Treffpunkt Scheuermühle
Schritten auf sie zusteuerte.
„Gauner! Ganove! Das lasse ich mir nicht bieten! Ich werde ihn anzeigen!“ fauchte sie wütend. „Dieser Mistkerl zieht mir noch das letzte Hemd aus. Kinder, ich muß sofort zu meinem Anwalt. Er hat seine Kanzlei zwei Straßen weiter. Wollt ihr mitkommen?“
„Nein, wir warten!“ sagte Lilo lächelnd.
Frau Trotter nickte zufrieden und trippelte aufgeregt weiter.
„Los, wir müssen die Zeit nützen und zu diesem Kuno Haupitz!“ sagte Lilo zu den anderen. „Wir wenden den Schülerzeitungstrick an“, erklärte sie ihnen, als sie das Bürohaus betraten. „Wir behaupten, einen Artikel über die Mühle für unsere Zeitschrift schreiben zu wollen!“
Herr Haupitz war im fünften Stock zu finden, hatte ihnen der Portier erklärt, und deshalb fuhren sie mit dem Lift hinauf.
„Bitte nicht läuten, sondern gleich eintreten!“ stand auf einem Schild an der Bürotür. Also stapften die drei Knickerbocker in das Vorzimmer.
„Ja bitte? Was wollt IHR denn?“ fragte sie die dunkelhaarige Sekretärin, die dort saß. Ihr Haar war vorne lang und fiel ihr immer wieder ins Gesicht. Mit einer lässigen Kopfbewegung schleuderte sie es dann wieder von ihrem Auge weg, damit sie etwas sehen konnte.
„Wir hätten gerne Herrn Haupitz gesprochen“, sagte Lilo höflich.
Die Sekretärin wieherte hysterisch auf. „Nun, da müßt ihr auf die Insel Mallorca fliegen“, lachte sie. „Dort lebt er nämlich! Und nun auf Wiedersehen!“ fügte sie in einem leicht befehlenden Ton hinzu. Doch so schnell ließen sich die Knickerbocker nicht abschütteln.
„Wer leitet hier die Geschäfte von Herrn Haupitz?“ wollte Dominik wissen.
„Das geht euch alles nichts an. Ich habe keine Zeit! Hinaus!“ befahl die Dame und strich immer wieder über ihre kinnlangen Stirnfransen.
Die Tür neben ihrem Schreibtisch flog auf, und ein schlanker Mann stürzte heraus.
„Was ist das für ein Krach?“ rief er mißmutig.
Poppi hätte sich nun am liebsten in eine Maus verwandelt. Wieso war sie nur wieder mitgegangen?
„Guten Tag! Mit wem haben wir das Vergnügen?“ Lieselotte schenkte dem Herrn ihr strahlendstes Lächeln.
„Ich heiße Gustav Bormann“, stellte er sich sofort vor und verneigte sich sogar noch. Lilo hatte ihn mit ihrer Freundlichkeit total überrumpelt.
„Wir stören Sie nur drei Minuten, aber bitte schenken Sie uns diese Zeit!“ Wieder lächelte Lilo so, daß keiner „nein“ sagen konnte.
„Gut!“ Herr Bormann bat die drei in sein Zimmer, und ehe die Sekretärin noch protestieren konnte, hatte er schon wieder die Tür geschlossen.
Lieselotte schwindelte, daß sich die Balken bogen. Sie behauptete, auf einem Ausflug die „schöne, romantische Mühle“ entdeckt zu haben. „Und da wir in der Schule alte Gebäude erforschen sollen, möchte ich gerne mehr über sie erfahren. Sie gehört doch Herrn Haupitz – oder nicht?“ fragte sie und klimperte mit den Augen. Der Verwalter überlegte einen Moment.
Lilo nutzte die Gelegenheit und betrachtete ihn prüfend. Herr Bormann hatte ein freundliches Gesicht und ein besonderes Kennzeichen: Obwohl seine Haare dunkel waren, besaß er einen buschigen, blonden Schnauzbart. Und im Nacken hatte er sich ein Haarbüschel sehr lang wachsen lassen und zu einem dünnen Zöpfchen geflochten, das sich nun über den Anzugkragen ringelte. Für einen Mann seiner Stellung war das ungewöhnlich.
„Ich glaube zu wissen, welche Mühle du meinst“, lautete seine Antwort schließlich. „Allerdings denke ich, daß sie verpachtet wurde. Aber bitte frag mich nicht, an wen! Herr Haupitz hat das Objekt schon vor über 20 Jahren aus der Hand gegeben. Soviel mir bekannt ist, hat er als Pacht ein Waldgrundstück übernommen. Es gibt also keinerlei Geldeingänge, an Hand derer ich den Besitzer ausfindig machen könnte.“
„Ich hätte aber trotzdem gerne gewußt, wer in dieser Mühle wohnt“, meinte Lieselotte. „Sonst können wir nur den ,Mühlengeist’ interviewen!“ Sie lachte künstlich, und Herr Bormann stimmte in ihr Gelächter ein.
Der Verwalter überlegte kurz und sagte schließlich: „Eigentlich kann es keine Schwierigkeit sein herauszufinden, wie der Pächter heißt. Im ersten Stock des Hauses ist unsere Buchhaltung untergebracht. Dort werden auch die Verträge aufbewahrt. Ich gebe Bescheid, daß für euch nachgesehen wird!“
Lilo erhob sich aus dem bequemen Sessel und bedankte sich für die Mühe. Als sie mit Dominik und Poppi ins Vorzimmer trat,
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