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Traveler - das Finale

Traveler - das Finale

Titel: Traveler - das Finale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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Russell Square plemplem werde.«
    »Es ist nicht einfach, aus der Ersten Sphäre in diese Welt zurückzukommen und weiterzuleben, als sei nichts passiert. Wahrscheinlich wäre es das Beste, wenn du bei mir in der Geheimwohnung bleibst und meinen Körper bewachst. Ich habe beschlossen, noch einmal zu transzendieren.«
    »Bist du jetzt auch verrückt geworden?«, fragte sie. »Wenn du gehst, bricht hier alles zusammen.«
    »Ich muss weg, Maya. Ich muss meinen Vater finden. Er ist der Einzige, der mir sagen kann, was ich tun soll.«
    »Vielleicht weiß er die Antwort nicht?«
    »Ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich ihn finden kann. Aber das ist mir egal. Eigentlich tun wir fast alles im Leben aus einer vagen Hoffnung heraus.«
    »Ich muss dir etwas sagen …« Ein seltsamer Ausdruck huschte über Mayas Gesicht.
    »Was denn?«
    »Nichts«, sagte sie in kaltem Harlequintonfall.
    Gabriel nahm ihre Hand und drückte sie fest, bevor er aus dem Van stieg. Er war sich der Überwachungskameras ständig bewusst, als sie einen komplizierten Umweg einschlugen, der
im toten Winkel der Kameras verlief. Minuten später hatten sie die Katakomben erreicht. Und kurz darauf lag Gabriel auf dem Bett im verborgenen Zimmer.
     
    Nachdem er die vier Barrieren aus Luft, Wasser, Erde und Feuer hinter sich gelassen hatte, wurde sich ein Teil seines Selbst der Richtung seiner Bewegungen bewusst. Er kannte den Weg in die Erste Sphäre und wandte sich rasch von der Kälte ab. Wie ein eingeschlossener Minenarbeiter zwängte er sich durch einen engen Stollen dem Licht und der Sonne entgegen.
     
    Als Gabriel die Augen öffnete, fand er sich an einem von Kies und grobem Sand bedeckten Strand wieder. Die Wellen klatschten rhythmisch auf die Steinchen; Gabriel lag auf dem Rücken und konnte das verwesende Seegras an der Uferlinie riechen.
    Ist hier jemand? Werde ich beobachtet? Er stand auf, wischte sich Sand von der Jeans und sah sich in der neuen Welt um. Er stand nur wenige Meter von einem flachen Bach entfernt, der ins Meer mündete. Sand und Steine waren dunkelrot wie alter Rost, und auch die umstehenden Pflanzen schienen etwas von der Farbe angenommen zu haben. Das Seegras und die großen Farne am Bachufer leuchteten rötlich grün, und im Gestrüpp, das den Küstenstreifen säumte, hingen hellrote Beeren, die bei jedem Windstoß schaukelten. Alles war wie in Gabriels Welt, nur ein bisschen anders. Vielleicht hatte alles Leben am selben Ort begonnen, und dann hatte ein kleiner Zufall – ein fallendes Blatt, ein sterbender Schmetterling – den Lauf der Schöpfung in eine andere Richtung gelenkt.
    Der wabernde Schatten über dem Einstiegspunkt zur Vierten Sphäre war nur wenige Schritte entfernt. Direkt daneben, direkt auf der Grenze von Sand und Wasser, hatte jemand eine kleine Pyramide aus roten Sandsteinbrocken errichtet.
Ein schmaler Trampelpfad führte von der Pyramide in das sumpfige Marschland, das sich hinter der Küste erstreckte. Am fernen Horizont erhob sich eine grüne Hügelkette.
    Gabriel hörte einen durchdringenden Schrei und wich erschreckt von dem Steinhaufen zurück. Ein Schwarm großer Vögel mit spitzen Flügeln und langen Hälsen kreiste direkt über dem unruhigen Wasser, wo der Bach ins Meer mündete.
    Und plötzlich begriff Gabriel. Obwohl die Vögel Hunderte von Metern über ihm schwebten, konnte er sich in sie hineinversetzen. Das hier war keine Allegorie, und kein Löwe würde erscheinen, um sich mit ihm über Theologie zu unterhalten. Die Vögel nahmen die Welt aus ihrer tierischen Perspektive wahr. Sie waren sich ihrer Flügelstellung bewusst, der dunklen, huschenden Schatten unter der Wasseroberfläche, der Sonne und des Windes, der sie immer höher trug, und eines anhaltenden Hungergefühls, das sie auf die Jagd gehen ließ.
    Gabriel wandte sich vom Wasser ab und konzentrierte sich auf den dunkelgrünen Efeu, der am Bachufer wuchs. Anders als die Vögel strahlte die Pflanze eine einstimmige, konstant schwingende Botschaft aus – so als halte man eine einzige Taste einer Kirchenorgel gedrückt. Gabriel wurde sich der Langsamkeit und der Stärke der Ranken bewusst, ihres hartnäckigen Wachstums, ihrer tastenden Suche nach Licht und Wasser.
    Der neue Zustand schien jenseits von Raum und Zeit zu sein. Vielleicht war er seit wenigen Sekunden, vielleicht seit Jahren hier. Der Anblick der Steinpyramide riss Gabriel aus seinen Träumen. Diese Welt ohne Straßen und Städte war vermutlich die Dritte Sphäre der

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