelte nicht daran, daß dort Geister hausten. Wann immer er in diesen Raum mußte, vermied er, die wächsernen Gesichter zu betrachten, die ihn von den Wänden herab anstarrten. Strenge Männer und Frauen mit abweisender Miene waren dort in vergoldete Rahmen gebannt. Diese Menschen waren schon lange tot und blickten doch mit eifersüchtigen Augen auf die Lebenden. Es gab in diesem Raum aber auch Gespenster, die man nicht sehen konnte. Ihr verwunschener Geist umlagerte die Dinge, die in einer Glasvitrine standen: eine silberne Schnupftabaksdose, eine Brille und das Horn eines Stiers. Judd kannte die Geschichten, die sich mit diesen Gegenständen verbanden.
    Das Silberdöschen hatte einmal der vierzehnjährigen Mary MacGregor gehört. Sie war enthauptet worden, weil sie Bonnie Prinz Charlie in Kilmarnock versteckt hielt. Zum Dank hatte sie eine Locke von seinen Haaren erhalten, die sie in der Dose aufbewahrte. Die Brille hatte einmal Angus MacGregor getragen. Es war der Bootsmann, der Bonnie Prinz Charlie in Sicherheit brachte. Später wurde er für diese Tat gehängt. Und dann gab es noch die Geschichte von Duncan, dem vierten Herrn auf Kilmarnock. Er hatte im vierzehnten Jahrhundert gelebt und war eines Tages von einem wilden Stier angegriffen worden. Duncan trug nur einen Dolch bei sich. Er tötete den Stier und behielt ein Horn als Siegestrophäe.
    In diesem Raum gab es aber noch seltsamere Dinge. Sie stammten nicht aus Schottland, sondern aus Australien. Es waren seltsame Waffen und magische Gegenstände. Judd wußte, sie hatten einst den Ureinwohnern gehört. Sie besaßen große Macht. Er wußte das, denn der alte Ezekial, der schwarze Fährtensucher, hatte es ihm erzählt. Ezekial erklärte, daß die Geister der getöteten Tiere im Holz des Speeres, im Bumerang und in der Opossumfell-Trommel weiterlebten. Aber am mächtigsten war die
Tjuringa.
Ezekial hatte gesagt, in ihr sei die Seele eines Menschen gebannt. Judd fürchtete die
Tjuringa
und vermied es, in ihre Nähe zu kommen, damit die Seele sich nicht auf ihn stürzen konnte. Sein Vater war stolz auf diese Dinge. Er empfing seine Gäste immer in diesem Raum, den er als Arbeitszimmer benutzte, und prahlte mit seiner Sammlung.
    An diesem Nachmittag im Oktober stand Judd beklommen dort und versuchte, seinem Vater zuzuhören, der auf ihn einredete.
    Colin erzählte seinem Sohn von den Heldentaten eines MacGregor in der Schlacht von Culloden: »Und dieser Robert MacGregor war waffenlos von Feinden umzingelt. Er packte die Deichsel eines Wagens und erschlug damit acht der Soldaten von Cumberland, ehe man ihn überwältigte und tötete. Eines Tages wirst du an dieser Stelle stehen, mein Sohn. Ich werde dir auch den Platz zeigen, wo Duncan, der vierte Herr auf Kilmarnock, einen wilden Stier tötete und ihm ein Horn als Siegestrophäe aus dem Kopf schnitt. Dieses Horn, Judd«, sagte Colin. Er nahm es aus der Vitrine und zeigte es voll Stolz dem kleinen Jungen. Viele Jahrhunderte hindurch mußten die jungen MacGregors ihre Männlichkeit unter Beweis stellen, indem sie das mit Rotwein gefüllte Horn in einem Zug leerten. Das Wappen der MacGregors trug einen Stierkopf und das Motto: »Sei standhaft.«
    Aber Judd wollte eigentlich gar nicht nach Schottland. Den Erzählungen seines Vaters nach zu urteilen, war es ein Land der Nebel und der Ungeheuer, die in den Lochs

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