Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Treibgut - 11

Treibgut - 11

Titel: Treibgut - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Witzko
Vom Netzwerk:
Kampf, besiegte sie und verschlang sie. Doch da Hesinde Hesinde war, trug sie keinen Schaden davon, und Phex mußte sie wieder von sich geben. Die Legende erzählt, daß beide von diesem ersten kämpferischen Zusammentreffen etwas übrigbehalten haben, Hesinde die Beharrlichkeit des Mungos, Phex die List der Schlange.
    Für uns Maraskaner ist deshalb Bruder Phex nicht nur der Herr der Diebe und Händler, sondern auch der des listigen Kampfes, der schleichende Räuber und Richter der Nacht, damit also zwangsläufig der Gegenbruder Praios’. Diese Geschichte sollte man nicht unbedingt einem bigotten Geweihten Rondras oder Praios’ erzählen, da sie in ihrer Engstirnigkeit nie zugäben, wie sehr die beiden mit Phex verwandt sind. Sie haben es vorgezogen, aus Praios den despotischen Fürsten der Zwölfe zu machen, obwohl er doch nur der gramvollste Diener Rurs ist, ihrer aller Cherzak und Harani. Was ich damit sagen will? Ich weiß es selbst nicht. Es ist so: Obwohl ich mich oft genug im Schatten Borons bewegte, hat mein eigener Tod einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen. Ich rede nicht gern darüber.
     
    Etwa einen halben Mond bevor man daheim das Neue Jahr feierte, erreichte ich Kuslik. Diese Stadt ist etwa so groß wie unsere vier Städte Jergan, Boran, Tuzak und Sinoda zusammen, aber es war beeindruckend, wie vergleichsweise still sie trotzdem war. In Tuzak reicht es, von einer Seite des Marktes bis zur anderen zu gehen, und man ist ein intimer Kenner der Lebensgeschichte von mindestens fünf Familien. Über die schwatzhaften Jerganer sagt man gar, man bekomme auf einer vergleichbar langen Strecke zusätzlich noch die Flottenpläne unserer kaiserlichen Freunde als Dreingabe. Selbstverständlich übertreiben die Tuzaker damit, da die Königs- und die Fürstenstadt einander noch nie hold waren.
    Zwei Tage lang lief ich schon durch Kuslik und hatte mich nach der vermißten Priesterin Xanjida sowie unauffällig nach Boromeo Wulweshjoden umgehört. Mir war schleierhaft, welcher Art die Verbindung zwischen den beiden sein mochte, und wie er an ihren Diskus gekommen war. Daß ich überhaupt in Kuslik Nachforschungen nach ihm anstellte, lag an einer abfälligen Bemerkung eines der Glasbläser, der ich entnommen hatte, daß es rege Handelskontakte zwischen der Herrscherin Kusliks und der Rabenstadt zu geben schien. Offenbar traf man gelegentlich Alanfaner in der Stadt. Ob Wulweshjoden jemals in Kuslik gewesen war, konnte ich zwar nicht erfahren, hin und wieder stieß ich jedoch auf jemanden, der sich an die ›Tulamidin‹ in dem grauen Gewand erinnerte, das sich bei näherem Hinsehen als recht bunt erwies, und auch an das fließende Durcheinander aus Tulamidya und Garethi, das sie sprach.
    »Bruderschwester, wo finnza Fremdijisch chira ein gutsteres Tavern’uuzak madjiun?« (»Bruderschwester, wo finde ich Fremdling einen Ort, wo ich gut trinken und speisen kann?« – unser Maraskani!)
    Viel hatte ich daraus nicht gelernt, nur daß sie sich irgendwann zwischen dem letzten Herbst und diesem Frühjahr hier aufgehalten hatte. Das hatte mir schon Tarrad erzählt. Wohin die Priesterin anschließend gegangen war, stand in den Sternen. Solange ihr Weg nur durch den zufälligen Wurf ihres Diskus bestimmt worden war, kam jede Richtung in Frage, selbst eine Rückkehr in den Süden. Somit schien es, als hätte ich völlig umsonst diesen Umweg über Kuslik gemacht. Allerdings erfuhr ich bei den Erkundigungen auch, daß sich Ishajid in der Stadt aufhielt, doch das wunderte mich überhaupt nicht.
    Obwohl ich mir während des Rauschs in Neetha einen Besuch fest vorgenommen hatte, hielt ich mich wohlweislich fern von der Halle der Antimagie und der Halle der Metamorphosen. Diese Nordländer werden immer so argwöhnisch, wenn sie kein Gildenzeichen sehen, obwohl das im Süden nicht gerade selten ist, und wenn hinzukommt, daß der Magus weder das traditionelle Reisegewand noch den spitzen Hut trägt, dann allemal. Statt dessen wollte ich den Tempel Hesindes aufsuchen, um herauszufinden, ob man dort etwas über das verflixte Gebräu wußte, das ich mir zusammengemischt hatte, und auch weil mich der Gedanke mit dem Erinnerungszauber immer noch beschäftigte.
    Ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht, solche Orte nicht unvorbereitet zu betreten und zuvor einen sehr nützlichen Zauber zu wirken, der meine astrale Aura stark abdämpft. Man mag sich vorstellen, von wem ich ihn gelernt habe, aber es stimmt nicht. Schwester Hesinde läßt

Weitere Kostenlose Bücher