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Treffpunkt Scheuermühle

Treffpunkt Scheuermühle

Titel: Treffpunkt Scheuermühle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Brezina
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einmal einen Spaltbreit aufkriegen. Erst bei einer der Kisten, die ganz hinten an der Wand standen, hatte Lilo Glück. Der Deckel sprang auf, und sie leuchtete hinein.
    „Nein“, stieß sie hervor. „Nein... das... das ist nicht möglich!“
    Die Truhe besaß keinen Holzboden, sondern stand direkt auf den abgeschlagenen Steinfliesen des Turmzimmers. Deutlich konnte Lilo einen Eisenring erkennen, der aus einem der Steine ragte und glatt und geputzt wirkte. Hastig blickte sich das Superhirn um. War ihr jemand gefolgt? Zur Sicherheit lief sie vor den Turm und vergewisserte sich, daß der Mann im Lederoverall nicht in der Nähe war.
    Danach hastete sie zur Truhe zurück und kletterte hinein. Sie steckte die Taschenlampe in den Mund und packte den Eisenring. Vorsichtig zog sie daran, doch nichts rührte sich. Lilo versuchte es noch einmal – diesmal mit mehr Kraft. Aber nichts geschah.
    „Es könnte eine Art geheime Klappe sein“, überlegte das Mädchen. „Und wahrscheinlich muß man den Ring drehen oder so etwas Ähnliches, um die Klappe zu öffnen. Oder...“ Nun war ihr etwas viel Einfacheres eingefallen. „Oder ich stehe auf der Tür!“
    Lilo wechselte die Seite und zerrte erneut an dem Griff. Augenblicklich hob sich ein ungefähr 50 mal 50 Zentimeter großes Stück Boden und gab einen tiefen Schacht frei.
    Lilo schluckte und leuchtete hinunter. Eine Leiter war gegen die Schachtwand gelehnt, und am unteren Ende schien ein Gang zu beginnen.
    „Soll ich oder soll ich nicht?“ überlegte das Mädchen. In Lilos Ohren klang noch immer Axels Stimme: „Traust du dich nicht zur Schauermühle?“ Nun würde sie es ihm zeigen! „Wenn es mir gelingt, allein hinter das Geheimnis zu kommen, kann er sich brausen gehen!“ überlegte sie wütend und kletterte daraufhin energisch die Leiter hinunter.
    Der Gang war mit Steinen ausgekleidet und zum Teil sogar gemauert. Er mußte schon länger bestehen und früher als geheimer Fluchtweg gedient haben.
    „Endet er in der Schauermühle oder nicht?“ Dieser Gedanke tauchte immer wieder in Lilos Kopf auf. Mit jedem Schritt wurde sie unruhiger und aufgeregter. Trotz der Kälte, die hier unten herrschte, trat ihr der Schweiß auf die Stirn.
    Der unterirdische Tunnel schien kein Ende zu nehmen. Bei jeder Biegung hoffte Lieselotte, dahinter einen Aufgang oder eine Tür zu finden. Doch der Gang setzte sich immer nur noch weiter fort!
    Lilo blickte auf die Uhr. Exakt sechs Minuten war sie nun bereits in diesem riesigen, kantigen „Rohr“ unterwegs. Sollte sie weiter oder besser umkehren?
    Schließlich entschied sie sich weiterzugehen. Aber nur noch eine Minute lang. Dann wollte sie zurück.
    Nun führte der Gang steil bergab und gleich wieder steil hinauf. Lieselotte keuchte und wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht. „Ob das eine Art Unterführung des Mühlbaches war?“ überlegte sie.
    Für einen Moment achtete sie nicht auf den Weg und prallte gegen etwas Hartes.
    „Eine... eine Leiter!“ flüsterte sie aufgeregt. Sie zögerte ein paar Sekunden und begann dann Sprosse für Sprosse emporzusteigen.
    Über ihrem Kopf tauchte im Licht der Taschenlampe abermals eine längliche Klapptür auf. Vorsichtig drückte sie das Mädchen in die Höhe.

Der Trank des Bösen
     
     
    „Trinkt! Trinkt, Brüder und Schwestern!“ ertönte eine tiefe Frauenstimme, die Lieselotte sofort bekannt vorkam.
    „In der Schale befindet sich der Trank der Ewigkeit, der eure Sinne erweitert und auch außerhalb unseres Treffpunktes wirken wird. Ihr werdet Stimmen hören. Die Stimmen eurer Lieben, die ihr hier stets gerufen habt.“
    Ganz sachte stemmte Lilo die Platte noch weiter auf und kletterte eine Sprosse höher. Nun konnte sie den Kopf heben und genau sehen, wo sie sich befand: in der Schauermühle, das war ihr bereits klar. Aber wo genau im Gebäude?
    „Ich bin im Gang, der das Mühlrad-Tor mit dem Kuppelsaal verbindet“, erkannte Lieselotte. Nicht weit von ihr entfernt, sah sie sogar das blaue Licht der runden Halle aus der Öffnung in der Mauer einfallen.
    „Moment, damals, als ich nicht wegkonnte, bin ich auch ungefähr hier gestanden“, erinnerte sich das Mädchen. „Es war zu dunkel, um zu erkennen, was mich festgehalten hat. Getastet habe ich auch nicht danach. Vielleicht waren es ganz normale menschliche Hände. Jemand ist genauso gestanden wie ich jetzt – und hat aus der Luke gegriffen und meine Füße gepackt.“
    Ein genüßliches „Ahhhh!“ drang aus dem Zeremonienraum.

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