Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Treibgut - 11

Treibgut - 11

Titel: Treibgut - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Witzko
Vom Netzwerk:
Jahr 24 Hal oder 1871 örtlicher Zeitrechnung zwei Täuscherinnen: die Stadt und die Frau von Maraskan. Und wenn man die vorgeblichen oder wirklich tapferen Ritter, die zum Turnier strebten, und Ishajids chamäleonhaften Begleiter dazunahm, gab es sogar noch mehr.
    »Nun, könntest du mir vielleicht sagen, was du in dieser Stadt überhaupt willst?« fragte Ishajid, Scheïjians Stimmung ausnützend.
    Er lächelte sie an: »Wenn es dir Milhibethjida nicht gesagt hat, warum sollte ich es dir sagen?«
    Ishajid verzog den Mund zu einem Schmollen. »Die Hohe Schwester sandte mich dir hinterher, damit ich dir beistehe. Aber wahrlich, so habe ich mir eine gemeinsame Reise nicht vorgestellt – daß sie nur in der Gemeinsamkeit des Wegs besteht, Bruderschwester! Scheint es dir nicht an der Zeit, mir dieses Dunkel zu erleuchten, und hast du vielleicht vergessen, wohin dich deine Verschwiegenheit in Kuslik führte?«
    »Ganz gewiß hätte mich auch Redseligkeit nicht vor diesem Haus bewahrt. Das ist mein Ziel!« Er zeigte hinauf zum Hang, wo über der Stadt ein wildwucherndes Festungsbauwerk thronte. Es war eine alte Burg. Viele Generationen hatten sie umgebaut und erweitert, jede Epoche hatte sie mit ihrem eigenen Stil geprägt, was man sogar von hier unten deutlich sah.
    »Das? Wer residiert dort? Der Fürst, der König?«
    »Der König, denke ich. Doch mein Besuch gilt einem der Prinzen. Er war vor mehreren Jahren auf Maraskan und schickte der Hohen Schwester ein Geschenk. Sie bat mich, ihm ihren Dank zu überbringen. Also eine reine Kuriertätigkeit.«
    Ishajid warf ihm einen zweifelnden Blick zu. »Dafür, daß du erst vor wenigen Tagen erfuhrst, daß die vermißte Schwester in dieses abgelegene Land reiste, wußtest du erstaunlich früh, wohin dich dein eigener Weg führen würde.«
    Scheïjian erwiderte gelangweilt: »Verglichen mit Tuzak liegt Kuslik nicht sonderlich weit von hier entfernt, und daß Xanjida bis dorthin gekommen war, ist bekannt.« Er hatte seine Zweifel, daß Ishajid ihm diese Lüge abnähme, aber er war noch nicht bereit, ihr von dem Bild zu erzählen. Sollte sie denken, was sie wollte, und weiterhin annehmen, daß Milhibethjida ihn damit beauftragt hatte, die Priesterin zu finden. Allerdings dachte er, schon seit er in der Bibliothek des Kusliker Hesindetempels vom dortigen Aufenthalt der Priesterin erfahren hatte, über diese auffällige Verquickung nach: Das Bild mit der geheimnisvollen Figur war aus Nostria gekommen, die Priesterin war hierher gereist. Möglicherweise waren so schon Frage und schlichte Antwort beisammen – jedoch: Wie war der Alanfaner an ihren Diskus gelangt? Es wäre zwar äußert ärgerlich, wenn er selbst die beschwerliche weite Reise unternommen hätte, nur um herauszufinden: Die verschwundene Priesterin war die Ursache dafür, daß eine Gestalt aus einem obskuren Draijsch der Heiligen Rollen auf das Bild geraten war. Andererseits war es nicht irgendein Diskus und war es nicht irgendeine Priesterin der Zwillinge. Es war die einzigartige Wurfscheibe einer der wenigen Auserwählten, die einen Ort suchten, der ihnen Schutz vor dem borbaradianischen Weltentaumel bieten sollte. Und hatten nicht gleichfalls erst kleine Zufälle zum Wiederauffinden der jahrhundertelang verschollenen Originale der Heiligen Schriften der Beni Rurech geführt, aus denen man überhaupt erst von der Wiederkehr des Dämonenherrn erfahren hatte? Je länger Scheïjian darüber nachdachte, desto weniger gefiel ihm das Zusammentreffen. Diese mögliche Banalität mochte die harmlos schimmernde Kehrseite einer häßlich angelaufenen Münze sein. Abgesehen von allem anderen.
    Mit einem Aufschrei schoß Ishajid hoch und blaffte einen kleinen Mann mit Lederschürze und Knebelbart an: »Hörst du wohl auf, mich zu betatschen, Ma’sarrar?«
    Die Zielscheibe des derben Ausdruckes, wohl ein Schuster oder Sattler, lief knallrot an und verbeugte sich mehrfach. »Entschuldigt, ich wollte Euch nicht zu nahe treten! Versteht’s nicht falsch. Es ist nur Euer Gewand, wie soll ich’s sagen? Es fesselt die Aufmerksamkeit! Sagt, ist es Zauberei oder Elfenwerk, daß es manchmal so schimmert? Was wollt Ihr dafür? Tut’s ein Dreierling? Mehr kann ich nicht geben, allenfalls noch einen Halben.«
    »Was faselst du da?« herrschte ihn die Priesterin an. Da ihr derlei nicht zum ersten Mal seit ihrer Ankunft widerfahren war, erklärte sie dem kleinen Mann von oben herab: »Mein Kleid ist kein Zauberwerk, sondern nur das Handwerk

Weitere Kostenlose Bücher