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Treffpunkt Irgendwo

Titel: Treffpunkt Irgendwo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Fuchs
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interessierte mich nicht mehr. Mir doch egal, ob ich vor die Hunde gehen würde. Wenn ich nicht mit Len zusammenleben durfte, wollte ich lieber gar nicht leben.
    Am Freitag blieb ich im Bett. Sollten meine Eltern doch sagen, was sie wollten, ich drehte mich einfach nur zur Seite.
    Ebenso am Samstag. Ich war nur noch müde, ich machte auch die Rollläden nicht mehr auf, ich gab auf. Selbst das Herumblättern im Buch stellte ich ein.
    Len kam nicht.
    Er würde nie kommen.
    Len war weg und ich war allein.

Kapitel 16
    U nvermittelt stand Mia in meinem Zimmer. Sie schaltete das Licht an und fuhr mich barsch an: »Los, du stehst jetzt sofort auf!«
    »Spinnst du?«, nuschelte ich und verkroch mich unter der Decke.
    »Du spinnst. Und ich habe jetzt keinen Bock mehr auf diese Scheiße.«
    »Hau ab.«
    »Nein.« Mia trat an mein Bett und packte mich am Arm. »Das hört jetzt auf.«
    »Nein!«
    »Logisch, ich war bei Len!«
    Ich erstarrte unter meiner Decke. »Wie, du warst bei Len?«
    »Ja, ich war in Moabit.« Mia zog die Decke weg.
    »Echt?«
    »Echt.«
    »Wie… wie geht es ihm… wieso?«, stammelte ich.
    »Ich habe mit deinem Vater gesprochen, er fährt uns zu ihm.«
    Ich dachte, nun spinnen alle. Aber tatsächlich, mein Vater wartete unten auf uns mit dem Autoschlüssel in der Hand.
    »Danke, Papa!«, sagte ich unsicher.
    Er hat bloß genickt.
    Dass es bereits schon wieder dunkel draußen und nach zehn Uhr war, hatte ich nicht mitbekommen. Unsere Fahrt quer durch das nächtliche Berlin war eigenartig. Vor einem halben Jahr noch hätten wir uns um diese Zeit aufgemacht, um vielleicht nach Berlin reinzufahren, etwas trinken zu gehen und dann einen Club zu besuchen. Heute schien mir das weit weg. Es war ungemütlich draußen und die Lichter rauschten nur so an mir vorbei. Wir fuhren die Potsdamer Straße entlang, am Brandenburger Tor vorbei, dem Kanzleramt, vorbei am Moabiter Gefängnis.
    Wir schwiegen. Anfangs hatte ich Mia wieder und wieder gefragt, wie es Len gehe. Sie hatte geantwortet: »Gut!«, und als ich weiter gedrängt hatte, Genaueres wissen wollte, da hatte sie nur gesagt: »Sieh es dir selbst an.«
    »Wir sind da! Ich warte wohl besser hier auf euch.« Mein Vater fuhr in der Bredowstraße an den Bürgersteig und machte den Motor aus.
    Mia öffnete die Tür, zog mich aus dem Auto. Mir war schwindelig, ich verstand nicht, was hier abging. Es war eine ganz bizarre, eigenartige Stimmung, ich hatte einfach ein unglaublich schlechtes Gefühl.
    Mia und ich sind die Treppe hinauf und dann stand ich vor der Tür. Dass Len da war, war zu hören, laute Geräusche drangen aus der Wohnung. Ich klingelte.
    Nichts passierte.
    Ich klingelte erneut.
    Wieder keine Reaktion.
    Mia trat neben mich und begann, mit der Faust gegen die braune Holztür zu hämmern, da, endlich ging die Tür auf.
    Doch zu meiner Überraschung war es nicht Len, der uns öffnete. Vor mir stand ein Kerl mit einem langen Ledermantel, einer der Punks, mit denen Len immer am Alex herumgehangen hatte.
    »Was denn?«, fuhr er mich an.
    »Ich will zu Len!«
    »Hinten!« Ich schob mich an ihm vorbei in den Flur und dann blieb mir fast die Luft weg. Die Tür zum Schlafzimmer von Herrn Schultze stand offen, das Zimmer und das Bett waren verwüstet. Der große Kleiderschrank war ausgeräumt, die Kleidungsstücke und die Bettwäsche lagen wild verstreut im Zimmer herum. Auch der Flur war ein einziges Chaos, die Sachen aus den Regalen lagen auf dem Boden, man musste über die Zeitschriften, Kisten und Bücher hinwegsteigen. Während ich mich den Flur entlangarbeitete, fiel mein Blick in die Küche. Links neben dem Herd stapelte sich ein Berg geöffneter Dosen, in der Spüle türmte sich dreckiges Geschirr. Der Herd war versifft, alles war einfach nur ekelhaft.
    Doch es sollte noch schlimmer kommen.
    Ich schob die Tür zum Wohnzimmer auf und musste husten. Dichter, süßlicher Qualm kam mir entgegen, es roch nach Katzenpisse. Und da saß Len. Mitten auf dem Sofa, links von ihm Ella, daneben Zora mit ihrem Hund und vier Punks, die ich zwar schon einmal gesehen hatte, deren Namen ich aber nicht kannte. Auf dem Couchtisch stand eine gigantische Bong, daneben geöffnete Chipstüten und unzählige Bierflaschen.
    Der alte Fernseher lief und mit glasigen Augen waren diese Schmarotzer am Glotzen.
    »Len!«, schrie ich voller Wut.
    Erst jetzt bemerkte er mich, zuckte zusammen, hievte sich hoch und kletterte über den Tisch zu mir. Ella, die neben ihm gesessen hatte, feixte

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