Treffpunkt Parzelle 4: Nur die Freundschaft zählt (German Edition)
immerzu von unbeschwerter Kindheit? Als wenn nur sie Sorgen hätten. In Wahrheit sorgen die Erwachsenen mit ihren ganzen bescheuerten Sorgen erst dafür, dass die Kinder garantiert nicht sorglos bleiben.«
»Wow!« Arne schien beeindruckt. »Du kannst dich ja richtig ereifern.«
»Bei dem Thema schon«, schnaufte Karo wütend. »Wenn mein Vater keine Aufträge mehr hat, dann ist nämlich auch mein Leben davon betroffen. Da sag ich nicht: Ach, was bin ich sorglos! Heute geh ich mal ins Kino, und morgen geh ich auf Klassenfahrt. Oder wenn Devins Eltern sich scheiden lassen, was meinst du, wie Devin sich dabei fühlt?«
»Okay, okay«, meinte Arne kleinlaut. »Du hast völlig recht. Es war dumm von mir. Meine Kindheit war schließlich auch alles andere als rosig. Aber in der Erinnerung bleiben eben meistens nur die schönen Erlebnisse. Den ganzen Mist will man natürlich möglichst schnell wieder vergessen. Und so kommt es, dass man meint, früher sei alles viel besser gewesen.«
»Na ja, verglichen mit den Straßenkindern in Brasilien geht es uns trotzdem ziemlich gut«, gab Bruno zu bedenken. »Bei uns gibt es wenigstens keine Kinderarbeit.«
»Na und? Vielleicht will ich ja arbeiten gehen«, beharrte Karo trotzig. »Ich bin es nämlich leid, bei meinen Eltern für alles um Geld betteln zu müssen, um dann doch nur zu hören, dass keines da ist. Seit Jahren geht das nun schon so! Dies können wir uns nicht leisten, und das ist zu teuer. Jetzt will ich was erleben und nicht erst, wenn ich alt und grau bin.«
Betreten schwiegen die anderen und sahen sich an. So hatten sie Karo noch nie erlebt. Alle wussten zwar, wie sehr sie unter der Geldmisere ihrer Eltern zu leiden hatte. Doch diese Angelegenheit war für Karo so schmerzhaft, dass sie bislang nie wirklich hatte darüber sprechen wollen. Aber nun schien es, als wäre plötzlich ein Knoten geplatzt, sodass endlich einmal alles herauskam.
»Warum eigentlich nicht?«, meinte Arne nach einer Weile. »Schließlich dürfen Kinder ab dreizehn schon kleine Jobs ausüben. Ich hab früher auch die Autos der Nachbarn geputzt, um mein Taschengeld aufzubessern.«
»Das geht heute doch gar nicht mehr«, wusste Wolle. »Aus Umweltschutzgründen darf man sein Auto nicht mehr zu Hause waschen. Die meisten bringen ihres in die Waschstraße.«
»Du könntest aber doch Zeitungen austragen«, schlug Arne vor. »Ist doch auch kein schlechter Job.«
»Vielleicht«, brummte Karo. »Im Moment, da wir uns um Bodo und den Garten kümmern, weiß ich allerdings nicht, ob ich das nebenbei schaffen würde.«
»Ich glaub, ich würde das auch nicht packen, neben der Schule und der ganzen Nachhilfe-Arie zu jobben«, überlegte Jo.
»Du musst ja auch gar kein Geld verdienen«, sagte Karo. »Aber ich würde das Geld für unsere Klassenfahrt gerne selbst aufbringen, es meinen Eltern ganz locker auf den Tisch legen und sagen: Ach, übrigens fahren wir bald zum Segeln, hier ist die Kohle. «
»Warum soll eigentlich jeder für sich alleine jobben?«, fiel Bruno ein. »Es wäre doch viel cooler, wenn wir alle zusammen was unternehmen. Das ist einfacher und bringt bestimmt mehr Spaß.«
»Super Idee!« Wolle nickte begeistert. »Und wenn einer dann mal in Not ist, kriegt er ’ne kleine Finanzspritze aus dem Gemeinschaftstopf. Einer für alle – alle für einen, eben!«
»Ich weiß nicht«, überlegte Karo. »Das bin dann doch immer nur ich, die Kohle braucht.«
»Quatsch!«, rief Wolle. »Jeder braucht mal Hilfe. Wir haben es zu Hause auch nicht so dicke.«
»Lasst uns doch mal eine Liste schreiben«, fiel Jo sofort ein. »Bestimmt fallen uns noch jede Menge anderer guter Jobs ein.«
»Nicht schon wieder eine von deinen Listen!«, stöhnte Wolle. Listen anfertigen war nämlich Jos Spezialität. Sie liebte Listen. Namenlisten, Spielelisten, Geburtstagswunschlisten, Lieblingsessenlisten und dergleichen mehr.
»Dann eben nicht«, maulte Jo beleidigt.
»Hey, war nicht so gemeint«, lenkte Wolle versöhnlich ein. »Vielleicht ist die Idee mit der Liste doch gar nicht so schlecht. Wir tragen einfach mal alle Jobideen zusammen und schauen, was Gutes dabei rauskommt.«
Jos Miene hellte sich sofort wieder auf. Gleich holte sie ihren Collegeblock und einen Stift aus dem Rucksack und begann mit der Jobliste. Diese wurde ziemlich lang und reichte von Baby- und Hundesitting, Kindergeburtstagsausrichtung und Hausaufgabenbetreuung über Fensterputzen und Einkaufengehen für alte Leute bis zum Nähen
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