Treffpunkt Parzelle 4: Nur die Freundschaft zählt (German Edition)
Trotzdem. Sie musste es tun.
»Wann?«, hörte sie sich sagen.
»Morgen um zwei bei mir?«, antwortete Devin.
»Abgemacht.«
Für einen Moment war es unerträglich still im Garten. Jo räusperte sich unbehaglich und wandte sich an Bruno: »Also ich würde gerne mit dir zusammen im Internet recherchieren. Wollen wir das nicht bei mir am Computer machen? Wir haben DSL . Das geht schneller.«
»Klar«, sagte Bruno und stellte das Glas auf den Tisch. »Genau das hatte ich mir auch schon überlegt.«
12
Plattenrettung über die Zeit
D evin wohnte in einer Neubausiedlung am anderen Ende der Stadt. Karo mochte solche Siedlungen nicht. Alles wirkte noch so nagelneu, wie aus einem Musterhauskatalog. Es gab keine großen alten Bäume, auf denen man herumklettern konnte, keine verwilderten Gärten, und die Häuser sahen irgendwie alle gleich aus, obwohl sie doch verschieden waren. Vielleicht lag es daran, dass alle Häuser zur gleichen Zeit gebaut worden waren, dachte Karo. Das war irgendwie unnatürlich. Vielleicht musste eine Siedlung langsam wachsen, wie ein Wald, in dem es alte und junge Bäume gab. Seltsamerweise war die Siedlung auch wie leer gefegt. Vermutlich lag es daran, dass gerade Mittagszeit war. Denn man sah keine spielenden Kinder, keine Omas auf Bänken, niemand bei der Gartenarbeit oder beim Wäscheaufhängen. Es schien so, als müsste diesen Häusern erst noch das Leben eingehaucht werden.
Vor Devins Haus stand ein roter Motorroller. Drumherum lagen Werkzeuge und ölverschmierte Lappen. Garvin kniete vor dem Roller und machte sich gerade an der schmutzigen, schlaff hinrunterhängenden Kette zu schaffen, während ein hübsches Mädchen mit schulterlangen kastanienbraunen Haaren gemütlich auf der weißen Gartenbank saß und in einer Zeitschrift las. Das musste Greta sein. Aus einem Gettoblaster kam ziemlich gute Musik. Kein Zweifel! In dieses Haus hatte jedenfalls das Leben schon Einzug gehalten. Karo war zufrieden. Genau so musste es sein.
»Hallo!«, sagte Karo. »Ist Devin da?«
Die beiden sahen auf. Ein Grinsen zog auf Garvins Gesicht. Er richtete sich auf und wischte sich die Hände an seiner völlig verschmierten Arbeitsjeans ab.
»Hi, Karo! Schön, dich zu sehen«, flötete er und hielt ihr seine schmutzige Hand entgegen. »Möchtest du die schöne Hand oder die schöne?«
»Weder noch«, schnaubte Karo angewidert. »In diesem Fall verzichte ich lieber auf Körperkontakt.«
Karo konnte sich gut vorstellen, dass Garvin seinen Bruder durch seine provokante Art ziemlich schnell auf die Palme bringen konnte. Er ärgerte einfach gerne. Das merkte man gleich. Er forderte Leute nur so zum Spaß heraus. Devin eignete sich dafür besonders gut.
»Das ist die neue Errungenschaft von meinem kleinen Bruder«, stellte Garvin Karo vor.
»Oh Mann, rede nicht immer so bescheuert!«, fuhr Greta ihn an. »Hallo, Karo, Devin ist drinnen in seinem Zimmer. Komm mit, ich zeig dir, wo es ist. Dort oben, die Baustelle.«
Karo stieg zögerlich die Holztreppe zu Devins Zimmer hinauf. Plötzlich fühlte sie sich etwas flau in der Magengegend. Alles in ihrem Leben schien in Bewegung und Aufruhr geraten zu sein. Alles war plötzlich neu und ungewohnt und aufregend.
An der Tür war ein gelbes Schild mit der Warnung: Betreten der Baustelle verboten! Eltern haften für sich selbst! Devin saß an seinem Computer, als Karo etwas verstohlen ihren Kopf zur Tür hinreinsteckte. Ein Lächeln zog über sein Gesicht. Er sprang auf, nahm ihre Hand und gab ihr zur Begrüßung einen schnellen Kuss auf die Wange. Vielleicht sollte das jetzt zur Gewohnheit werden, das mit der Küsserei, überlegte Karo. Aber sie spürte, dass es ihr durchaus nicht unangenehm war.
»Na?«, sagte Devin nur.
»Na?«, erwiderte Karo etwas unbeholfen.
Sie blickte sich ein wenig in seinem Zimmer um. Es war alles andere als eine Baustelle. So aufgeräumt war es bei ihr höchstens dreimal im Jahr. Hier schien das aber der Normalfall zu sein. Und von der dunkelblauen Zimmerdecke blinkten Planeten, Sterne und Sonnen. Das sah richtig gut aus.
»Wer hat das denn gemalt?«, erkundigte Karo sich. »Interessiert du dich für Astrologie?«
»Ein bisschen. Eigentlich ist es das Steckenpferd meiner Mutter. Sie kennt sich ziemlich gut aus und hat mir auch beim Malen geholfen.«
Karos Blick fiel auf ein Segelregattaposter an der Wand. Gleich daneben war ein großformatiges gerahmtes Foto, das Devin mit einem Mann zusammen in orangefarbenen Schwimmwesten beim
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