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Treffpunkt Scheuermühle

Treffpunkt Scheuermühle

Titel: Treffpunkt Scheuermühle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Brezina
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spannte alle Muskeln an. Das war das beste Mittel, um wieder neuen Mut zu fassen.
    „Insitama! Insitama! Insitamaaa!“ begann die Stimme der unsichtbaren Sprecherin zu rufen.
    „Insitamaaa!“ stimmten die Leute unter den Kapuzen ein und hoben die Arme. Nun richteten sie ihre Blicke nach oben und winkten mit den Händen, als wollten sie jemanden aus der Kuppel herunterbitten.
    „Insitamaaa! Insitamaaa!“ riefen sie durcheinander. Einmal lauter, dann wieder leise und wispernd.
    Von Sekunde zu Sekunde wurde es dunkler im Raum. Das blaue Licht verschwand, doch dafür tauchten einzelne dünne Strahlen aus dem Boden auf.
    Lilo zuckte erschrocken zurück und preßte sich gegen die Wand. Aus der Bodenmitte strömte nun unter leisem Zischen gelber Rauch, der von den Lichtfingern durchschnitten wurde. Er stieg in die Kuppel und quoll dabei nach allen Seiten. Ein süßer, angenehmer Geruch stieg dem Mädchen in die Nase.
    „Insitamaaa!“ schrie die Geister-Frauenstimme befehlend, worauf ein Blitz durch die Halle zuckte. Ein tiefer Orgelton erklang, und ein gespenstisches grünes Licht leuchtete inmitten des Rauches auf. Es begann sich zu bewegen und zu formen.
    „Nein... das träume ich. Das kann nicht wahr sein!“ dachte Lilo und riß die Augen weit auf. War das Wirklichkeit?

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    Nach und nach wurden die Teile eines Kopfes im Licht erkennbar.
    „Das Licht... das Licht setzt sich zu einem Gesicht zusammen“, staunte Lieselotte. Es war das Gesicht eines alten Mannes mit traurigen Augen. Die Oberlippe, das Kinn und die Wangen waren von einem dichten, langen Bart verdeckt.
    „Caspar!“ kreischte eine hohe Frauenstimme halb entsetzt – halb erfreut. Eine der Kapuzen taumelte zur Mitte und streckte die Arme aus. Sie wollte das Gesicht betasten, umarmen und festhalten, doch sie griff ins Nichts.
    „Zurück“, zischte die tiefe Stimme von vorhin. „Zurück, Unwürdige, oder willst du den Geist deines verstorbenen Mannes für immer ins Jenseits vertreiben?“
    Sofort sprang die Frau unter der Kapuze zurück und preßte sich gegen die Wand. Sie blieb regungslos stehen.
    „Eleonore“, begann die Erscheinung zu sprechen. Lilo spürte, wie schwer der Geistererscheinung das Reden fiel. Sie hatte Mühe, die einzelnen Worte hervorzubringen.
    „Eleonore“, stöhnte der Mann noch einmal, „ich habe Unrechtes getan. Vieles, was du von mir geerbt hast, habe ich durch faule Tricks ergaunert und an mich gebracht. Zahlreiche Menschen in Not habe ich ruiniert. Ich Schuft!“
    Die Kapuzenleute murmelten leise. Von Eleonore war nur ein heftiges Atmen zu hören.
    „Der Geist... er bewegt die Lippen. Er spricht tatsächlich“, fuhr es Lilo durch den Kopf. Am liebsten wäre sie losgerannt und hätte die Mühle verlassen, doch sie wußte, daß das undenkbar war. Außerdem war ihr, als würde sie von einem unsichtbaren Gitter festgehalten. Sie hatte keine Möglichkeit zu fliehen. Etwas hielt sie wie ein starker Magnet in der Halle. War daran vielleicht der eigentümlich duftende Rauch schuld?
    „Eleonore“, setzte der alte Mann fort und schlug die müden Augen nieder, „ich will endlich Ruhe finden. Deshalb trenne dich von allem. Du brauchst es nicht. Gib es dem nächsten Menschen, der es nötig hat. Schon bald wird er dir begegnen. Ich liebe... liebe... liebe...“
    „Bleib da, Caspar! Geh noch nicht!“ wimmerte die Frau und fiel auf die Knie. „Bleib!“
    Doch es half nichts. Die Erscheinung verblaßte und löste sich im Rauch auf. Das Licht wurde schwächer und schwächer.
    Eisiges Schweigen lag nun im Raum. Keiner der Kapuzenmenschen wagte sich zu bewegen oder etwas zu sagen.
    „Meine Kraft ist erschöpft. Darum laßt mich allein!“ forderte die tiefe Stimme der unsichtbaren Frau. „Morgen schon könnt ihr wiederkommen und den Verstorbenen begegnen. Morgen schon!“ hauchte sie.
    Blitzschnell verschwand der Rauch in der Kuppel, und das blaue Licht ging wieder an. Das unsichtbare Gitter hob sich, wie Lilo erleichtert feststellte.
    Die Kapuzenleute stimmten abermals ihren Singsang an, der aber nun fröhlicher und freudiger klang. Aus der Mauer neben dem Ausgang war eine flache, breite Metallschale geklappt, in die jeder etwas hineinwarf.
    „Ich habe nichts“, fiel Lilo ein. „Was soll ich machen?“ Sie wollte schon den langen Umhang heben und ihre Hosentaschen durchsuchen, doch dann ließ sie es bleiben. Es mußte nicht jeder sehen, daß sie Jeans trug.
    Plötzlich blieb ihre Hand an einem tiefen

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