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Treffpunkt Irgendwo

Titel: Treffpunkt Irgendwo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Fuchs
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umfunktionierten Teller lag das zerfledderte Taschenbuch, das ich schon neulich in Lens Reisetasche gesehen hatte. Fahrenheit 451 war der Titel. Das sagte mir gar nichts. Ich las den Klappentext. Irgendetwas von einem Feuerwehrmann mit Namen Montag, der Bücher verbrannte. Gelangweilt legte ich das Buch zurück.
    Erneut fiel mein Blick auf Lens Tasche. Und diesmal konnte ich nicht widerstehen. Ich stand auf und begann, mit den Händen die Tasche zu durchforsten. Schuhe, Wäsche, ein längliches dünnes und flaches Plastikteil. Ich zog es heraus und klappte die schwarze Brieftasche auf. Laut dem Ausweis hinter der Folie war Len am 3.8.1992 in Köpenick geboren. Auf dem Foto sah er ganz anders aus. Die Haare komplett kurz, fast rasiert, ein total anderes Gesicht. Sein Blick war hart, ausdruckslos. Wenn ich nicht gewusst hätte, dass es Len war, hätte ich gesagt, eine Fascho-Glatze.
    Hinter dem Ausweis steckten Fotos. Ich brauchte einige Sekunden, bis ich meine Neugierde erfolgreich bekämpft hatte, dann klappte ich die Brieftasche zu und vergrub sie wieder in den Sachen.
    Eilig und mit schlechtem Gewissen setzte ich mich auf das Sofa. Erneut nahm ich das Buch in die Hand, blätterte darin herum. Mir fiel auf, dass an manchen Stellen die Seiten oben eingeknickt waren, wie Lesezeichen. Und auf diesen derart markierten Seiten waren einzelne Passagen angestrichen.
    Verlangt keine Sicherheit, so ein Tier hat es in unserer Welt nie gegeben. Und wenn es das gäbe, dann wäre es mit dem Faultier verwandt, das tagaus, tagein mit dem Kopf nach unten am Ast hängt und sein Leben verschläft.
    Und ein paar Seiten weiter vorne war der Satz eingekringelt: Wir alle haben die richtigen Fehler gemacht, sonst wären wir nicht hier.
    Wenn das Buch wirklich Len gehörte, dann musste auch er diese Stellen markiert haben. Das verwunderte mich, so hatte ich Len nicht eingeschätzt. Als ich dies dachte, da wurde mir klar, dass ich eigentlich so gut wie gar nichts über ihn wusste. Wir hatten noch nie wirklich und ausführlich uns gegenseitig von unserer jeweiligen Vergangenheit erzählt. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, hatten wir uns bislang ausschließlich im Hier und Jetzt bewegt. Worauf, auf wen hatte ich mich denn eigentlich eingelassen? Wenn man es genau nahm, dann war er ein mir völlig Fremder, ein Unbekannter.
    Das war eigenartig. Und noch eigenartiger empfand ich, dass ich mir darüber noch nie Gedanken gemacht hatte.
    Noch während ich darüber nachdachte, ging der Schlüssel in der Tür und Len war zurück. Ich sprang vom Sofa auf und eilte ihm entgegen. Er trug zwei prall gefüllte Plastiktüten. Ich nahm ihm eine ab und stellte sie auf den Küchentisch.
    »Großeinkauf, oder was?«, scherzte ich und freute mich innerlich total. Wenn Len auf Vorrat einkaufte, dann hatte er wirklich den Plan hierzubleiben.
    »Na ja, es fehlte ja doch einiges.« Len begann, die Taschen auszuräumen. »Butter, Äpfel, Zwiebeln, Shampoo, drei Packungen Mirácoli, Präservative…«
    »Gut, dass du dran gedacht hast.« Ich boxte ihn in die Seite. »Ich hatte das auch vorgehabt, aber dann doch vergessen. Was ist denn das hier?« Ich hielt ihm eine Packung Haarfärbemittel »Blond« vor die Nase.
    »Für meinen Iro, der muss mal wieder nachgefärbt werden. Der Ansatz ist rausgewachsen.«
    »Du färbst dir also echt die Haare.«
    »Klar. Die meisten Punks sind nicht naturblond«, erwiderte er leicht genervt. »Auch wenn das jetzt schräg rüberkommt, ist halt so.«
    »Nee, ist ja nicht schlimm, nur irgendwie… denkt man das nicht.«
    »Ich dachte, du könntest mir eventuell dabei helfen. Zu zweit geht das leichter«, schob er kleinlaut nach. »Nur, wenn es dich nicht nervt.«
    »Iwo«, ich musste kichern. »Habe ich nur noch nie gemacht…« Aus meinem Kichern wurde ein Lachen. Die Vorstellung, gleich im Badezimmer von Herrn Schultze zu stehen und Len den Iro blond zu färben, war einfach zu schräg. Ich hatte mit viel an diesem Tag gerechnet, aber nicht damit.
    »Was denn, wir können es auch lassen«, beschwerte sich Len.
    »Ne, ne, ist schon okay. Wollen wir vor dem Essen oder danach…« Ich konnte mich nicht beherrschen und brach in einen völlig hysterischen Lachanfall aus. Ich musste an Kathi denken, der ich einmal beim Haarefärben geholfen hatte. Die Vorstellung, dass Len mit Handtuch über den Schultern und der Haarfarbe auf dem Kopf mir beim Essen gegenübersitzen würde, war lächerlich.
    »Du dummes Huhn!«, fuhr mich Len gespielt wütend

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