Treibgut - 11
Ende eines langen Ganges, wo eine Tür auf ihn wartete, die er durchschreiten mußte, ohne zu wissen, was dahinterlag. Es erinnerte ihn an den Gang zum Eßraum der Gordovanaz. Bilder hingen an den Wänden, die auf eine unbekannte Art und Weise verbunden waren, doch, einzeln betrachtet, diese Verbundenheit leugneten.
Selbst wenn einer der beiden Maraskaner ein Gespräch hätte führen wollen, so wäre es in dem schaukelnden Gefährt nur schwer möglich gewesen, da die Kutscher beschlossen hatten, die Verspätung aufzuholen, und ihre Pferde unbarmherzig antrieben. Das Gelände erlaubte eine hohe Geschwindigkeit, doch auch wenn diese Straße eine der besseren Nostrias war, so war die Fahrt in der Kutsche dennoch ein stetes Rütteln und Durchschütteln, und jeder der Passagiere war darauf bedacht, sich irgendwo festzuklammern, um nicht fortwährend auf seinen Nachbarn geworfen zu werden. Meile um Meile raste die Kutsche durch flachhügeliges Binnenland mit gelbgrünem Gras, Getreide- und Rübenfeldern und gelegentlichen Herden braunweißer Ziegen, bis die Straße sich schließlich wieder der Küste näherte, wo jenseits eines schmalen Streifens gelben Sands das Meer lag.
Kurz vor Einbruch der Dunkelheit erreichte man Trontsand, eher ein Dorf als eine Stadt, zwei Meilen vor dem Meer. Wie beim Näherkommen zu sehen war, gab es verstreut im Umland der Ortschaft eine Reihe einzeln gelegener Herrenhäuser und Landsitze, da das Städtchen, wie einem aufklärenden Ausruf eines der beiden Adligen zu entnehmen war, sich wegen seiner malerischen Lage bei den Oberen des Landes einer gewissen Beliebtheit als Sommerfrische erfreute oder vielleicht auch erfreut hatte, was den Worten nicht genau zu entnehmen war, da die Erklärung mit einem nur diesen beiden Adligen verständlichen Scherz verknüpft war. Ein Hügel, der an den weggeworfenen Kreisel eines Riesenkindes erinnerte, erhob sich landseitig Trontsands. Er wurde gekrönt von einer Burg, einem stattlichen Rundbau.
Auf den letzten Meilen hatte sich der Himmel zugezogen, Folge eines plötzlichen Sommergewitters, das grollend begann, als die Kutsche in Trontsand einfuhr. Grelle Blitze umtanzten die Turmburg auf dem Hügel, die Reisenden sprangen eilig aus ihrem Gefährt, hinein in den dichtfallenden Regen, froh, wieder sicheren Boden unter die Füße zu bekommen.
Der einzige, der nicht rannte, war Scheïjian. Grübelnd stand er im Regen und beobachtete, wie die lange schmale Gestalt des Elfen in dem Gasthaus verschwand, vor dem die Kutsche gehalten hatte. Irgend etwas störte ihn an dem fremdartigen Wesen, das er nicht in Worte fassen konnte. Er horchte in sich hinein, doch es war nur eine schwache Erinnerung, undeutlich wie das Donnern eines viele Meilen entfernten wegziehenden Gewitters.
Salza, das Scheïjian und Ishajid am übernächsten Tag erreichten, erwies sich als rührige Handelsstadt und – obwohl es nicht einmal halb so reich an Bevölkerung war – als weitaus weltoffener als die Hauptstadt des Landes. Hier gab es Niederlassungen mittelreichischer Liebfelder, sogar bornländischer Handelshäuser, und zahlreiche fremdländische Besucher prägten das Stadtbild. Was sie anlockte, war das begehrte Steineichenholz, das auf dem Ingval hierher geflößt und weiterverarbeitet wurde, sowie eine nicht minder begehrte Frucht des Meeres, die Salzarele, deren Laichgebiet vor der Küste des Landes lag, und die von Salza aus, getrocknet, geräuchert oder in Salzlake eingelegt, nach Süden verschifft wurde. Die Stadt roch nach beidem, nach Holz und nach Fisch.
Wie zuvor in Nostria, so erregten die beiden Maraskaner auch in Salza Aufsehen, so daß Ishajid beschloß, dieser Lästigkeit dadurch Herrin zu werden, daß sie ihr Priesterinnengewand bei einem Schneider gegen ein weniger auffälliges Kleidungsstück tauschte. Am Rand eines keilförmigen Platzes bat sie Scheïjian, auf sie zu warten.
Den Platz beherrschte ein Reiterstandbild aus Bronze, das den König des Landes in jungen Jahren darstellte, mit lockigem Haupt, ein gezücktes Schwert zum Meer hin gerichtet, Spöttern zufolge die einzige Richtung, wo sich niemand von dieser kriegerischen Geste angesprochen fühlen konnte.
Neben dem steinernen Sockel des Standbildes umdrängten vier auswärtige Besucher der Stadt eine Halbwüchsige, die mit dramatischen Gesten und gegen geringes Geld eine Geschichte zum besten gab, die den Zuhörern erstaunte Ausrufe entlockte und ihr Mienenspiel zwischen Neugier und
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