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Treffpunkt Irgendwo

Titel: Treffpunkt Irgendwo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Fuchs
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gestern wieder wild rumtelefoniert. Bei mir, bei Louisa, Kathi, die haben komplett Alarm gegeben. Vorhin hat mich Louisa angesprochen, die weiß über alles Bescheid. Deine Eltern haben allen erzählt, dass du mit einem von der Straße zusammen bist. Sie wollten wissen, ob wir den kennen, wo der zu finden ist. Jana, wenn das herauskommt, dass ich dir den Schlüssel gegeben habe…« Sie brach abrupt ab, dann zischte sie noch: »Später!«
    »Hallo, Jana!« Louisa und mit ihr Franzi und Kathi hatten uns gefunden.
    »Hallo. Na?«
    »Was hast du denn da für eine Story am Laufen«, eröffnete Louisa ihr Verhör. »Du bist mit einem Obdachlosen zusammen?«
    »Blödsinn«, fauchte ich.
    »Gut, Exhausbesetzer eben.« Louisa schob sich näher an mich heran. »Jana, wir machen uns Sorgen um dich. Wir sind doch deine Freundinnen, mit uns kannst du doch reden. Wir haben doch damals in der Achten Christiane F. als Lesetagebuch durchgenommen. Jana, du weißt doch, wie schnell jemand abrutschen kann.«
    »Das Buch war scheiße und ich bin absolut nicht drogengefährdet!«, brach es aus mir raus. »Das Teil ist über dreißig Jahre alt und hat nichts mit dem echten Leben von Straßenkindern zu tun. Len ist kein Junkie!«
    »Straßenkinder?«, mischte Franzi sich ein. »Ist dein Len noch ein Kind?«
    »Nein. Len ist achtzehn«, erklärte ich. »Und er ist auch nicht mein Len.«
    »Immerhin warst du ja über Nacht bei ihm«, übernahm wieder Louisa und musterte mich. »Hattest du diese Sachen nicht schon gestern an. Hast du überhaupt geduscht?«
    »Louisa, du bist so eine Arschkuh.« Ich drehte mich um und rannte von ihnen weg.
    »Also wohnst du dann bald auch am Zoo«, rief sie mir nach.
    Als ich nach der Pause den Physikraum betrat, machte mir ein Blick über die nach oben ansteigenden Bankreihen klar, alle wussten Bescheid. Louisa hatte ganze Arbeit geleistet. Ich schob mich neben Zerved auf einen freien Platz in der ersten Reihe und versuchte, die neugierigen Blicke in meinem Rücken zu ignorieren.
    »Ist das wahr?«, zischte mir Zerved zu, während Herr Hobe vorne seinen Versuchsaufbau erläuterte.
    »Was?«
    »Dass du mit einem Junkie zusammen bist.«
    »’n Scheiß.«
    »Also nicht wahr?«
    »Nein.«
    »Okay. Wollt’s bloß von dir selbst hören.«
    Nicht nur meine Klasse, ebenso der Rest der Schule war kurze Zeit später informiert. Es war die Hölle. Ich hatte das Gefühl, dass sie mich alle beobachteten und über mich redeten. So etwas hatte ich noch nie erlebt, damit hatte ich nicht gerechnet, darauf war ich nicht vorbereitet. Warum waren die so?
    »Weil das die Story schlechthin ist. Sonst passiert doch nicht viel«, bot mir Mia auf unserem gemeinsamen Heimweg als Erklärung an. »Ich kriege ja mit, was die so reden. Die meisten finden das einfach erst einmal spannend.«
    »Spannend?«
    »Als wenn du mit einem Außerirdischen zusammen wärst. Das ist für die eine andere Welt. Da knallen im Kopf die Pop-ups nur so auf. Freiheit, Drogen, cool abhängen, das fasziniert. Die sind neidisch!«
    »Echt?«
    »Logisch, das war doch damals auch bei den Kindern vom Bahnhof Zoo so. Gab es doch auch Krach bei uns in der Klasse mit den Eltern. Erinnerst du dich nicht mehr? Das sei natürlich abschreckend gemeint, aber das sei doch auch faszinierend, gerade für Jugendliche, haben da doch einige Eltern Frau Mertens vorgeworfen. Abenteuer, keine Schule, der Reiz, anders zu leben, sich voller Selbstmitleid in Drogen zu verlieren und so weiter und so weiter.«
    »Aber wieso denn neidisch?«
    »Weil das irgendwie faszinierend ist. Eben nicht der brave Kerl aus der Parallelklasse. Nein, ein cooler Punk, ein Hausbesetzer, jemand, der von der Polizei gesucht wird. Jana, das ist besser als jede Fernseh-Doku. Das würden sich nicht viele trauen.«
    »Warte mal!« Ich packte sie an der Schulter. »Wer sagt, dass Len von der Polizei gesucht wird.«
    »Weiß ich nicht. Aber sagen sie.«
    »Len wird nicht gesucht.«
    »Aber Stress mit den Bullen hat er, das hast du gesagt.«
    »Das war anders gemeint«, rief ich verzweifelt. »Mia, du hast ihn doch kennengelernt. Du weißt, wie er ist.«
    »Darf ich den anderen etwa sagen, dass ich ihn kenne?«, fragte Mia erwartungsvoll.
    »Nein, keinesfalls. Je weniger die wissen, umso besser«, beeilte ich mich zu sagen. »Mia, ich verlasse mich da auf dich.«
    »Logisch…«, Mia zögerte. »Aber Jana, eins sage ich dir auch, eben weil ich da mit drinstecke. Wenn ich das Gefühl bekomme, du… du driftest

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