Treffpunkt Las Vegas
müsse Miss Burke in ziemliche Aufregung versetzt haben. Die Sache hat mir übrigens keine besondere Arbeit verursacht. Ich hatte die Framley schon nach einem halben Tag gefunden. Sie war erst zwei oder drei Wochen hier und wohnte in einem Apartment. Sie sagte mir, sie wisse von nichts, kenne keine Corla Burke, habe ihr nie einen Brief geschrieben und könne mir daher auch nicht im geringsten helfen.«
»Und wie ging die Sache weiter?«
»Das ist alles. Mehr war aus ihr nicht herauszuholen.«
»Schien Miss Framley ängstlich, oder machte sie Ausflüchte?«
»Eigentlich nicht. Sie erzählte mir ganz offen, sie wisse nichts von dem Brief, und schien ziemlich uninteressiert zu sein.«
»Kennen Sie diese Corla persönlich?« fragte ich.
Sein Blick wanderte wieder; diesmal aber nicht zu seiner Mutter, sondern zu Eloise. »Ich habe sie kennengelernt. Philip hat mich ihr vorgestellt.«
»Sie wußten doch, daß Philip sie heiraten wollte?«
Odgen gab darauf keine Antwort. Statt seiner antwortete Eloise: »Ja, wir wußten es.«
Ich drang weiter in ihn: »Whitewell gab mir die Adresse von Miss Framleys Wohnung. Ich nehme an, er hat sie von Ihnen?«
»Ja.«
»Wissen Sie, ob sie dort noch wohnt?«
»Ich glaube schon — zumindest, soweit mir bekannt ist. Ich habe sie seither zwar nicht mehr gesehen, aber ich hatte durchaus den Eindruck, als habe sie sich hier für längere Zeit niedergelassen.«
Mrs. Dearborne, die bisher mit scheinbarer Gleichgültigkeit dem Gespräch gefolgt war und mich dabei fast unentwegt mit ihren kühlen Augen gemustert hatte, schaltete sich wieder ein. »Wann ist denn Arthur — ich wollte sagen: Mr Whitewell hier angekommen?«
»Wir sind heute nachmittag mit dem gleichen Flugzeug in Las Vegas eingetroffen.«
»Oh.« Damit verriet sie eine leise Enttäuschung.
Nun war Eloise wieder an der Reihe: »Wissen Sie, ob Philip die Absicht hat, ebenfalls hierherzukommen?«
»Davon ist mir nichts bekannt.«
Mrs. Dearborne sagte zuversichtlich: »Arthur wird bestimmt nach dem Abendessen herkommen.«
Das Wort »Abendessen« erhielt dabei eine ganz leichte Betonung, es war für mich ein Wink mit dem Zaunpfahl.
»Welchen Eindruck machte denn diese Helen Framley?« fragte ich Odgen.
»Sie ist typisch«, antwortete er und kicherte dabei in sich hinein.
»Typisch wofür?«
»Sie ist genau der Typ, der in dieser Stadt hier tonangebend ist.«
»Wie meinen Sie das?«
Odgen zögerte, als finde er nicht die treffenden Worte.
Eloise antwortete statt seiner: »Sie ist ein... ein Flittchen.«
Odgen sah sich veranlaßt, die Typisierung seiner Schwester noch zu erläutern. »Ein Mann kam ins Zimmer, während ich mit ihr sprach, ich denke — nun ja, ich hatte nicht gerade den Eindruck, daß er mit ihr verheiratet war.«
»Er lebt aber mit ihr zusammen«, beendete Eloise den Satz. »Das wolltest du doch sagen, nicht wahr?«
»Ja, gewiß«, knurrte Odgen etwas unbehaglich.
»Es ist doch wichtig, daß Mr. Lam über alles informiert wird. Meinst du nicht auch?«
»Jetzt habe ich ihm aber auch restlos alles erzählt«, sagte Odgen, dem offensichtlich nicht ganz wohl in seiner Haut war.
Ich schaute auf die Uhr: »Nun, das wird wohl genügen. Ich danke Ihnen für die Informationen. Will mal sehen, ob ich nicht doch noch etwas aus ihr herausquetschen kann.«
Damit stand ich auf und schickte mich zum Gehen an.
Alle drei hatten sich gleichzeitig erhoben. Ich hatte weder Zeit noch Lust, wieder die Litanei der Höflichkeitsphrasen herzubeten, und sagte kurz:
»Vielen Dank für Ihre Hilfe. Ich werde mit dem Mädchen sprechen.« Damit war ich auch schon auf halbem Wege zur Tür.
Odgen brachte mich hinaus.
»Sie wissen also nicht, wie lange Arthur Whitewell hierzubleiben gedenkt?«
»Keine Ahnung.«
»Und er hat auch nicht gesagt, ob Philip nachkommt?«
»Nein.«
»Wenn ich Ihnen irgendwie behilflich sein kann, dann geben Sie mir bitte Bescheid. Guten Tag.«
Es war vier Uhr dreißig, als ich die Stufen zu Helen Framleys Wohnung emporstieg und an ihrer Wohnungstür läutete. Ich schellte mehrmals vergeblich und versuchte es dann an der Tür nebenan. Dort schob eine Frau ihren Kopf so rasch durch den Türspalt, daß ich annehmen mußte, sie hatte schon hinter der Tür gestanden und gelauscht. Wahrscheinlich konnte sie es in ihrer Wohnung hören, wenn bei Helen Framley geläutet wurde.
»Entschuldigen Sie bitte«, sagte ich, »ich möchte zu Helen Framley.«
»Die wohnt nebenan«, antwortete die Frau und
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