Treffpunkt Las Vegas
weiße Etwas, das auf dem Kopfkissen iag. Es war ein an mich adressierter, verschlossener Brief. Er war frankiert. Anscheinend war Helen nicht ganz davon überzeugt gewesen, ob ich noch einmal in die Baracke zurückkehren würde, und hatte vorgesorgt, daß ich den Brief gegebenenfalls mit der Post erhielt.
Mit bebenden Händen riß ich den Umschlag auf und las:
Donald, mein Lieber!
Ich glaube, dies ist der einzige und beste Weg für uns beide. Du führst Dein Leben und ich das meine. Beide lassen sich nicht miteinander vereinbaren, jetzt nicht und auch in Zukunft nicht. Ich muß fort von hier! Das Geld, das ich Dir gestern gab, stammt aus Automaten. Dabei hat mich ein Detektiv beobachtet. Ich bin ihm zwar entwischt, aber man wird jetzt energisch nach mir suchen. Während Deiner Abwesenheit habe ich mit Louie gesprochen. Er ist ziemlich weit in der Welt herumgekommen und kann sich gut in meine Lage hineinversetzen. Um im »Automatengeschäft« bleiben zu können, bin ich auf einen Mann angewiesen, der notfalls seine Fäuste gebrauchen kann und sich in dieser Branche gut auskennt. Louie sieht die Dinge genau wie ich. Sei bitte davon überzeugt, Donald, daß es eine rein geschäftliche Partnerschaft werden wird. Das ist klar zwischen uns abgesprochen worden. Mit Louie werde ich auch nicht so viel Ärger haben wie mit Pug. Louie weiß, wem mein Herz gehört, und er verehrt Dich viel zu sehr, um sich mir aufzudrängen.
Sicher weißt Du inzwischen über Pug Bescheid. Vielleicht warst Du auch schon die ganze Zeit über im Bilde: Es ging um Sein oder Nichtsein. Entweder er oder wir beide. Pug bewahrte die Pistole bei mir im Schreibtisch auf, zusammen mit einigen Papieren und anderen Gegenständen, die er in seinem möblierten Zimmer nicht herumliegen lassen wollte. Als er dann so wahnsinnig eifersüchtig wurde, versteckte ich die Pistole im Geschirrschrank in der Küche. Ich nahm an, daß er sie dort nie suchen würde. Nachdem er uns beide auf der Straße zusammen gesehen und den Zusammenstoß mit der Polizei gehabt hatte, eilte er in meine Wohnung und versteckte sich im Badezimmer.
Als ich kurz nach neun Uhr die Wohnung betrat und das Licht im Zimmer einschaltete, kam Pug, rasend vor Eifersucht, aus dem Bad herausgeschossen und ließ sich durch nichts mehr beruhigen. Ja, er schwor sogar, daß er Dich und mich umbringen würde. Mich beschuldigte er noch, daß ich ihn an die Polizei ausliefern wollte. Dann schlug er auf mich ein und sprang zum Schreibtisch, um die Pistole hervorzuholen. Ich hastete zur Tür hinaus. Er folgte mir nach. Glücklicherweise erreichte ich die Küche zuerst und schlug die Tür hinter mir zu, konnte sie jedoch nicht mehr abschließen. Wir zerrten eine Weile an der Tür hin und her, doch es gelang ihm bald, sie aufzustoßen, und ich fiel rückwärts gegen das Spülbecken. Ich riß die Tür vom Küchenbüfett auf und griff nach der Pistole.
Er stürzte sich auf mich. Da schoß ich in Notwehr auf ihn. Ich bedauere meine Tat nicht. Es blieb mir keine andere Wahl. Nach dem Gesetzbuch, nach der bürgerlichen Gesellschaftsordnung, zu deren Hütern Du ja auch gehörst, hätte ich die Polizei benachrichtigen und ihr meine Geschichte erzählen müssen. Dort hätte man mich nach allen Einzelheiten ausgequetscht und gefragt, wovon ich meinen Lebensunterhalt bestreite; man hätte in meiner Vergangenheit herumgewühlt und mich schließlich als Kronzeugin dabehalten. Das alles wäre für mich sehr unangenehm gewesen. Daher zog ich es vor, die Wohnung zu verlassen. Die Korridortür ließ ich offenstehen; vorher hatte ich mich noch davon überzeugt, daß meine Nachbarn, Du kennst sie ja, die Clutmers, nicht zu Hause waren. Die Pistole ließ ich verschwinden, so daß sie niemand mehr finden wird.
Ich schwor mir, es niemals einem Menschen zu erzählen. Aber Dir gegenüber kann ich es nicht verschweigen. Ein paar andere Dinge sollst Du auch noch erfahren. Das Mädchen mit der Kaninchennase war Eloise Dearborne. Sie ist mächtig hinter Philip Whitewell her. — Die Heirat mit Corla wollte man unbedingt verhindern, und so beauftragte man Detektive, um Corlas Vergangenheit auszuschnüffeln. Sie förderten dann auch alles ans Tageslicht, vor allem die Existenz von Sid Jannix. Ich kannte ihn nur unter dem Namen Harry Beegan und nannte ihn einfach Pug, weil er früher im Boxring stand.
Ich glaube, den Brief an Corla hat Pug geschrieben und meinen Namen daruntergesetzt. Unterschriften fälschen konnte er recht gut. Er
Weitere Kostenlose Bücher