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Traumzeit

Traumzeit

Titel: Traumzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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ihm, und er antwortete: »Das klingt nach einem Zauber der Aborigines. Und nach dem, was sie singt, hat sie wahrscheinlich diese Dinge hingelegt.«
    »Aber was bedeuten sie? Und was für ein Zauber mag das sein?«
    »Ich weiß es nicht. Vermutlich hat Sarah das von den alten Frauen im Missionsdorf gelernt. Sarah ist ein Mischling. Sie ist nicht in der Sippe aufgewachsen. Man hat uns gesagt, ihre Mutter war eine Eingeborene, aber ihr Vater war ein Weißer. Offenbar hat sie jedoch etwas von den alten Frauen im Missionsdorf gelernt, bevor Reverend Simms es verhindern konnte.«
    »Haben Sie eine Vorstellung, was sie gelernt haben mag?«
    »Ich habe als Junge im Busch gelebt – das ist schon so viele Jahre her, daß ich kaum noch weiß, wann es war. Damals haben die Aborigines noch so gelebt wie vor hundert Jahren, als es in Australien keine Weißen gab. Ich weiß noch, wie sie sich zu ihren
Corroborees,
zu ihren Tänzen, um ein Lagerfeuer versammelten und ihre magischen Lieder sangen. Damals hatten sie noch ihre Traumpfade. Sie glaubten an die Traumzeit. Es gab keinen Diebstahl oder Vorstellungen von Eigentum und Besitz. Niemandem gehörte etwas persönlich, alle waren Teil des Landes. Man teilte alles. Wenn eine Familie etwas erbeutete, wenn die Männer zum Beispiel ein großes Känguruh erlegten, dann hatten alle in der Sippe gut zu essen. Sie achteten darauf, daß die Natur sich erholen konnte. Sie schöpften nie ein Wasserloch aus oder jagten in einem Gebiet so lange, bis dort kein Wild mehr lebte. Wenn sie ein Tier töteten, dann baten sie zuvor das Tier um Vergebung. Und«, fügte Bill hinzu, »sie besaßen das Wissen um mächtige Zauberkräfte. Ich nehme an, das haben sie Sarah beigebracht.«
    Joanna dachte an ihre Mutter, die hier als Kind gewesen war, und an die Aborigines, mit denen sie möglicherweise zusammengelebt hatte. Und an ihr Gift, an ihre Magie, die ihre Mutter vielleicht getötet hatte.
    Wieder spürte Joanna die vertraute, unbestimmte Vorahnung in sich aufsteigen.
    »Bill, ist das Lied, das sie singt, weiße oder … schwarze Magie?«
    »Was für Gegenstände haben Sie gefunden? Lassen Sie mich nachdenken – Kakadufedern … besonders die rosa oder gelben benutzen sie im allgemeinen als Schutz vor schwarzer Magie.«
    »Eine Art Schutz-Zauber, meinen Sie?«
    Achselzuckend sagte er: »Ich könnte mir denken, das Mädchen versucht, etwas vor etwas zu schützen.«
    Joanna blickte wieder zu Sarah und erinnerte sich an eine Stelle im Tagebuch ihrer Mutter. »Ich hatte wieder einen Traum über die Vergangenheit«, schrieb Lady Emily. »Zumindest glaube ich, es könnte die Vergangenheit sein. Ich bin ein kleines Kind und ich bin bei einer dunkelhäutigen Frau – diese Frau erscheint auch in meinen anderen Träumen. Ich glaube, sie könnte Reena heißen. Wir verbergen uns hinter Felsen – wir haben Angst. Ich sehe, wie sie mit ihren braunen Händen etwas mit Federn macht, und sie singt leise.«
    Joanna fror plötzlich trotz der Hitze.
    »Bill«, sagte sie, »wollen Sie damit andeuten, daß Sarah glaubt, wir brauchen eine Art Schutz?«
    Er blickte stumm auf den Eukalyptuszweig, den er dem Koalabären zum Fressen hinhielt. Er wollte Joanna nicht beunruhigen, indem er ihr sagte, daß der alte Ezekial sie aus einem unerklärlichen Grund ablehnte und Hugh gesagt hatte, ihre Anwesenheit sei schlecht für Merinda. Hugh beachtete die Warnungen des alten Mannes nicht, und deshalb sagte Ezekial den Aborigines unter den Farmarbeitern inzwischen, Merinda bringe ihnen Unglück. Bill wußte nicht, was Ezekial gegen Miss Drury einzuwenden hatte, aber er wußte, daß der alte Mann großen Einfluß auf die sehr abergläubischen Arbeiter hatte – jedenfalls genug, um ihnen soviel Angst zu machen, daß sie davonliefen. Und Hugh konnte es sich nicht leisten, die Männer zu verlieren. Es waren seine besten Leute, und er brauchte sie.
    Sarah hörte plötzlich zu singen auf und kam zu Joannas Erstaunen über den Hof. Sie blieb am Fuß der Verandastufen stehen. Adam erschien in diesem Augenblick in der Tür, und als er sie sah, lief er zu ihr hinunter. Er wollte etwas sagen, aber brachte nur ein ›Hmmm‹ hervor. Sie sah ihn neugierig an, dann legte sie ihm die Hand auf den Kopf.
»Wandhitnup«
, sagte sie.
    Joanna sprang auf und rief: »Was soll das?«
    Aber Bill beruhigte sie: »Keine Angst, Miss Drury. Sarah tut dem Jungen nichts. Sie zeigen einem Kind ihre Zuneigung, indem sie ihm die Hand auf den Kopf legen.«
    Zu

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