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Traveblut

Traveblut

Titel: Traveblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jobst Schlennstedt
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guten Ruf als Leiter des Kommissariats retten.
    Sein Telefon klingelte. Er sah, dass es ein externer Anrufer war. »Birger Andresen, Kripo Lübeck.«
    »Roland Ensink hier. Endlich erreiche ich Sie. Ich habe Neuigkeiten«, meldete sich Ensink atemlos. »Einer meiner Leute hat vorgestern den Einbruch gestanden. Genau genommen den fingierten Einbruch. Unser Mitarbeiter Jens Schröder hat zugegeben, einfach durch die Tür hereingekommen zu sein und erst später die Scheibe eingeschlagen zu haben. Es war genau, wie Sie gesagt haben, Herr Kommissar. Sie haben ein gutes Gespür.«
    »Tatsächlich?«, wunderte sich Andresen. Er hatte das Ganze doch nur in den Raum geworfen, um Ensink aus der Reserve zu locken. Lag er damit jetzt wirklich richtig?
    »Schröder ist einer unserer Assistenten … ich sollte besser sagen, er war einer unserer Assistenten. Er wurde selbstverständlich umgehend entlassen.«
    »Selbstverständlich«, entgegnete Andresen sarkastisch. Ensinks selbstherrliche Art stieß ihm zunehmend auf. »Dann bitte ich Sie, schnellstmöglich ins Präsidium zu kommen, damit wir Ihre Aussage offiziell aufnehmen können. Noch wichtiger ist natürlich, dass wir Herrn Schröder anhören. Aber darum werden wir uns kümmern.«
    »Daran habe ich gar nicht gedacht«, antwortete Ensink verunsichert. »Ich hoffe, er ist noch in der Stadt.«
    »Wäre hilfreich«, antwortete Andresen unbeeindruckt. »Aber wir werden ihn schon ausfindig machen.«
    Ehe er das Telefonat beendete, vereinbarten sie einen Termin, zu dem Ensink ins Präsidium kommen sollte. Anschließend veranlasste Andresen, eine Streife zur Wohnung von Jens Schröder zu schicken.
    Warum setzte ein junger Mensch wegen ein paar läppischer Computer seine Karriere aufs Spiel? Ob Ensink tatsächlich die Wahrheit gesagt oder vielleicht nur einen Sündenbock gesucht hatte? Er nahm sich vor, den Fall nicht voreilig abzuhaken, sondern Ensink weiterhin im Auge zu behalten.
    Nachdem sich Andresen mit Kregel, Ida-Marie und Julia über Hanka Weicherts Aussage und die neuesten Entwicklungen ausgetauscht hatte, verließ er das Polizeipräsidium und verbrachte die Mittagspause im Alten Zolln. Das Kantineneinerlei hing ihm zum Hals raus. Er war kein Gourmet, aber irgendwann hatte jedes Großküchenessen seinen Reiz verloren, wenn es denn überhaupt einen ausübte.
    Er bestellte sich ein Wiener Schnitzel und ein Alster. Am liebsten hätte er in der Sonne auf der Terrasse des Zolln gesessen und das Treiben in der Mühlenstraße beobachtet. Aber bis dahin dauerte es wohl noch mindestens zwei Monate.
    Jemand warf die Jukebox an. Elvis. Nicht gerade seine Musik, aber besser als manches andere, das die Box zu bieten hatte. Er hatte sich in eine hintere Ecke gesetzt, um ungestört nachdenken zu können. Der Fall wurde immer komplexer, er musste dringend seine Notizen, die er wahllos auf Zettel geschrieben hatte, zusammentragen und einiges überprüfen. So wusste er beispielsweise noch immer nicht, was der Grund für Eva Matthis' Besuch im Präsidium gewesen war. Außerdem fragte er sich, ob Oliver Rehm mittlerweile vernehmungsfähig war. Ida-Marie hatte er gebeten, heute Nachmittag nach Negernbötel zu fahren. Brigitte Jochimsens Familie schien ihm einen weiteren Besuch wert zu sein.
    Seine ganze Aufmerksamkeit galt Hanka Weichert. Möglicherweise war sie die Verbindung, nach der sie so fieberhaft gesucht hatten. Er hatte seinen Besuch bei ihr für den frühen Nachmittag angekündigt. Bislang wussten sie so gut wie nichts über sie. Nach ihrer Aussage hatte sie das Präsidium sofort wieder verlassen. Und Thiel schien es versäumt zu haben, einige grundsätzliche Fragen zu ihrer Person zu stellen. Immerhin wussten sie, wo sie wohnte.
    Die Bedienung brachte das Essen. Das Alster versetzte Andresen in Sommerlaune. Nach einer Weile blickte er auf die Uhr. Da sein Auto noch am Präsidium stand, beschloss er kurzerhand, den Termin bei Hanka Weichert zu Fuß wahrzunehmen.
    Als er ins Freie trat, war die Sonne hinter den Wolken hervorgekommen. Sie hatte bereits an Kraft zugelegt und ließ ein laues Lüftchen wehen. Hanka Weichert wohnte am Wakenitzufer. Andresen mochte diese Ecke Lübecks. Die Wakenitz hatte einen besonderen Charme, den er früher vor allem im Sommer genossen hatte, wenn er abends in Ufernähe im Gras gelegen hatte oder mit Ole bis zum Ratzeburger See gepaddelt war. Ob Ole jetzt mit seiner Freundin Paddeln ging? Er nahm sich vor, ihm bei der nächsten Gelegenheit vorzuschlagen,

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