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Traveblut

Traveblut

Titel: Traveblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jobst Schlennstedt
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Verhältnis –«
    »Hau schon ab, wir können hier ohnehin nicht mehr viel ausrichten«, fiel sie ihm ins Wort. »Die Fahndung ist raus, und wenn alles glattläuft, haben wir Rehm in ein paar Stunden.«
    »Danke«, sagte Andresen lächelnd und unterdrückte den Reflex, ihr über die Wange zu streicheln.

10

    Ole klingelte um fünf nach halb sieben und stand mit einer Flasche Rotwein vor der Tür. Andresen hatte improvisieren müssen und aus dem wenigen, das er im Haus gehabt hatte, ein Pastagericht gekocht.
    Angesichts dieser Umstände und der Tatsache, dass er Probleme hatte, ein anständiges Spiegelei zu braten, schmeckte es gar nicht mal so schlecht.
    Das Gespräch mit seinem Sohn kam nicht so recht in Gang. Ihr Verhältnis hatte in den letzten Jahren gelitten. Nach der Trennung von Rita war Ole von zu Hause ausgezogen und hatte sich zunehmend von ihm abgewandt. Auch den Kontakt zu seiner Mutter hatte er mittlerweile fast vollständig abgebrochen. Treffen oder Telefonate mit Andresen ergaben sich unregelmäßig und zumeist nur durch Zufall. Und dennoch hoffte er, dass sich ihre Beziehung eines Tages wieder bessern würde.
    Ole hatte ihm damals schwere Vorwürfe gemacht, wie er so tatenlos habe zusehen können, dass alles zerbrach. Und warum er sich so wenig Zeit für Rita genommen habe. Wenn Andresen ehrlich zu sich war, hatte sein Sohn damit nicht unrecht gehabt. Schließlich war er damals wie gelähmt gewesen, hatte keinerlei Anstalten gemacht, sie aufzuhalten. Vergeblich hatte er Ole klarzumachen versucht, dass vor allem seine Mutter die Schuld am Scheitern ihrer Ehe trug. Sie hatte die Familie verlassen und alles kaputt gemacht.
    »Wie läuft die Ausbildung?«, fragte er, als erneut eine unangenehme Gesprächspause drohte.
    »Ich habe Anfang Mai meine Abschlussprüfung.«
    Hätte er das wissen müssen? Ein fürsorglicher Vater wusste so etwas, ärgerte er sich. Aber war er das für Ole jemals gewesen? Na ja, immerhin saß Ole gerade an seinem Küchentisch und nicht an dem seiner Mutter.
    »Und, bist du gut vorbereitet?«
    Ole zuckte, ohne zu antworten, mit den Schultern.
    »Soll ich den Rotwein aufmachen, oder möchtest du lieber ein Bier?« Andresen versuchte krampfhaft, ein Thema zu finden.
    »Ich würde gern den Wein trinken. Der ist von Chrissy. Sie kennt sich ganz gut aus mit Wein.«
    »Sie wird mir immer sympathischer«, sagte Andresen. »Seid ihr ein richtig festes Paar?«
    Ole blickte ihn irritiert an. »Also, wenn du denkst, dass wir uns bald verloben, dann muss ich dich enttäuschen. Aber wir sind tatsächlich ein richtiges Paar.« Er lächelte. »Wir kennen uns erst seit drei Monaten. Aber alles ist perfekt. So etwas hatte ich noch nie.«
    »Das freut mich für dich, ganz ehrlich. Vor allem nach all dem, was passiert ist.« Andresen hielt kurz inne, ehe er weiterredete. Er wollte sich endlich mit seinem Sohn aussprechen und sichergehen, die passenden Worte zu wählen. »Ich möchte versuchen, einiges von dem, was in den letzten Jahren schiefgelaufen ist, wiedergutzumachen.«
    Ole sah Andresen in die Augen. Es schien, als denke er darüber nach, ob er seinem Vater glauben sollte. »Versprich bitte nichts, was du nicht halten kannst«, sagte er schließlich. »Ich bin oft genug enttäuscht worden.«
    Andresen nickte. Oles Worte trafen ihn hart, aber er wusste, dass sein Sohn recht hatte.
    Nach dem Essen gingen sie hoch und setzten sich ins Wohnzimmer. Andresen holte eine zweite Flasche Wein und schenkte nach. Sie unterhielten sich über Fußball und Lokalpolitik, zwischendurch erzählte Andresen von Wiebke und seinem bevorstehenden Umzug aufs Land. Ole nahm seine Pläne wortlos zur Kenntnis. Andresen spürte, dass es ihm schwerfiel zu akzeptieren, dass er das Haus in der Großen Gröpelgrube aufgegeben hatte. Obwohl er wusste, dass Ole Wiebke mochte, war er davon überzeugt, dass er sie wohl niemals als vollwertiges Mitglied der Familie betrachten würde.
    »Du hast vielleicht schon von den Morden gelesen«, sagte Andresen nach einer Weile. »Alles nicht so einfach momentan. So etwas kann einen ganz schön mitnehmen.«
    Ole sah ihn herausfordernd an. Plötzlich war in seinem Blick Argwohn zu erkennen. »Hast du dich mal gefragt, ob dein Beruf schuld an allem gewesen ist?«, platzte es aus ihm heraus. »Ich meine, vielleicht kam Mama einfach nicht mehr damit klar, dass du bei der Kripo bist.«
    Andresen wusste, wovon Ole sprach. Die unzähligen Überstunden, die Gefahr, der er ständig ausgesetzt

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