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Treffpunkt Irgendwo

Titel: Treffpunkt Irgendwo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Fuchs
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musste schlucken. Len sah schrecklich aus. Einfach scheiße, Ella hatte nicht gelogen.
    »Was machst du hier?«, fragte er.
    »Ich…«, mir rutschte die Stimme weg und ich musste mich räuspern. »Ich habe nach dir gesucht.«
    »Echt?« Len sah mich ungläubig an.
    »Ja.« Ich versuchte, nicht auf diesen widerlichen Ausschlag in seinem Gesicht zu starren. »Ella hat gesagt, ich würde dich hier finden.«
    »Ella?« Lens Hand ging hoch zu seinem Hals, offenbar, um sich zu kratzen, doch auf halbem Weg stoppte er und die Hand senkte sich wieder. Wie um sie ruhig zu stellen, wanderten beide Hände in die Taschen seiner Lederjacke. »Sieht schlimm aus, nicht?«
    Ich nickte.
    »Ist aber harmlos«, erklärte Len. »Eine Bakterieninfektion. Impetigo sonst wie.« Er zeigte auf den Bus. »Nicht wirklich gefährlich, eher peinlich.«
    »Wieso peinlich?«
    »Weil, das kommt nur bei kleinen Kindern und Obdachlosen vor. Bei mangelnder Hygiene.«
    »Ach ja?«
    »Ist ansteckend. Ich habe es mir wohl bei Kai eingefangen.«
    »Geht das wieder weg?«, wollte ich aus naheliegenden Gründen wissen.
    »Vollständig, es bleibt auch nichts zurück«, beeilte sich Len zu antworten. »Keine Narben oder so. Die Ärztin sagte, wenn man das ordentlich behandelt, Antibiotika und so, dann ist das in einer Woche alles weg.«
    »Klingt gut.« Ich versuchte zu lächeln, und ohne groß über meine Worte nachzudenken, sagte ich: »Dann schlage ich vor, wir sehen uns lieber in einer Woche wieder.«
    »Wie meinst du denn das?«, fragte Len, die Stirn tief in Falten gelegt.
    »Na ja…« Ich verstummte.
    »Warum bist du eigentlich hier?«
    Ich zuckte mit den Schultern und schwieg, sah ihn einfach an und hoffte, dass er mich verstehen würde.
    Auch Len sagte nichts. Wir standen einfach da und sahen einander an. Dann sagte Len schließlich leise: »Das ist nicht gut.«
    »Ach, was soll’s!«, antwortete ich und hoffte, er würde das Zittern in meiner Stimme nicht bemerken.
    »Tja, wenn du meinst.« Er drehte sich um und wollte gehen.
    »Warte!«, rief ich, um ihn aufzuhalten.
    »Was denn?«, fragte er abweisend.
    »Wieder hier?«
    »Ne. Bock auf Kino?«
    »Klar.«
    »Hm, Donnerstag, Köpi137, Peliculosa, so um acht?«
    »Okay.« Ich nickte.
    Len nickte ebenfalls und verschwand in Richtung Kottbusser Tor. Er sah sich nicht einmal um.
    Damit es nicht so aussah, als würde ich ihm nachgehen, wartete ich einen Moment, bevor ich mich ebenfalls in Richtung Kotti aufmachte. Während ich die Treppe zur U1 hinaufging, hielt ich nach ihm Ausschau, konnte ihn aber nicht entdecken. In der U-Bahn, die durch Kreuzberg auf Stelzen fährt, anstatt wie der Name nahelegt unterirdisch, versuchte ich, über mein Handy herauszubekommen, was das für ein Kino war, das Len eben vorgeschlagen hatte. Der Name Peliculosa war mir total unbekannt. In den Kino-Verzeichnissen war nichts zu finden, erst als ich Köpi137 eingab, bekam ich einige Treffer.
    Ich folgte den Links und irgendwann, kurz bevor ich umsteigen musste, wurde ich fündig.
    Das hätte ich mir ja denken können, Len hatte mir natürlich ein Kino vorgeschlagen, das in einem selbst verwalteten besetzten Haus lag. Berlin-Mitte, an der Spree zwischen Mariannenplatz und Ostbahnhof gelegen.
    Aber okay, warum denn nicht, ich war noch nie in einem besetzten Haus gewesen. Und erst recht noch nie in einem Kino in einem besetzten Haus. Eigentlich war ich sogar erstaunt, dass die Hausbesetzerszene so aktiv war und sogar ein eigenes Kino auf die Beine stellte.
    Ich steckte mein Handy ein und stieg Möckernbrücke aus, mit der U7 musste ich nun eine Station weiter zu den Yorckbrücken und da dann in die S2.
    Von Kreuzberg nach Marienfelde oder umgekehrt war immer eine echte Reise. Und es wurde mit Len zusätzlich zu einer Exkursion mit ungewissem Ausgang.
    Hatte ich gehofft, eine Begegnung mit Len würde alles klären und mein aufgeregtes Bauchgrummeln beruhigen, wurde ich getäuscht. Sicher, ich war weitestgehend beruhigt, Len war offenkundig kein Junkie, von dem ekelhaften Ausschlag mal abgesehen, sah er gesund aus. Doch ebenso glücklich wie unsicher machte mich dieser eine Satz: »Das ist nicht gut.«
    Je mehr ich begriff, was dieser Satz alles beinhaltete, umso mehr fieberte ich unserer Verabredung entgegen. Ich würde ihm sagen, dass er sich um mich keine Gedanken machen musste, dass ich nicht Gefahr laufen würde, in seine Welt abzurutschen. Im Gegenteil, ich würde ihn da herausholen. Die nötige Kraft hatte ich, alles

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