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Treibgut - 11

Treibgut - 11

Titel: Treibgut - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Witzko
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rasch.
    »Die scheinen dich erkannt zu haben, Fringlas!« brummte der Spitzbärtige. »Dann kommen wir eben gleich zur Sache.« Wie auf ein vereinbartes Zeichen traten hinter den verhangenen Öffnungen der Nachbarräume ein Mann und eine Frau hervor, die gespannten Armbrüste auf Scheïjian und Ishajid gerichtet. Ein weiteres Geräusch drang hinter ihnen hervor. Nur um sich zu vergewissern, sah Scheïjian sich um, entdeckte noch eine Frau, ebenfalls einen Kreuzbogen haltend. Der Rattengesichtige schloß die Tür und gesellte sich zu seinem Anführer.
    Scheïjian schätzte die Lage nicht als ganz hoffnungslos ein; zwar durchschlüge auf diese kurze Entfernung ein Armbrustbolzen mühelos jeden Körper, andererseits könnten sich die Schußwaffen als nutzlos erweisen, sobald es gelänge, ein Durcheinander zu erzeugen. Ishajid schien die Lage genauso zu bewerten, da sie ihm mit einem unauffälligen Wedeln der Hand anzeigte, vorerst abzuwarten.
    Während sie entwaffnet wurden, rieb sich der Anführer die Hände. »So ist der feine Plan doch aufgegangen!«
    »Welcher Plan?« fragte Ishajid unschuldig.
    Der Mann hinter dem Tisch strahlte zufrieden. »Der mit dem Bild. Schließlich seid ihr da.«
    »Ich weiß nicht, wovon Ihr redet, mein Herr. Vielleicht eine Verwechslung?« fragte die Priesterin sanft.
    Unsicher erwiderte der Mann ihren Blick und schrie dann plötzlich los. Er erhob sich dabei halb aus seinem Sessel. »Mich führt ihr nicht hinters Licht! Merkt euch, ich weiß alles. Und ihr beiden, ihr seid Maraskaner, ganz bestimmt!«
    »Das können wir wohl nicht leugnen, mein Herr«, entgegnete Ishajid, »doch was soll das für ein Bild sein, von dem Ihr faselt?«
    »Das ist kein Gefasel!« knurrte der Angesprochene patzig. »Es war ein genialer Plan, das Bild des Prinzen zu stehlen, die Bärtige darauf malen zu lassen, und zu eurer Hochgeweihten zu schicken, damit es ihre Neugier erweckt, sobald sie es sieht! Immerhin seid ihr jetzt ja da und werdet uns alles erzählen!« Argwöhnisch ergänzte er: »Oder bist du gar die Hochgeweihte selbst?«
    Bislang hatte Scheïjian mühsam ein Lachen unterdrückt, nun brach es aus ihm heraus: Welch ein Tor! Hatte er wirklich geglaubt, Milhibethjida in die Hände zu bekommen, indem er ihr dieses Bild schickte? Oder hatte er nur mit einem beliebigen Priester oder einer beliebigen Priesterin des Tempels gerechnet? Selbst dann! Es war zum Lachen, wenn er bedachte, wen der Tropf erwartet haben mochte und wen er sich statt dessen in sein Haus geladen hatte!
    »Er soll aufhören!« meckerte der Spitzbart beleidigt. Bevor ihn noch jemand gewaltsam zum Schweigen bringen konnte, beendete Scheïjian das Gelächter. Er sagte: »Was seid Ihr doch für ein Narr! Habt Ihr wirklich geglaubt, unsere Hohe Schwester verließe nur wegen Eures kleinen Scherzes ihren Tempel? Ihr wißt gar nichts über uns! Nie täte sie das.«
    »Ist mir auch gleichgültig. Jedenfalls hat die andere uns alles erzählt.«
    »Nun, was denn? Vielleicht können wir Euch weiterhelfen«, warf Ishajid freundlich ein. »Obwohl ich sehr daran zweifle.«
    Wieder rieb sich der Mann die Hände, da er ihre Frage als Zeichen dafür ansah, daß er endlich Oberwasser über seine Gefangenen erlangt hatte. »Eure Freundin war im Winter hier«, schlug er einen gewollt versöhnlichen Ton ein. »Zuerst haben wir sie gepflegt, dann hat sie etwas ausgeplaudert, von einem großen Verderben, das ganz Dere überkommen wird, und davon, daß es einen sicheren Zufluchtsort gibt. Letzteres fand ich sehr wissenswert! Leugne nicht, ich weiß, daß eure Priesterschaft seit über einem Jahr nach diesem Ort sucht. Und behaupte auch nicht, das sei Phantasterei! Es gibt Vorzeichen, unübersehbar.«
    »Das hat sie Euch erzählt?« fragte Ishajid.
    »Nicht ganz freiwillig, wir mußten etwas nachhelfen, aber alles konnte sie uns leider nicht mehr sagen.«
    »Und Ihr kennt diesen Ort? Wozu braucht Ihr uns dann noch?« fuhr Ishajid angespannt fort.
    »Weil wir den Vers nicht verstanden haben«, gab der Spitzbart kleinlaut zu.
    »Den Vers?«
    »Ja, ein Vers.«
    »Und wenn wir diesen Vers auch nicht verstehen?«
    »Dann bringen wir euch um«, entgegnete er kurzentschlossen, »und warten auf die nächsten Besucher.«
    Ishajid sah zu Scheïjian hinüber und dann wieder zu dem Mann im Sessel. »Und das nennt Ihr einen genialen Plan?«
    »Immerhin, Ihr seid in die Falle getappt!« behauptete der Spitzbart stolz.
    »Dein Plan ist nicht genial, sondern dumm, du Wicht.

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