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Traveblut

Traveblut

Titel: Traveblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jobst Schlennstedt
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Dienstagabend gearbeitet?«, fragte Andresen.
    »Ja, da haben wir um kurz nach elf geschlossen. War nicht viel los.«
    »Ist Ihnen an diesem Abend irgendetwas Ungewöhnliches aufgefallen? Vielleicht auf dem Weg nach Hause?«
    »Was genau meinen Sie?«
    »Etwas, das nicht so war wie üblich. Vielleicht eine Person, die sich auffällig verhalten hat.«
    »Nicht dass ich mich erinnern kann«, antwortete die Frau zögerlich.
    Andresen bedankte sich und gab ihr seine Karte für den Fall, dass ihr noch etwas einfiel. Nachdem er gegessen und bezahlt hatte, verließ er das Sachers. Ole und seine Begleitung saßen nicht mehr auf ihren Plätzen und hatten das Café offenbar bereits verlassen.
    Der Regen hatte mittlerweile nachgelassen. Dafür war Nebel aufgezogen, der wie ein Schleier über der Stadt hing. Andresen ging ein paar Meter, bis er auf der Hüxtertorbrücke stand. In der Ferne konnte er die Mühlentorbrücke, die er vorhin überquert hatte, nur noch erahnen. Er beobachtete den Nebel, der in langsamen Schwaden über den Kanal hinwegzog.
    Falls die Morde bei Nebel geschehen waren, hatte wahrscheinlich niemand etwas davon mitbekommen. Eine unheimliche Vorstellung. Er wechselte die Straßenseite und betrachtete den nördlichen Verlauf des Kanals. Der Nebel war so dicht, dass er keine fünfzig Meter weit sehen konnte. Er lehnte sich über das Geländer und blickte in das dunkle Wasser. Direkt unter ihm mussten die Leichen entlanggetrieben sein. Ob das wirklich niemandem aufgefallen war? Andresen arbeitete lang genug bei der Kripo, um zu wissen, dass Menschen gewisse Beobachtungen gar nicht verarbeiteten. Ein Polizeipsychologe hatte ihm einmal gesagt, dass im Falle von nicht vorstellbaren Ereignissen im Gehirn automatisch ein Verdrängungsprozess in Gang gesetzt wurde. Eine schwimmende Leiche in der Kanaltrave durfte nicht sein, also gab es sie auch nicht.
    Er ging wieder zurück auf die andere Straßenseite und weiter in Richtung der Diskothek. Die Fenster waren von innen mit schwarzen Vorhängen verdunkelt, die Tür verschlossen. Auch auf sein Klopfen an der Tür reagierte niemand.
    Das Hüx gab es schon, solange er denken konnte. Zumindest die letzten fünfundzwanzig Jahre. Er selbst war vor etlichen Jahren einige Male mit seiner Exfrau dort gewesen, wenn sie einen Babysitter für Ole hatten auftreiben können. Sein Geschmack war das Hüx allerdings nie gewesen. Die laute Musik, die schwitzenden, tanzenden Körper und die verzweifelten Gestalten, die zu später Stunde noch übrig geblieben waren und niemanden für die Nacht abbekommen hatten. All das war nicht seine Welt gewesen.
    Sie mussten sich dringend mit einem Mitarbeiter des Hüx unterhalten. Er würde Ida-Marie bitten, Kontakt aufzunehmen. Sie sollte außerdem versuchen, mit einem Mitglied des Ruderclubs zu sprechen. Vielleicht hatte ja doch jemand etwas beobachtet.
    Andresen ging auf der gegenüberliegenden Seite des Kanals zurück bis zum Mühlentorteller und bog in die Stresemannstraße ein, wo er sein Auto geparkt hatte, startete den Motor und fuhr los.
    Knapp zehn Minuten später erreichte er die Moislinger Allee und fand direkt vor dem Mehrfamilienhaus einen Parkplatz. Auf dem Klingelschild fand er ohne größere Probleme den Namen der Frau, der er einen Besuch abstatten wollte: Eva Matthis, die beste Freundin von Katharina Kock. Kregel hatte ihm empfohlen, mit ihr zu sprechen, da die beiden offenbar ein sehr enges Freundschaftsverhältnis gepflegt hatten.
    Nach dem zweiten Klingeln wurde der Summer betätigt. Andresen betrat den Flur, wo es beißend nach frischer Farbe roch, und nahm die Treppe in den zweiten Stock. Eva Matthis empfing ihn in der Tür.
    »Guten Tag, Frau Matthis.« Andresen stellte sich kurz vor und sprach sein Beileid aus. »Ich hoffe, ich störe Sie nicht.«
    »Nein, schon okay«, antwortete Eva Matthis. »Ich hatte heute Nachmittag ohnehin nichts anderes vor.«
    Sie sah mitgenommen aus. Hinter dem aschfahlen Teint erkannte Andresen jedoch eine attraktive junge Frau. Irritiert nahm er das schwarze Spitzennegligé zur Kenntnis, das unter ihrem kurzen Morgenmantel hervorblitzte.
    »Oh, Entschuldigung«, sagte sie mit einem schwachen Lächeln. Offenbar hatte sie an seinem Blick gemerkt, dass der Morgenmantel nicht richtig zugebunden war. »Kommen Sie rein. Möchten Sie vielleicht etwas trinken? Ich habe eben Kaffee gekocht.«
    Andresen folgte ihr und blieb im Eingangsbereich der kleinen Küche stehen. Einen Moment lang entglitten seine

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