Treffpunkt Irgendwo
Woche die Familie meines Vaters überlebt, wenn es einen Grund gibt, irgendwo was zu trinken, dann heute.«
»Okay, gib mir zehn Minuten, ich spring schnell unter die Dusche.«
»Ist nicht nötig, ich will heute nicht mit dir los, um Kerle abzuschleppen, sondern einfach nur was trinken gehen. Wenn dich dein eigener Gestank nicht nervt, mich stört er nicht.«
»Hui, du bist aber echt mies drauf.«
»Nichts, was nicht ein paar Cocktails ändern könnten.«
Und so kam es dann auch. Mia und ich machten die erste Mädchen-Sauftour meines Lebens. Sowohl ihr Ostergeld als auch mein Haushaltsgeld gingen dabei drauf. Und als wir kurz vor Mitternacht nach etlichen Bars doch ziemlich betrunken von dem netten Taxifahrer wieder vor dem Haus meiner Eltern abgesetzt wurden, waren wir echt gut drauf. Wir haben sogar noch Mamma Mia unten im Wohnzimmer eingelegt. Zumindest musste das so gewesen sein, denn Mia und ich erwachten am Dienstagmorgen unten auf dem Sofa im Wohnzimmer. Der Beamer war noch immer eingeschaltet und im Blu-Ray-Player drehte sich die Disc.
Und bis ich diese Nacht einigermaßen verdaut und mir selbst geschworen hatte, dass ich nie wieder so viel trinken würde, war auch schon Mittwoch und meine Eltern landeten in Tegel. Und endlich auch der Tag meiner Verabredung. Ich hatte meinen Eltern gesagt, ich würde mit ein paar Freunden nach Kreuzberg in ein kleines Offkino gehen.
Ich weiß nicht, wie oft ich mich umgezogen habe. Auf einer Szenepage im Web hatte jemand geschrieben, dass ihm bei all den Partys und anderen Veranstaltungen im Köpi137 immer besonders gut gefallen habe, dass da jeder so wohltuend anders herumgelaufen sei. Es gäbe da keinen Dresscode, die Leute seien eher normal.
Doch was bitte hieß normal in dieser Szene. Nach langem Hin und Her habe ich mich schließlich für eine schwarze Jeans, Winterstiefel und den dunkelgrünen Abercrombie-Hoodie entschieden, den mir meine Eltern aus New York mitgebracht hatten, darüber zog ich meine schwarze Winterjacke. Es war noch einmal richtig kalt geworden. Wie üblich für Berlin Anfang März. Eigentlich ist der Winter vorbei, es beginnt schon zu blühen und zu grünen und alle sind auf Frühling eingestellt, Ostereiersuche im Grünen. Aber zack, kommt noch einmal eine Kaltfront aus dem Osten und es ist wieder für ein paar Tage Winter. Daher griff ich noch meinen grauen Schal, die grauen Handschuhe und die Strickmütze. Außer etwas weinrotem Lippgloss war ich ungeschminkt. Aber das war ich eigentlich immer.
»Gut siehst du aus!«, rief meine Mutter, als ich die Treppe hinunterkam. Sie saß am Esstisch und blickte von den Reiseprospekten ihrer New-York-Reise auf.
»Hast du ein Date?«
»Nein, nur Kino!«, gab ich ihr zur Antwort.
»Na dann, viel Spaß. Komm nicht zu spät, okay?« Sie widmete sich wieder bunten Zetteln, Postkarten und sonstigen Erinnerungsstücken, die sie zu sortieren versuchte.
Kapitel 7
N atürlich war ich zu früh am Kino. Ich war immer zu früh, ich hasste es, wenn jemand zu spät kam. Wenn ich mit Mia verabredet war, dann hieß das für mich immer, Nerven behalten, mir nicht schon den Abend versauen, bevor er begonnen hatte. Denn Mia kam immer zu spät. Das war einfach so. Egal ob Schule oder Date, Mia war nie pünktlich. Mindestens eine Viertelstunde, meistens aber mehr. Und selbst wenn man ihre reguläre Verspätung bei einer Verabredung einkalkulierte, schaffte sie es, mich zu tillen. Denn manchmal war sie »verspätet verspätet«, wie sie es nannte. Wofür sie dann aber nichts konnte, wie sie behauptete. Da war dann die S-Bahn schuld oder ein Anruf oder sie hatte ihren Schlüssel nicht gefunden. Wenn ich mit Mia verabredet war, dann kam selbst ich inzwischen später, damit ich mich nicht aufregen und den Rest des Abends auf Mia sauer sein musste. So war ich leider gestrickt. Wenn ich mich über etwas geärgert hatte, wenn mich wer gekränkt hatte, so konnte ich das leider nicht so leicht wie andere wegstecken. Louisa behauptete, ich sei nachtragend. Doch das stimmte nicht. Ich konnte eben nur nicht so einfach wie andere Dinge vergessen. Wenn etwas dumm gelaufen war, dann dachte ich darüber noch lange nach. Teilweise Jahre später noch. Da konnte ich nichts dafür. Da kamen dann unvermittelt Erinnerungen, Bilder, Gefühle hoch, spürte ich die Kränkung, als wäre sie erst gerade eben erlebt. Das war eben so.
Mit etwas mulmigen Gefühlen betrat ich den Hof des besetzten Hauses. Ich hatte mich in den Tagen im Netz
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