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Treffpunkt Irgendwo

Titel: Treffpunkt Irgendwo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Fuchs
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interessierte es mich auch nicht wirklich. Sie waren jedenfalls in den Tagen danach alle da. Halfen mir, indem sie bei mir auftauchten, sich einfach um mich kümmerten. Stellten keine Fragen, waren einfach da und lenkten mich ab. Auch meine Eltern machten es mir leicht. Nicht ein Wort des Vorwurfes kam von ihnen. Nicht einmal von meinem Vater. Aber wieso auch. Ich hatte meine Lektion gelernt, hatte endlich begriffen, worauf ich dummes, naives Huhn mich eingelassen hatte. Mia, wer auch sonst, hatte es auf den Punkt gebracht.
    »Ich war gestern noch einmal in der Bredowstraße«, begann sie eines Morgens auf dem Schulhof.
    »Ach?«, sagte ich abwehrend. Ich wollte nichts davon hören, das alles war vorbei, hatte nichts mehr mit mir zu tun. Ich war wieder ich. Jana aus Marienfelde. Hatte mein Leben im Griff.
    »Ja, sieht übel aus.«
    »Was du nicht sagst.«
    »Mit meinem Vater, gestern stand nämlich überraschend die Polizei bei uns vor der Tür.«
    »Die Polizei? Und?«, hakte ich nach, nun doch interessiert.
    »Ja, na ja, ich war ja schon am Tag… danach noch einmal in der Wohnung gewesen, kontrollieren, ob sie auch wirklich weg sind. Sah schlimm aus.«
    »Aber wieso dann jetzt die Polizei?«
    »Die haben da so eine Art Hausmeister. Ein alter Kerl, dem ist aufgefallen, dass am Schloss der Tür plötzlich Kratzer waren.« Mia löffelte, während sie mir das erzählte, ihren Obstsalat aus der Tupperbox. »So, als ob sich da welche mit einem Schraubenzieher am Schloss versucht hätten. Er hat dann die Polizei gerufen und die meinen Onkel informiert und der meinen Vater. Wegen des Schlüssels. Der war ja inzwischen wieder ordnungsgemäß an seinem Platz im Aktenordner.«
    »Und dann?«
    »Tja, scheint so zu sein, als ob da welche versucht haben einzubrechen. Die Polizei ist dann zuerst rein, danach durften wir, und so wie es in der Wohnung aussieht, sind wirklich irgendwelche Leute rein und haben ein paar Tage gehaust.« Mia erzählte das in einem ganz normalen Tonfall. »Die Polizei sagt, das passiert öfters. Irgendwelche Penner, die in Gartenlauben einbrechen und so. In leer stehende Wohnungen sei eher selten. Aber vermutlich haben die gewusst, dass der Mieter inzwischen verstorben ist. Mein Onkel lässt jetzt die Wohnung leer räumen und renovieren.«
    »Das ist alles?«
    »Ja.« Mia zuckt mit den Schultern. »Wobei ich mir natürlich erklären kann, woher diese Kratzer kommen.«
    »Wie?«
    »Nun ja, ich bin ja nicht blöd, die sind von mir.«
    »Von dir?«, staunte ich.
    »Glaubst du, ich hatte Lust auf Stress mit meinem Vater? So sind alle zufrieden.« Sie grinste vergnügt.
    »Du bist mir eine.«
    »Man muss sich zu helfen wissen.«
    »Dann danke.«
    »Wofür?« Mia lächelte. »Wenn man es genau nimmt, eigentlich ist ja niemand zu Schaden gekommen. Und wenn man es noch genauer nimmt, dann hat es doch eher alles zum Guten gewendet.«
    »Wie meinst du das?«
    »Na ja, es hat dir die Augen geöffnet. Du weißt nun, dass man so jemanden wie Len nicht retten kann. Der ist, wie er ist.«
    »Ja, vermutlich hast du recht.«
    »Erinnerst du dich an die Fabel mit dem Frosch und dem Skorpion, die wir vor Jahren mal in der Schule gelesen haben?«
    »Keine Ahnung.« Ich hatte auch keine Lust auf irgendeine lehrreiche Geschichte. Doch Mia erzählte sie mir dennoch. Ich glaube, für sie war das alles einfach nur ein großes Abenteuer, ein bisschen wie eine Geschichte aus dem Fernsehen. Auf jeden Fall ging die Fabel, die Mia mir auftischte, so:
    Ein Skorpion trifft am Ufer eines Flusses einen Frosch und fragt, ob der Frosch ihn ans andere Ufer bringt. Der Frosch sagt: Ich bin doch nicht bescheuert. Wenn wir auf dem Wasser sind, dann stichst du mich und dann sterbe ich. Darauf der Skorpion: Nein, das ist doch nicht logisch, dann gehe ich doch auch unter.
    Das leuchtet dem Frosch ein. Der Skorpion steigt auf seinen Rücken, der Frosch schwimmt los und dann, mitten im Fluss sticht der Skorpion den Frosch.
    »Scheiße, jetzt hast du mich ja doch gestochen, jetzt sterben wir beide. Wieso hast du das getan?«, schreit der Frosch. »Ich weiß nicht«, antwortete der Skorpion, »aber ich bin ein Skorpion und Skorpione stechen nun mal.«
    »Weißt du, so ist das auch mit Len. Er ist, wie er ist, und das ist einfach nichts für dich. Er hat dich nur runtergezogen.«
    »Vermutlich hast du recht.«
    Ein weiteres Mal gelang es Mia, mich aufzubauen und zu trösten.
    Ich war ernsthaft verwundert darüber, wie leicht es mir fiel, mein altes

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