Treffpunkt Irgendwo
ab, dann, dann werde ich da nicht schweigend zusehen. Eben weil ich mit drinstecke.«
»Machst du dir Sorgen um mich?«
»Du etwa nicht?«
Über die Bemerkung von Mia konnte ich zwar in ihrer Gegenwart schnell hinweggehen, doch als ich allein im Wohnzimmer auf dem Sofa saß, kam der Satz mit aller Gewalt zurück.
Sorgen um mich.
Dass ich mir um mich Sorgen machen musste, das war mir nicht bewusst gewesen. Vielmehr hatte ich erfolgreich verdrängt, dass ich genau dies bereits tat. Ich hatte mir und Mia einreden können, dass ich mich um Len sorgte, womöglich noch um uns und unsere unglückliche Liebe. Aber nun musste ich mir eingestehen, dass es um mich ging.
Was war los mit mir? Was ging von diesem Kerl aus, dass ich so Gefahr lief, mich in ihm zu verlieren. Ole hätte verdursten können, nie wäre ich raus in die Kälte, um für ihn Bier zu kaufen. In welchem Umfeld bewegte ich mich inzwischen eigentlich? Das waren wirklich Junkies, Autowäscher, Kiffer, Penner. Und ja, Len wurde von der Polizei gesucht. Er selbst sagt, dass er im Knast landen würde, weil gegen ihn so viel vorliegen würde. Wie würde das mit uns weitergehen? Angenommen, er würde nicht abtauchen können, er würde im Knast landen. Würde ich ihn dann in Tegel besuchen? Ich, Jana aus Marienfelde?
Das war alles so schrecklich, ich wollte mir das nicht weiter ausmalen.
Aber vielleicht würde es ja auch ganz anders kommen, vielleicht gab es ja auch für Lens Probleme eine Lösung. Hatte doch bei mir auch geklappt. Die Angelegenheit mit dem Kessel war nach einem Telefonat meines Vaters mit seinem Doppelkopfmitspieler erledigt gewesen. Vielleicht sollte ich den einfach mal sprechen.
Ich fand die Nummer von Robert, dem Richter, in unserem Familientelefonbuch. Auch seine Handynummer hatte mein Vater, sorgfältig wie er war, eingetragen. Bevor ich es mir anders überlegen konnte, rief ich Robert an.
Ich hatte Glück, er war im Auto unterwegs zu einem Termin. Ich kannte Robert von Festen meiner Eltern, er war echt freundlich. Ich erzählte ihm, worum es ging. Dass ich einen Jungen kennengelernt hätte, der Hausbesetzer sei, und ich Roberts Hilfe brauchen würde. Nun sei es so, dass der Kerl in einer Zwickmühle sei. Er würde gerne aus der Szene raus, behauptete ich, hätte aber Angst, dass gegen ihn was Schwerwiegendes vorliegen würde. Und ich hätte den Eindruck, dass er, wenn er jetzt nicht aussteigen würde, erst richtig in die Scheiße geraten würde. Falsche Freunde und so. Aber einfach so nachfragen bei der Polizei ginge ja auch nicht, da hätte er Schiss, eventuell gleich verhaftet zu werden. Ob er mal netterweise nachfragen könnte. Ich versicherte ihm, dass Len sicher nur in irgendwelche dummen Dinger geschlittert sei, so wie ich damals auch, zur falschen Zeit am falschen Ort.
Robert hörte sich meine Geschichte geduldig an, dann ließ er sich von mir Lens Nachnamen geben und versprach, sich bei mir zu melden. Und er versprach mir auch, dass er nicht mit meinem Vater über diese Angelegenheit reden würde.
Nach dem Telefonat war ich sehr zufrieden mit mir. Das war endlich einmal wieder die Jana, die ich kannte und mochte. Die junge Frau, die Probleme erkannte und anging. Die nicht einfach dasaß, die Augen zukniff und jammerte. So war ich nicht, ich war eine Macherin. Und es gab keinen Grund, warum ich nicht wieder ich selbst sein sollte. Ich hatte keine Probleme, ich hatte Lösungen.
Da es Freitagnachmittag war, packte ich kurz entschlossen mein Sportzeug und bin ins Training. Was es in meinem Leben für Neuigkeiten gab, hatte sich glücklicherweise noch nicht bis dort herumgesprochen, sodass ich anderthalb total entspannte Stunden hatte. Demonstrativ ließ ich meine Tasche mit den Sportsachen unten an der Treppe stehen, die nassen Sportsachen über den Stuhl gelegt. Und als, wie jeden Freitag um 16:30 Uhr, meine Mutter unten die Tür aufschloss, war ich am Klavierüben.
»Du warst im Basketball?«, begrüßte sie mich.
»Klar. Ist doch mein Team. Wir haben am Sonntag ein Spiel.«
Es war offensichtlich, wie sie diese Antwort freute.
»Hast du was gegessen?«
»Ja, habe ich.«
»Soll ich uns einen Tee kochen?«
»Warum nicht.« Ich zuckte mit den Schultern. »Ich übe noch fertig, dann komme ich.«
Als ich die Küche betrat, dampften schon zwei Tassen Grüner Tee auf dem Tisch.
»Und, wie war dein Tag?«
»Gut. Und deiner?«
»Auch gut.« Meine Mutter griff nach ihrer Tasse. »Das mit Papa, da musst du jetzt durch. Du
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