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Traurige Therapeuten: Roman (German Edition)

Traurige Therapeuten: Roman (German Edition)

Titel: Traurige Therapeuten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingomar von Kieseritzky
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wünschenswerter Besuche:
    Praxis Curtius/Horak, die jetzt im Grunewald residierten, eine sehr gute Adresse;
    dann wollte ich den alten Atopiker und Allergiker Hohensee aufsuchen; wer weiß, vielleicht war er mit seinen Studien über Gewalt in der Gesellschaft vorangekommen.
    Auf meiner Liste stand auch der liebe Dr. Cordes, der gegen Patienten und Krankheiten allergische Analytiker, seines Zeichens auch ein leidenschaftlicher Atopiker und vor allem ein gewiefter Spezialist für Ekelreaktionen, deren einsamer Meister er hoffentlich noch immer war. Verkroch sich in eine schwarze Kiste.
    An Dr. Gottinger auf meiner Liste konnte ich mich nicht mehr recht erinnern; nur einen seiner Sätze hatte ich in meinem Notizbuch treulich aufbewahrt: Der Mensch ist auch in seiner Schwäche ein distinktionsfähiges Wesen. Er war auch der Mann, der mir geraten hatte, mich normalen Alltagssituationen auszusetzen; ich machte ein kraftvolles X neben G wie Gottinger; unvergesslich seine positive Reaktion auf Alkoholismus. Nichts geht über qualitativ gute Krankenkarrieren, vor allem im Leben von Ärzten und Therapeuten.
    L wie Lobowitz, der gute Freund, Uhlandstraße – der hatte durch eine Doppelohrfeige in der U-Bahn sein Gehör fast ganz verloren, fühlte sich auch im tauben Zustand wohl. Für alle Fälle notierte ich während dieser Vorbereitung: unbedingt Ohropax!
    Der Letzte auf der Liste war der unvergessliche Finriß, Heilpraktiker, Alkoholiker, Allergiker und einer der besten Phobiker, die ich je kennen- und schätzen gelernt hatte, außer dem Kunsthistoriker Pohl, der war ein noch größeres Kaliber und sein Arsenal an Aversionen ungleich raffinierter instrumentiert. Er genoss inzwischen einen gewissen Ruhm; wer weiß, welche Therapie es ihm gestattete, Kunstobjekte (z.B. bei einer Vernissage) zu fixieren – oder gar den Künstler selbst –, ohne einen dezenten Vomitus im Taschentuch anzudeuten; später erfuhr ich, er trage seidene Atemmasken in einer Farbe von tödlichem Scharlachrot. Diesen Meister musste ich kennenlernen, hatte ich ihn bisher doch nur aus achtungsvoller Distanz bewundern dürfen. Ich hoffte auf Erfahrungsaustausch, wir Panphobiker haben ja manches gemeinsam.
    In der Passage Schlafzimmer-Badezimmer warf ich einen Blick in den ziemlich blinden Spiegel von Sheraton, den mir Max aus dem Besitz von Edward vermacht hatte – ein bleiches Gespenst mit Bierbauch, weitere Details will ich mir ersparen und für schlechtere Zeiten bewahren.
    Ich fühlte mich subjektiv aufgeräumt, vital und positiv.
    Ein willkommener (oder unwillkommener) Besucher kleidet sich dezent; die Wahl war nicht schlecht – schwarze Hosen und ein graues Harristweed-Sacco, in der Brusttasche ein lila Taschentuch.
    Ich packte in meinen schwarzen Aktenkoffer von Delsey mit Stahlkanten am Boden – das Ding ist auch als Waffe gut – Edwards Flachmann aus Tulasilber, gefüllt mit altem Armagnac, und eine kleine Flasche Tequila als Geschenk für den immer bedürftigen L., drei Nummern der nicht sehr erfolgreichen Zeitschrift Du und das Tier , in der ich vor langer Zeit meine Aufsätze für den Fernlehrkurs Tierheilkunde des Schweizer Instituts Sanitas gegen geringes Zeilenhonorar veröffentlicht hatte:
    Können Hamster zuckerkrank werden?
    Endogene und exogene Psychosen bei Fabrikschweinen
    Störherdsymptomatologie der Papageien
    Liebesschmerz – Studie über die Trennungen schwuler Pinguine
    Trauer von Haushasen und -kaninchen unter dem Einfluss von Brom
    – und meinen letzten Beitrag:
    Intersubjektive Depressionen bei Scheinschwangerschaften von Windspielen.
    Mit diesen Arbeiten hatte ich in der Fachwelt nicht reüssiert, aber Werk ist Werk.
    In dem hoffnungsvollen Haufen ‹Wegzuschmeißendes› wälzten sich bei näherer Betrachtung einige Objekte, die ich doch nicht über Bord werfen wollte.
    Die Welt da draußen wartet auf liebevolle Gastgeschenke, und ich wäre sie los für alle Zeiten.
    Sollte sich z.B. Borst, der Taxidermist (2. Preis Salzburg), noch nicht in einem Akt träumerischer Metempsychose selbst ausgestopft haben (er träumte ja als Philosoph von vielen sinnlosen Ideen), wäre ihm eine auf zwei Hinterpfoten sitzende Etruskische Spitzmaus im Gebet bestimmt willkommen; eine schöne Arbeit aus der Sammlung Edwardscher Preziosen.
    Der Kater war immer noch absent.
    Man sollte auch geistige Erlebnisse weiterreichen, dachte ich; Broschüren, Aufsätze oder Privatdrucke mit entlegenen oder seltsamen Themen können auch den

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