Traveler - das Finale
Minarette oder kunstvoll verzierte Pagoden. Gabriel fragte sich, ob er vor einer Festung oder einer Schule oder einem riesigen Wohnhaus stand. Ein jedes der schwarz gerahmten Fenster ging auf das Hochplateau hinaus. Aus der Ferne erinnerten die drei Komplexe mit den goldenen Türmen Gabriel an drei riesige, fantasievoll verzierte Geburtstagstorten.
Als er sich über eine kurze Treppe der ersten Terrasse näherte, einer offenen, kiesbedeckten Fläche, stellten sich ihm
weder bewaffnete Wachen noch bellende Hunde in den Weg. Gabriel blieb auf der Terrassenmitte stehen und hob den Blick in der Annahme, hinter dem einen oder anderen Fenster ein Gesicht zu entdecken. Das Licht war so hell, dass seine Augen schmerzten, und alle Schatten waren scharf umrissen. Die goldene Stadt hatte nichts Einladendes und wirkte eher wie ein Monument als wie ein Wohnort. Zunächst fand er keinen Eingang, aber schließlich entdeckte er ein Tor an der Hausecke zu seiner Rechten. Die Tür war aus grünlichem Metall, das angelaufenem Kupfer ähnelte, und in ihrer Mitte war eine kunstvoll geschmiedete Lotosblüte angebracht. Als Gabriel das Ornament berührte, schwang die Tür auf. Er wartete einige Sekunden ab und machte sich auf etwas Magisches gefasst, bevor er eintrat – auf Schlangen vielleicht, die sich um einen Altar wanden, oder auf einen Engel in weißem Gewand.
»Ich bin hier«, sagte er, aber niemand antwortete.
Er befand sich in einem leeren Raum mit weißen Wänden und vergitterten Fenstern. Das diesige Licht fiel durch die Gitter und warf ein Muster aus Rechtecken auf den Boden. Links vom Eingang war eine zweite Tür in die Wand eingelassen. Gabriel stieß sie auf und fand sich in einem identisch aussehenden Raum wieder.
Wo waren denn nun die Götter? Als Gabriel durchs Fenster einen Blick auf die Terrasse warf, hörte er die Tür hinter sich zufallen. In langsamem Tempo durchschritt er einen leeren Raum nach dem nächsten, bis er das Ende des Erdgeschosses erreicht hatte. Das Schweigen wurde langsam unerträglich. Noch nie war er an einem Ort gewesen, der sich dermaßen leer anfühlte.
Eine Treppe führte zu einem Raum hinauf, der genau so aussah wie alle anderen und ebenfalls eine Durchgangstür hatte. »Hallo?«, rief Gabriel. »Ist hier jemand?« Als niemand antwortete, verlor er die Geduld und marschierte los. Er knallte eine Tür nach der anderen hinter sich zu und schritt
Stockwerk um Stockwerk ab. Es gab keine Zimmernummern, die ihm verraten hätten, in welcher Etage er sich gerade befand. Irgendwann entdeckte er ein Zimmer mit einem weißen Würfel darin, auf dem eine aus bunten Metallstücken zusammengesetzte Palme stand.
Auf den nun folgenden Etagen entdeckte er immer mehr dieser künstlichen Pflanzen. Gabriel sah Gänseblümchen und Eichen und Meeresalgen, aber auch Gewächse, die er nie zuvor gesehen hatte. Hatten die Götter diese Objekte geschaffen? Sollte er betend davor niederknien, oder handelte es sich bei diesem Haus um ein riesiges Museum? Ein paar Stockwerke höher verschwanden die Pflanzen, um Tiermodellen Platz zu machen. Fische. Vögel. Echsen. Und dann kamen die Säugetiere. Ein Zimmer war voller Füchse, ein weiteres beherbergte nichts als Katzen. Zuletzt erklomm Gabriel eine Wendeltreppe, und dann stand er inmitten der goldenen Türme.
Vielleicht beobachteten die Götter ihn und stellten ihn auf die Probe? Gabriel überquerte die Terrasse und betrat das zweite Gebäude. Die Räume blieben gleich, aber hier waren Modelle von Maschinen und Werkzeugen ausgestellt. Gabriel sah sich in einem Raum voller Hämmer um, in dem dahinter standen Lampen. Ein Raum war den verschiedensten Dampfmaschinen gewidmet, ein weiterer antiquierten Radioempfängern. Gabriel wurde müde, aber es gab keine Abkürzung. Er erklomm Treppe um Treppe, bis er irgendwann die dritte Terrasse erreichte.
Äußerlich glich das dritte und letzte Gebäude den beiden anderen. Aber als Gabriel die Eingangstür aufzog, sah er fünf Treppen, die in verschiedene Richtungen führten. Gabriel bestieg die mittlere und verlor sich kurz darauf in einem Gewirr aus kleinen Korridoren. In diesem Haus schienen keine Modelle aus Natur und Technik ausgestellt zu sein, dafür gab es viele Spiegel. Gabriel erblickte sein ratloses Gesicht in Konvexspiegeln,
Taschenspiegeln und blinden Spiegeln in antiken Rahmen.
Als er das Labyrinth verließ und auf die vierte und letzte Dachterrasse hinaustrat, stand die Sonne direkt über dem Gebirge. Er entdeckte
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