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Treffpunkt Irgendwo

Titel: Treffpunkt Irgendwo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Fuchs
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Zombie. Und das will ich nicht, Jana. Das will ich nicht.«
    »Als du da auf dem Sofa gesessen hast, da warst du wie Mildred, die Ehefrau von Montag«, sagte ich leise.
    »Du hast das Buch gelesen?«, entfuhr es Len erstaunt.
    »Ja, nicht nur ein Mal.«
    »Dann verstehst du mich…«
    »Ich war ein paar Mal in der Bredowstraße, um dir genau das zu sagen. Aber du warst nie da!«
    »Weil ich aus diesem Loch rausmusste. Wenn du dabei warst, dann konnte ich das Eingesperrtsein aushalten. Wenn du weg warst, dann wurde ich fast verrückt.«
    »Ehrlich?«
    »Ehrlich. Jana…« Len schluckte. »Auch wenn das mit uns nichts werden kann, aber du sollst wissen…«
    »Ach, was soll’s. Komm rein«, unterbrach ich ihn, ohne dass ich es wollte.
    »Willst du das wirklich?«, antwortete Len, aber das Leuchten in seinen Augen machte mir nur noch mehr klar, wie sehr ich es doch wollte. Ich wollte Len, hier und jetzt und für alle Ewigkeit.
    Er hatte kaum das zweite Bein ins Zimmer gestellt, da umarmte ich ihn stürmisch. Ich hatte mich so nach ihm gesehnt und jetzt, da ich ihn wieder in meinen Armen hielt, wollte ich ihn nie wieder loslassen. In mir war ein Begehren, das mich verrückt machte. Irgendwie schaffte ich es noch, leise meine Tür abzuschließen, auch wenn das nicht nötig gewesen wäre. Meine Eltern vertrauten mir inzwischen wieder. Und dann versank ich in seinen Küssen und bekam nichts mehr mit.
    »Und nun?«, fragte Len irgendwann, es war kurz nach zwei Uhr morgens.
    »Keine Ahnung.«
    »Du meinst, wir haben sowieso keine Zukunft, also wieso sich Stress machen?«
    »So ungefähr«, murmelte ich müde.
    »Damit kann ich leben.«
    »Ich auch.«
    Len entzog sich mir vorsichtig. »Ich werde dann jetzt gehen!«
    »Ist vermutlich besser.«
    »Schlaf gut!« Er beugte sich noch einmal zu mir runter und ich umklammerte ihn, zog ihn zu mir und wir küssten uns. Der Kuss schmeckte so wie der damals, unser zweiter, vor dem besetzten Haus.
    »Pass auf dich auf.«
    »Wo wohnst du momentan?«, fragte ich.
    »Humboldthain, unterhalb des alten Bunkers. Ist ganz okay.«
    »Und tagsüber Alex?«
    »Wo sonst.« Er schwang sich aus dem Bett und zog sich an. Es war schön, ihm dabei zuzusehen, zu wissen, dass es ihn gab, dass es ihn und mich gab. Auch wenn das nichts mit Zukunft war. Es war dennoch schön und es gab keinen Grund, deswegen traurig zu sein.
    »Wir sehen uns!«, flüsterte er zum Abschied.
    »Wir sehen uns«, sagte ich glücklich.
    Len schwang sich aus dem Fenster aufs Dach, ich hörte ihn an der Regenrinne, ein leises Au!, dann war er weg.
    Ich drehte mich auf die Seite und schlief wenig später ein.
    Ein lautes Klopfen an meiner Zimmertür machte mich nach ein paar Stunden wieder wach.
    »Jana, alles okay? Warum hast du abgeschlossen?«, rief meine Mutter besorgt, und um gar nicht erst Verdacht aufkommen zu lassen, warf ich mir schnell ein Shirt über, sprang aus dem Bett und schloss ihr auf.
    »Habt ihr das nicht gehört«, sagte ich, kaum dass sie im Zimmer war und erleichtert festgestellt hatte, dass mein Bett leer war. »Da war voll der Durchzug. Die ganze Nacht hat die Scheißtür geklappert. Immer wieder ging die auf. Papa muss sich da echt mal drum kümmern. Ich habe keinen Bock, jede Nacht meine Tür abzuschließen, nur damit ich schlafen kann.«
    »Klar, Papa wird sich darum kümmern. Los, du hast Schule.«
    »Ja, klar, weiß ich doch, Mama.«
    »Du siehst heute irgendwie… ausgeschlafen aus«, wunderte sie sich, als ich mit ihr ins Bad trat.
    »Ja, mir geht es echt wieder gut.«
    »Das ist schön.«
    »Du glaubst gar nicht, wie gut, Mama.«
    Auf dem Weg zur Schule fiel mir dann ein, dass ich vergessen hatte, Len etwas Wichtiges zu sagen. Etwas elementar Wichtiges, lebenswichtig. Er wurde gesucht, er musste verschwinden. Len durfte nicht im Gefängnis landen. Eingesperrt in einer Zelle würde er zerbrechen, verrückt werden und ich auch.
    Ich war erst versucht, direkt zu ihm zu gehen, die Schule zu schwänzen. Doch das hätte Probleme gegeben, Mia, meine Freundinnen, meine Eltern. Wenn ich das getan hätte, wären bei denen sofort die Alarmglocken angegangen. Und so wie Mia drauf war, hätte die sogar, um mich zu schützen, selbst die Polizei auf Len gehetzt. Ich hatte mich sowieso schon ein paarmal in der letzten Zeit gewundert, dass sie das nicht schon längst gemacht hatte. Mit der Wohnung hätte sie ihn fertigmachen können. Vermutlich hatte sie es nicht getan, weil sie dachte, besser keine schlafenden Hunde

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