Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Traumzeit

Traumzeit

Titel: Traumzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
Vom Netzwerk:
miterlebt.«
    »Wirklich?« sagte Joanna.
    »Ich habe es auch gesehen!« rief Adam.
    Bill kratzte sich den Kopf und sagte: »Ich glaube, ich kenne niemanden, der das gesehen hat, und ich kenne ein paar Männer, die schon die seltsamsten Dinge erlebt haben.«
    Hugh runzelte die Stirn und zog den Sattelgurt fest. »Das dürfen Sie nie wieder tun, Miss Drury. Wenn ein Känguruh sich bedroht fühlt, greift es an. Mütter mit einem
Joey
sind besonders gefährlich. Ihre Hinterbeine können tödlich sein.«
    Er sah sie an. Sie war ohne Hut aus dem Haus gekommen. Er lächelte und sagte: »Versprechen Sie mir, etwas vorsichtiger zu sein.«
    Sie nickte, trat zurück und sah ihm nach, als er davonritt.
    Bill Lovell nahm seinen Hut ab und wischte ihn in einem Taschentuch trocken. Dann setzte er ihn wieder auf und sagte: »Also, ich muß jetzt in den Stall. Ich habe eine Stute, die fohlt. Wenn Sie mich brauchen …«
    »Fohlen!« rief Adam. »Darf ich mit?«
    »Ich weiß nicht …«, sagte Joanna.
    »Schon gut, Miss Drury, lassen Sie ihn nur mitkommen und zusehen. Also los, Adam. Möchten Sie auch mitkommen, Miss?«
    »Ja, natürlich. Ich hole nur schnell meinen Hut.«
    Im Rindenhaus holte Joanna tief Luft. Sie dachte an Hughs Blick, als sie ihm von dem Känguruh erzählt hatte … Ein Schatten verdunkelte plötzlich die Tür. Joanna drehte sich um. »Sarah!« sagte sie, »wo bist du gewesen?«
    »Kommen Sie«, sagte das Mädchen und nahm Joanna bei der Hand, »kommen Sie mit.«
    »Was ist los?«
    Sie gingen am Stall vorbei, und Joanna rief Bill zu, sie sei in wenigen Minuten zurück.
    Als sie und Sarah die heiligen Felsen der Aborigines am See erreicht hatten, setzte sich Sarah und bedeutete Joanna, sich ebenfalls, zu setzen.
    »Ich habe Sie beobachtet«, sagte Sarah nach kurzem Schweigen. »Ich habe Sie mit dem Känguruh und dem
Joey
beobachtet.«
    »Ja, ich weiß. Adam hat es mir erzählt. Sarah, warum hast du mich hierher geführt?«
    »Ich muß Ihnen etwas sagen«, erwiderte das Mädchen. »Weiße sehen niemals, wie
Joey
geboren wird. Der Känguruh-Geist erlaubt keinem Weißen, das zu sehen. Das dürfen nur Menschen vom Känguruh-Totem. Dieser Platz gehört zum Känguruh-Träumen, und deshalb ist er den Aborigines heilig.«
    Joanna blickte auf die großen roten Eukalyptusbäume am Fluß und auf das Wasser im Teich, das wie Perlen schimmerte. Ihre Umgebung geriet ins Wanken. Es war etwas geschehen – es geschah etwas.
    »Sie kommen oft zu diesem verbotenen Ort, an vielen Tagen«, fuhr Sarah fort, »aber Sie sterben nicht. Sie sehen die Geburt des
Joey,
und Sie sterben nicht. Sie laufen auf diesem Platz herum, und das Känguruh wird nicht böse. Sie haben einen starken Zauber, eine große Macht. Sie gehören zum Känguruh-Totem.«
    Joanna sah das Mädchen staunend an. »Aber ich bin keine Ureinwohnerin, Sarah. Wie kann ich zum Känguruh-Totem gehören?«
    »Die Känguruh-Ahne hat mich im Traum besucht und hat mir gesagt, daß Sie das Känguruh-Träumen haben. Sie befiehlt mir, daß ich mit Ihnen über Ihr Träumen spreche. Sie müssen Ihr Träumen kennen.«
    »Aber ich bin nicht in Australien geboren worden«, erwiderte sie.
    Sarah schloß die Augen und schien nach innen zu blicken. »Alle Menschen haben Totems. Auch die Weißen. Das Känguruh hat Ihnen ein Zeichen gegeben. Sie haben die Geburt des
Joey
gesehen. Sie spielen für das Känguruh-Träumen eine besondere Rolle.«
    Sarah öffnete die Augen und sagte: »Wissen Sie … wo Ihr Traumpfad ist?«
    »Mein Traumpfad? Das weiß ich nicht. Ich glaube, ich habe keinen.«
    Sarah sagte: »Jeder hat einen Traumpfad. Wo ist der Ihrer Mutter?«
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte Joanna. »Vielleicht irgendwo hier in Australien. Warum möchtest du das wissen?«
    »Weil Sie einem Traumpfad folgen. Deshalb sind Sie hier.«
    »Ich weiß nicht einmal genau, was ein Traumpfad ist, Sarah. Wie kann ich ihm dann folgen? Erkläre mir bitte, was das ist.«
    Sarah sagte: »Dieser Ort gehört zum Känguruh-Träumen. Der Känguruh-Traumpfad läuft durch Merinda und kommt von dort …« Sie deutete nach Norden. »Von weit, weit her. In der Traumzeit kam die Känguruh-Ahne von weit, weit her. Sie geht von hier aus weiter, und sie stirbt irgendwo dort«, sie deutete nach Süden. »Das ist ein Traumpfad. Es ist ein Geist-Weg, es ist ein Zeit-Weg, ein Heute-und-gestern-Weg.«
    Joanna sah das Mädchen mit großen Augen an. »Sarah, woher weißt du, daß der Känguruh-Traumpfad hier verläuft?

Weitere Kostenlose Bücher