Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Treffpunkt Irgendwo

Titel: Treffpunkt Irgendwo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Fuchs
Vom Netzwerk:
ausgiebig informiert. Das Köpi137 war ehemaliges Ostberlin, fast direkt an der Spree. Eine Gegend, die jahrzehntelang niemanden interessiert hatte. Schon über zwanzig Jahre lang war das Haus besetzt. Erst seit das Spreeufer sich zu einer hippen Gegend gewandelt hatte, kam es zu Problemen. Medienfirmen, Modelabels mit ihren Flagstores und szenige Restaurants bestimmten das Areal inzwischen. Es wurde, obwohl es da angeblich einen auf dreißig Jahre abgeschlossenen Mietvertrag gab, über Räumung gesprochen. Die Bewohner waren nervös, es gab Demos, Solidaritätsveranstaltungen, das war für die Leute ein großes Thema. Ich war echt überrascht, wie groß diese Hausbesetzerszene war. Bislang hatte mich das nie interessiert, bei uns in Marienfelde gab es so etwas nicht. Da hatte jeder sein Einfamilienhäuschen und die Verhältnisse waren geregelt.
    Nun an diesen Metallbarrikaden vorbei tatsächlich ein besetztes Gelände zu betreten, war komisch. Es sah irgendwie abenteuerlich aus. Links und rechts vom bunt bemalten Eingang klebten irgendwelche Zettel und Plakate, das Gelände war teilweise von einem alten Zaun umgeben, dazwischen Wellbleche und Gitter. Ein hohes, recht neu aussehendes, offen stehendes Metalltor führte auf eine Art Vorhof. Ein großes, frei stehendes Gebäude zeichnete sich im Licht einer einzelnen Straßenlampe gegen den hellen Berliner Nachthimmel ab. Hoch oben im obersten Stock hing eine bunte Lichterkette. Die Fassade des Hauses war unverputzt, die alten Backsteine jedoch mit Graffiti und Transparenten verziert. Alles so eigenartig kaputt. Links standen ein paar alte Wohnwagen, das musste die Wagenburg sein, von der die auf ihrer Page geschrieben hatten, alles war seltsam chaotisch, kaputt und doch irgendwie romantisch. In einer Tonne brannte ein kleines Feuer, das hatte ich bisher nur in New York in Filmen gesehen. Aber meine Eltern hatten das jetzt von ihrer Reise auch erzählt und mir erst noch am Nachmittag Bilder gezeigt. Echt der Hammer, einfach Großstadt, Wolkenkratzer und direkt daneben Slums. Da hatten auch Leute rund um solche brennenden Ölfässer gestanden.
    Auf dem Dach des vier- oder fünfstöckigen Hauses wehte eine schwarze Fahne im kalten Wind. Die Fenster im Erdgeschoss waren verbarrikadiert wie auch damals in dem Haus, aus dem Len geräumt worden war. Die Eingangstür zum Köpi137 war jedoch frei. Die Wände links und rechts des Eingangs waren besprüht, übermalt, erneut besprüht und wieder übermalt. Es sah genauso aus, wie in dem kurzen Clip bei YouTube. Dank diesen Clips aus dem Netz wusste ich auch genau, wo ich den Eingang zum Kino suchen musste. Er war etwas versteckt, ein Kellereingang mit der Überschrift »Zu den Vereinsräumen«.
    Zu meiner Überraschung wartete dort am Eingang bereits Len auf mich. Offenbar schon länger, denn er sah total durchgefroren aus.
    »Tag, Jana!«, begrüßte er mich.
    »Hallo, Len!«, antwortete ich und streckte ihm die Hand entgegen. Auf halber Strecke bemerkte ich, dass ich noch meine Handschuhe trug. Ich stoppte in meiner Bewegung und zog die Hand zurück und eilig den Handschuh aus. Ich wollte nicht, dass Len dachte, ich würde ihn nur mit Handschuhen anfassen. Von dem Ausschlag war fast nichts mehr zu sehen, nur noch eine leichte Rötung.
    »Wollen wir runter, ist scheißkalt.«
    »Gerne. Ist halt in Berlin so, da denkt man, es ist April, wird Frühling und dann kommt noch mal der Frost.«
    »Du sagst es.«
    Ich folgte ihm die Treppe hinunter durch die Tür und dann standen wir auch schon im Kinosaal.
    Was heißt Kino. Ein mittelgroßer Kellerraum mit ein paar Stühlen und einer vielleicht zwei Quadratmeter großen Leinwand. Ein paar Kerzen erleuchteten den Raum sowie die kleine Bar an der Seite. Eine lange Leuchtschnur ringelte sich um dichte Röhren, es war warm und irgendwie heimelig.
    »Ist ja nett hier!«, wunderte ich mich. »So habe ich mir das gar nicht vorgestellt.«
    »Ja, ist ganz okay. Warm und umsonst.« Len führte mich zu der zweiten Reihe von vorne und gab mir ein Zeichen, dass ich mich setzen solle. »Was willst du trinken?«
    »Was du trinkst.«
    Er nickte, ging zur Bar und kam mit zwei Flaschen Bier zurück.
    »Prost.«
    Wir stießen an.
    »Welchen Film sehen wir denn?«, fragte ich, obwohl ich das natürlich von der Webseite her wusste.
    »Eat the Rich!«, antwortete Len etwas wortkarg.
    »Ist der gut?«
    »Keine Ahnung.«
    »Da bin ich ja mal gespannt.«
    Während wir schweigend dasaßen, warteten und von

Weitere Kostenlose Bücher