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Traveblut

Traveblut

Titel: Traveblut
Autoren: Jobst Schlennstedt
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»Moment, ich muss nachsehen.« Einige Sekunden vergingen. »Es geht um einen Einbruch mit Brandstiftung bei einer Unternehmensberatung in der Moislinger Allee.«
    Es war also tatsächlich so, wie er vermutet hatte. Und auch Jens Schröder hatte recht gehabt. Jimmy Vosberg war der Mann, den sie suchten.
    Einzig das Motiv fehlte noch. Rache, so viel schien festzustehen. Aber Rache wofür? Was war damals mit Jimmy Vosberg passiert?
    Andresen rief im Präsidium an und erkundigte sich nach der Adresse von Jimmy Vosberg. Er wohnte in der Korvettenstraße in Buntekuh. Andresen fuhr mit mehr als achtzig die Fackenburger Allee entlang und bog in die Ziegelstraße ein, raus in Richtung Buntekuh. Einem Radfahrer kam er während eines Überholmanövers gefährlich nahe. Einem Fußgänger, der die Straße überquerte, konnte er erst im letzten Moment ausweichen.
    Hoffentlich war es noch nicht zu spät. Andresen war sich plötzlich sicher, dass Vosberg noch nicht fertig war. Irgendetwas fehlte noch, das spürte er. Die bisherigen Morde und die Brandstiftungen waren nur der Anfang gewesen.
    All seine losen, umherschwirrenden Gedankenfetzen reihten sich aneinander. Jetzt passten sie endlich zueinander. War Gisela Sachs sein nächstes Opfer?
    Die Reifen quietschten, als er den Volvo vor dem Mietshaus in der Korvettenstraße zum Stehen brachte. Sein Handy klingelte. Ohne aufs Display zu sehen, nahm er ab.
    »Andresen.«
    »Hallo, Birger. Ich bin's, Wiebke. Hast du ein paar Minuten Zeit, dann –?«
    »Wiebke, tut mir leid, aber es ist gerade ganz schlecht. Ich rufe zurück, sobald ich kann, ja?«
    »Aber –«
    Andresen legte auf. Sosehr er sich wünschte, endlich in Ruhe mit Wiebke zu sprechen, in diesem Moment war es völlig unmöglich.
    Er rollte noch einige Meter weiter, um nicht direkt vor dem Haus zu parken. Dann stieg er rasch aus und blickte sich um. Er erinnerte sich daran, dass er in einem der Nachbarhäuser schon einmal im Rahmen eines Mordfalls ermittelt hatte. Damals war es um eine Tote im Drogenmilieu gegangen, eine ziemlich unerfreuliche Geschichte. Das Mädchen war gerade einmal achtzehn Jahre alt gewesen, als man sie mit Messerstichen übersät in ihrer Wohnung gefunden hatte.
    Jimmy Vosberg wohnte in einem Hochhaus, das in den sechziger oder siebziger Jahren gebaut worden war. Es wirkte heruntergekommen und bedurfte dringend einer Sanierung. Vor dem Haus türmten sich gelbe Säcke. Kinderwagen versperrten den Weg. Ein blaues Fahrrad samt Anhänger lag achtlos zwischen angrenzenden Sträuchern. Andresen musste an den Anruf der Bedienung aus dem Sachers denken.
    Er ging zum Hauseingang und studierte das Klingelschild. Trotz der Vielzahl an Namen entdeckte er Jimmy Vosbergs Klingelknopf sofort. Plötzlich öffnete sich die Tür, und ein älterer Mann in grauer Jogginghose, dunklem Sweatshirt und Pantoffeln trat aus dem Haus. Andresen stieg der Geruch von Alkohol und kaltem Schweiß in die Nase.
    »Entschuldigen Sie, ich bin auf der Suche nach Jimmy Vosberg«, sagte er so freundlich wie möglich. »Wissen Sie, in welcher Etage er wohnt?«
    Der Mann nuschelte etwas Unverständliches und drängte sich an Andresen vorbei. Andresen gab ihm ein Zeichen, dass er ihn nicht verstanden hatte.
    »Erster Stock, rechts«, wiederholte der Mann lauter. »Sagen Sie ihm, dass er sich verpissen soll, wenn er nachts weiterhin so einen Krach macht. Wir brauchen hier keine Neger!«, setzte er hinzu und ging weiter.
    »Idiot!« Andresen sah ihm kopfschüttelnd hinterher.
    Er nutzte die Chance und schlüpfte ins Treppenhaus. Der Geruch, der ihm entgegenschlug, zwang ihn dazu, sich den Ärmel seiner Jacke vors Gesicht zu halten. Eine Mischung aus angebranntem Essen, kaltem Zigarettenqualm und Urin. Hastig lief er die Treppe hoch. Beim Anblick der heruntergekommenen und zum Teil aufgebrochenen Wohnungstüren war er sich sicher, dass die Kollegen von der Streife in diesem Haus bereits den ein oder anderen Einsatz gehabt hatten.
    Im ersten Stockwerk ging er durch bis ans Ende des Flurs. Sofort erkannte er, dass Vosbergs Wohnungstür nur angelehnt war. Instinktiv legte er die rechte Hand auf seine Jacke, um sicherzugehen, dass die Waffe an der richtigen Stelle saß. Einen Moment lang überlegte er, Verstärkung anzufordern, aber er verwarf den Gedanken wieder.
    Er klingelte an Vosbergs Tür, doch eine Reaktion blieb aus. Auch auf sein Klopfen reagierte niemand. Andresen betrat die Wohnung mit gezückter Waffe. Bereits im Flur musste er
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