Traveler - das Finale
unserer Verpflichtung treu.
Zwei Stunden später war das Treffen beendet. Die verschiedenen Gruppen verließen das Restaurant, und der bärtige Zwerg sammelte Teller und Gläser ein. Gabriel ließ sich ein Glas Wasser bringen und setzte sich neben Alice an den Tisch.
»Alice, ich weiß, dass du bei Maya bleiben möchtest, aber sie wird mich nach Los Angeles begleiten. Linden hat sich bereiterklärt, auf dich aufzupassen, was ihm in Paris am leichtesten fällt.«
Alice warf Maya einen Blick zu, als wollte sie fragen: Bist du einverstanden? Als Maya nickte, stand das Mädchen vom Tisch auf und ging zu Linden hinüber. »Können Sie mir beibringen, so wie Maya zu kämpfen?«
Eine Sekunde lang wirkte Linden perplex, aber dann fing er tatsächlich zu lächeln an. »Das ließe sich machen.«
Maya folgte Gabriel aus dem Restaurant und in Winstons Lieferwagen. Schweigend fuhren sie nach Camden Town, schweigend legten sie den gewohnten Fußmarsch zum Trommelladen in den Katakomben zurück.
Winston schloss die Tür zur Geheimwohnung auf. »Brauchen Sie noch etwas, Mr. Corrigan?«
»Keine Sorge, Winston. Maya passt auf mich auf. Fahren Sie nach Hause und ruhen Sie sich aus.«
»Ah, ja!« Winstons Miene hellte sich auf. »Ausruhen wäre zu schön!«
Maya ging zu Lindens Klappliege und zog ihre Lederjacke aus. Sie legte den Schwertköcher aufs Bett, daneben die beiden Messer und eine Neun-Millimeter-Automatik, die sie in einem Halfter am Fußgelenk getragen hatte. Normalerweise
fühlte sie sich verletzlich, sobald sie ihre Waffen abgelegt hatte. An der Wand hing ein winziger Spiegel in einem Ebenholzrahmen, und wenn sie sich hin und her bewegte, konnte sie darin Ausschnitte ihres Gesichts erkennen. Sie hatte sich zuletzt vor drei Tagen die Haare gewaschen. Sie trug kein Make-up und sah sehr müde aus. Ist doch egal, sagte sie sich. Auch wenn sie ein Designerkleid trüge, würde der Traveler immer noch die Wahrheit in ihren Augen sehen.
Als sie die Küche betrat, kochte Gabriel gerade Tee. »Hast du Hunger?«, fragte er. »Wir haben Kräcker und Salami, ein Glas Marmelade, zwei Äpfel und eine Büchse Sardinen.«
»Essen ist Essen, Gabriel. Mir ist alles recht.«
Während Gabriel im Schrank wühlte, musste Maya an ihren Vater denken. Wann immer Thorn von einer längeren Reise heimgekehrt war, hatte er Lebensmittel vom Markt mitgebracht und sich in die Küche gestellt, um ein aufwändiges Festmahl für ihre Mutter zu kochen. Manchmal trug er sein Wurfmesser noch am Arm, dennoch klang Thorns Stimme unglaublich sanft, während er Paprika kleinhackte und Nudeln ins Wasser warf.
»Bitte sehr.« Gabriel stellte die Kanne und zwei Teller auf dem Tisch ab. Dann setzte er sich Maya gegenüber und schenkte ihr eine Tasse Tee ein.
»Willst du wirklich mit Nathan Boone sprechen?«, fragte sie. »Er hat Vicki und meinen Vater auf dem Gewissen. Und nun willst du mit ihm reden, als wäre er ein Verbündeter.«
»Es wäre eine Gelegenheit. Mehr nicht.«
»Falls wir ihn finden, sollst du mit ihm sprechen. Aber danach – wird er sterben. Gabriel, du bist zu idealistisch. Du kennst Boone nicht.«
»Ich weiß, was er getan hat. Aber jedem von uns steht die Möglichkeit offen, sein Leben zu ändern.«
»Ist es das, was du in der Sechsten Sphäre gelernt hast?«
Gabriel goss Milch in seinen Tee und beobachtete die Blasen
an der Oberfläche. »Ich habe die Goldene Stadt gefunden, aber alle Götter waren verschwunden. Es gab dort nur einen einzigen Menschen – meinen Vater.«
»Was ist passiert? Was hat er gesagt?«
»Ich habe ihn gebeten zurückzukommen, aber er konnte nicht. Er war zu lange fort und fühlt sich dieser Welt nicht mehr verbunden. Ich bin nicht wie er. Deinetwegen, Maya. Du verbindest mich mit dieser Welt.«
»Ist das gut oder schlecht?« Maya zwang sich zu einem Lächeln.
»Selbstverständlich gut. Die Liebe ist das Licht in uns. Sie überlebt, auch wenn unsere körperliche Hülle verloren geht.«
Was will er mir damit sagen?, fragte Maya sich. Wird er sterben?
Gabriel stand vom Tisch auf und stellte sich vor sie. »Wir können die Vergangenheit bereuen, aber wir können sie nicht mehr ändern. Wir können die Zukunft vorausahnen, aber kontrollieren können wir sie nicht. Uns bleibt nichts als der Moment – hier, in diesem Raum.«
Genug der Worte. Maya stand auf, und dann umarmten sie einander. Der Traveler umarmte sie mitsamt ihrem Zögern und ihren Zweifeln; in diesem Augenblick umfing er sie ganz
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