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Traumzeit

Traumzeit

Titel: Traumzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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um die Wolle kreiste. Nach der Schur Anfang Dezember ruhte ein Schafzüchter nicht eher, bis die schweren Ballen von den Wollhändlern in Melbourne gekauft und an die Spinnereien in Lancashire unterwegs waren. Damit war er wieder ein Jahr reicher. Aber als Joanna sah, wie die Vliese im Wasser zerfielen, wußte sie, daß Hugh allen Grund hatte, niedergeschlagen zu sein.
    Dann zog etwas ihre Aufmerksamkeit auf sich. Sie sah, daß sich am Ufer gelblicher Schaum sammelte. Sie ging zum Wasser hinunter, kniete nieder und nahm die fettige Masse in die Hände. »Mr. Westbrook«, fragte sie, »was ist das?«
    »Wir waschen es aus der Wolle – Fett, Fettschweiß, Schmutz …«
    »Und auch Lanolin?«
    »Ja, auch Lanolin.«
    »Die Heiler in Indien schätzen Lanolin sehr«, sagte sie und verrieb die Masse zwischen den Fingerspitzen. »Sie sagen, es wird von der Haut schneller aufgenommen als Salben und Öle und ist deshalb für Heilmittel, die nicht geschluckt werden können, ein idealer Trägerstoff. Meine Mutter hat viele Rezepte mit Lanolin gemacht. Leider war es sehr teuer. Wir mußten es aus England importieren. Und hier schwimmt es einfach so am Ufer herum. Darf ich mir etwas mitnehmen?«
    »Soviel Sie wollen! Ich kann nichts damit anfangen.« Er hob einen Wasserkessel auf, der am Ufer lag. »Hier. Sie können ihn damit füllen.«
    »Möchtest du das tun, Adam?«
    Der Junge nahm sofort den Kessel und lief damit zu Joanna ans Ufer.
    »Paß auf, ich werde dir zeigen, wie man es macht! Du mußt den Schaum vorsichtig von der Wasseroberfläche abschöpfen – ja so, ganz langsam …«
    Joanna nickte Adam aufmunternd zu, der sich geschickt an die Arbeit machte. Sie mußte lachen. »Wenn ich daran denke, wie sparsam meine Mutter mit ihrem Lanolin umgegangen ist! Können Sie sich vorstellen, Mr. Westbrook, daß wir für einen Topf Lanolin, der ein Viertel von der Menge in diesem Kessel enthielt, ein Pfund bezahlt haben? Und hier kostet es nichts!«
    »Da!« sagte Adam und gab ihr den vollen Kessel.
    »Ich werde es reinigen«, sagte Joanna, »und das Lanolin vom Fett trennen. Dann habe ich ein kleines Vermögen gespart!« Sie sah kopfschüttelnd auf den fetten Schaum, der im Wasser davontrieb, und sagte nachdenklich: »Was für eine Verschwendung, das alles dem Fluß zu überlassen.«
    »Ich benutze diese Maschine zum ersten Mal«, sagte Hugh. »Bisher haben wir die Wolle immer ungewaschen nach England geschickt. Ich hätte nicht geahnt, daß man die Rückstände auch verwerten kann.«
    Joanna blickte wieder auf den Fluß. »Wissen Sie, daß Mr. Thompson, der Drogist in Cameron Town, zehn Schilling für eine Unze Lanolin verlangt?«
    Hugh gab keine Antwort, sondern starrte nur gedankenverloren auf den wächsernen Schaum, den das Wasser vom Uferrand in die Flußmitte zog, wo er um die Biegung verschwand.
    3
    Es war ein heißer und ruhiger Nachmittag. Adam schlief im Rindenhaus; Joanna saß auf der Veranda und las die Briefe, die Wachtmeister Johnson gebracht hatte, während Bill Lovell einen kleinen Käfig für den verwaisten Koalabären baute.
    Der Brief von der Behörde in Queensland enthielt nicht die erwarteten Karten oder Informationen, sondern nur eine kurze Notiz: »Bitte schicken Sie sechs Pennys für die topographischen Unterlagen und zwei Pennys für die Überprüfung der Akten nach Angaben über das Ehepaar Makepeace.«
    Der zweite Brief von der Cambridge University klang jedoch vielversprechender. Patrick Lathrop, so schrieb man ihr, hatte das Christ’s College von 1826 bis 1830 besucht. »Die Universität hat zum letzten Mal etwas von ihm gehört«, fügte man hinzu, »als Mr. Lathrop 1851 nach Kalifornien reiste. Als Adresse gab er damals das Regent Hotel in San Francisco an.«
    Joanna runzelte die Stirn. Das lag zwanzig Jahre zurück. Aber es war ein Anhaltspunkt, den sie aufgreifen konnte. Wenn dieser Mr. Lathrop wirklich ein guter Freund ihres Großvaters gewesen war, dann wußte er vielleicht, wo in Australien John Makepeace als Missionar gewirkt hatte.
    Außerdem war in der Post auch das Päckchen von der Buchhandlung in Cameron Town gewesen, das sie öffnen sollte. Als sie das braune Packpapier und die Verschnürung entfernte, fand sie ein Buch mit dem Titel:
Kodes, Geheimschriften, Rätsel.
Verblüfft blätterte sie durch die Seiten mit Kodierungen und Alphabeten. Hugh hatte es offenbar für sie bestellt. Es sollte ihr helfen, die Aufzeichnungen ihres Großvaters zu entziffern. »Wir haben ein

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