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Traurige Therapeuten: Roman (German Edition)

Traurige Therapeuten: Roman (German Edition)

Titel: Traurige Therapeuten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingomar von Kieseritzky
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Greise als Heilpraktiker – ich absolvierte zwei Fernlehrkurse, aber die Menschen sind verschieden –, ich denke und glaube, dass ich die Sprache der Tiere besser verstehe, wenn es sich nicht um Insekten, Schlangen oder Echsen handelt.
    Von Frauen, muss ich gestehen, verstehe ich nicht das Geringste, Essig, Beata, tote Hose, Sense!
    Sie sah mir träumerisch in meine immer noch matten Pupillen und sagte, ich sei ein sehr interessanter Mann.
    Rendezvous um 18 Uhr mit Beata im Restaurant La Bécasse noire. Bis dahin wollte ich mich vollständig regenerieren – aber vorher mit Disziplin ab in die kontrollierte Vergangenheit.
    Ich hatte in meinen Notizen, das weiß ich noch genau, Freund Passow im Dormitorium meiner Winterschlafsversuchsanstalt; und er musste entfernt werden, gleichgültig, auf welche Weise.
    Eine jede, nicht ganz inhumane, Weise wäre recht.

 
    37 Die Fehlkalkulationen, die mich in das angenehme, ruhige und effiziente Haus des Dr. Spoerri brachten, sollten sorgfältig bedacht werden, vielleicht in der nützlichen Form einer Liste. Die Themen und Variationen waren die folgenden:
    – Passow, der Parasit.
    – Der Arche-Noah-Coup.
    – Ein missglückter Liebes-Versuch mit Notärztin.
    – Restitutions-Versuch in urologischen Praxen.
    – Die Berliner Grand Tour oder die Exkursion in die Außenwelt gemäß der Guthschen Therapie, ungeplante und geplante Interaktionen zu unternehmen.
    – Die Tode der Lebensgefährten; nicht nur Kakerlaken sind in der Erinnerung unsterblich.
    – Die neue Ordnung und das Winterschlafprogramm.
    – Der Kollaps.
    – Die Schweiz!
    Nach der Liste (eine Stunde Arbeit mit Tremor) las ich den bemerkenswerten Satz eines Stoikers in einem vergilbten Reclambändchen: «Das Vermeiden als Prinzip bedeutet für das Individuum, sich der Handlungen zu enthalten, deren Folgen sich nicht abschätzen lassen.»
    Das ist neuerdings auch ganz und gar meine unumstößliche Meinung.
    Bei einem Spaziergang in das idyllische Kurörtchen mit seinen putzigen Häuschen im Schweizer Stil, wenn es den gibt, kaufte ich 500 Blatt Kopierpapier à 80 g in einer Papeterie, um für meine stille Arbeit an der Vergangenheit vorbereitet zu sein.
    Der gütige Dr. Spoerri hat mir die von einem berühmten Schriftsteller verlassene Schreibmaschine in einem mit Samt ausgeschlagenen Sarg überlassen, eine alte Kugelkopfmaschine, die schneller hämmert, als ein Specht denken kann.
    Halten Sie, sagte Spoerri, diese Maschine in Ehren. Der Vorbesitzer litt an einer Autophobie, einem nässenden Ausschlag im Gesicht, laborierte an vielen eingebildeten inneren Schäden und ließ sich nach den Wechselbädern immer ein Emetikum reichen, meinen Spezial-Mix, dessen Grundsubstanz die unter dem klangvollen Namen bekannte Radix ipecacuana war. Die Kur schlug an; nach einer Woche rastloser Selbstreinigung und einer ganzen Seite Text machte er einen Morgenspaziergang, von dem er nicht zurückkehrte. Das war im Winter. Im Frühjahr gab man die Suche auf. Die Angehörigen wollten die Maschine nicht, sie war ihnen zu schwer. Mit seinen restlichen Effekten reisten sie dann ab.
    Und Sie schreiben weiter?
    Memoiren, sagte ich, mehr nicht, ein Akt der Selbsterforschung.
    Eine nach innen gerichtete Grausamkeit, sagte Dr. Spoerri, sei in meinem Zustand und an diesem Ort schädlich.
    Ich blieb fest, es lebe der freie Wille.

 
    38 O heilige Arbeit am Papier und auf Papier.
    Der Kugelkopf hämmerte so schnell, dass ich wegen des Lärms (da bin auch ich empfindlich) keinen klaren Gedanken fassen konnte. Als ich die erste Zeile verfasst hatte: Im Hinblick auf Eugen Passow muss der Parasitismus neu definiert werden –, rief Beata an, die attraktive Beatrice-Kopie, und verschob unser Rendezvous im Restaurant La Bécasse noire um eine Stunde.
    Das Restaurant war rustikal – Holzräder und Sattelzeug an weiß getünchten Wänden, die mich schmerzhaft an meinen okkupierten Dachboden gemahnten –, aber die Speisekarte war gut. Meine potentielle Liebes-Partnerin Beata sagte mir schon am Tisch, sie sei in Eile, weil sie ihre demente Mutter in Wien besuchen müsse.
    Demenz, sagte ich, sei ein Problem, aber auch bei jungen Leuten anzutreffen.
    Das mag sein, sagte Beata, und wir bestellten. Die Preise waren enorm – eine Tortue claire en Tasse kostete 10 Schweizer Franken, eine Truite au bleu, beurre fondu derer 24, und beim Fleisch wurde es noch horrender – ein Escalope de Cerf Buffalora (Schnitzel vom Hirsch) kostete 35 Franken.
    Ich hoffte,

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