Traveler - das Finale
und gar. Wir sind hier , dachte Maya. Hier.
SIEBENUNDDREISSIG
N athan Boone hatte seine Kommandozentrale im Shangri-La-Hotel im Westen von Los Angeles eingerichtet. Er wohnte etwa zehn Minuten von Michael Corrigans Unterkunft entfernt, einem Angeberschuppen direkt am Strand, der sich El Dorado nannte. Boone hielt nichts davon, im selben Hotel einzuchecken wie der Traveler. Das hätte es Michael höchstens erleichtert, sich in die laufende Operation einzumischen.
Boone mochte die schlichte Einrichtung der Zimmer im Shangri-La. Es gab hier keine grellen Farben – nichts, das für geistige Unruhe sorgte. Aber das Beste an dem Gebäude war, dass der Gast es durch die Parkgarage betreten und somit die Rezeption meiden konnte. Boone hatte keine Lust, solche Typen wie Martin Doyle in der Lobby auf dem Sofa herumsitzen zu sehen.
In diesem Moment saß Doyle im Wohnzimmer der Suite und sah fern. Ganz besonders gefielen ihm die ständigen Eilmeldungen über die vermissten Kinder. Carlo Ramirez, der peruanische Söldner, der Doyle als Gehilfe zugeteilt war, saß an dem kleinen Tisch in Boones Schlafzimmer. Er rutschte nervös herum und vermied es, Boone ins Gesicht zu sehen.
»Es waren nicht mehr als fünf Minuten, Mr. Boone, ich schwöre Ihnen …«
»Es ist mir egal, ob es nur fünf Minuten waren. Wie ich Ihnen bereits vor Wochen erklärt habe, ist es Ihre vorrangigste Aufgabe, Doyle zu bewachen.« Boone kritzelte ein paar Notizen
auf seinen Block, und Ramirez wurde bleich. Vielleicht hielt er den Block für eine Art Todesliste.
»Er hat die Narben.«
»Wie bitte?«
»Doyle hat Narben, hier, und hier.« Ramirez fasste sich an die Brust und an den Handrücken. »Wenn Ortungskugeln in seinem Körper stecken, können Sie ihn doch finden, wann immer Sie wollen.«
»Mr. Doyle ist eine Art Geheimwaffe, die uns helfen wird, ans Ziel zu kommen. Was nicht bedeutet, dass ich ihn unbehelligt durch diese Stadt spazieren lassen will. Was werden Sie tun, wenn Doyle Ihnen das nächste Mal entwischt?«
»Ich werde ihn finden und ausschalten, Sir.«
»Und zwar unverzüglich.«
»Ja, Mr. Boone. Verstanden.«
»Gut. Schicken Sie ihn rein.«
Schweißnass verließ Ramirez das Zimmer. Boone nippte an seinem Eistee und schaute geistesabwesend zum Uferpark auf der anderen Seite der Ocean Avenue hinüber. Während der vergangenen zwanzig Jahre hatten die Winterstürme an den Felsen der Parkanlage genagt, und an manchen Stellen waren Fußwege und Blumenrabatten abgesackt und den Abhang zur Küstenstraße hinuntergerutscht. Manchmal hatte Boone den Eindruck, seine Umgebung sei dabei, sich aufzulösen. Vor einigen Tagen waren Mrs. Brewster und ihr Fahrer über eine Klippe nahe des Flughafens Portreath gestürzt.
Martin Doyle kam breitbeinig ins Zimmer gestapft und zog die Tür hinter sich zu. Seit seiner Abreise aus Thailand hatte er sein aufgeschwemmtes Aussehen verloren, und inzwischen sah er aus wie ein Schauspieler, der nebenher im Fitnessstudio jobbt. Doyle bestand auf speziellen Gerichten, fettfreiem Käse, Granatapfelsaft und Hafergrütze. Er war der wandelnde Gegenbeweis für die Annahme, ein gesunder Lebensstil führe zu tugendhaftem Verhalten.
»Ramirez sieht aus, als hätten Sie ihn gefesselt und im Pool untergetaucht«, sagte Doyle schmunzelnd und setzte sich. »Gut gemacht, Boone. Typen wie den muss man an der kurzen Leine halten.«
»Wir haben uns über Sie unterhalten, Mr. Doyle. Wie ich erfahren habe, haben Sie sich vom Team entfernt?«
»Das war nichts weiter. Ein Ausrutscher. Kein Anlass zur Sorge.« Doyle lehnte sich zurück. »Und, wie läuft’s, Boone? Haben die Leute schon genug Angst? Oder soll ich sie noch ein bisschen mehr erschrecken?«
»Ich möchte, dass Sie für ein paar Tage nichts tun.«
»Vielleicht sollte ich in die Wüste rausfahren.«
»Nein.«
»Fürchten müssen wir nur, was uns draußen in der Wüste erwartet. Ich habe mir eine Geschichte für Sie ausgedacht. Ein Märchen. Es geht um ein Monster. Aber das Ende fehlt noch.«
»Mr. Ramirez wird Sie zu einem Hotel in Culver City bringen. Dort bleiben Sie und warten auf weitere Anweisungen.«
»Hat das Hotel einen Fitnessraum?«
»Ich denke, ja.«
»Gut. Ich versuche nämlich, wieder in Form zu kommen.« Doyle stand auf, warf einen kurzen Blick auf Boones geöffneten Koffer und schlenderte zur Tür zurück. Dann drehte er sich ganz unvermittelt noch einmal um und hatte einen völlig veränderten Ausdruck im Gesicht – dieselbe Mischung
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