Treibgut der Strudelsee
furchtbaren Augen durchbohrt. Er stand auch noch mit angehaltenem Atem da, als Oblak sich umwandte und davonging, bis die Dunkelheit ihn schluckte.
»Bei Quyl!« flüsterte der Sohn des Kometen. »Hast du das gleiche gesehen wie ich, Golad?«
»Er ist kein Mensch!« Das Heulen des Sturmes riss Golad die Worte von den Lippen. »Er bewegt sich wie…«
Auch Mythor fand keinen Vergleich, der passend genug gewesen wäre. Eisige Schauer liefen ihm über den Rücken. Er kämpfte um seine Beherrschung. »Dann ist Jejed jetzt allein mit Farina«, flüsterte er endlich.
»Worauf warten wir dann noch?«
Golad hatte Angst, furchtbare Angst. Der Regen wurde in Schauern über das Deck geblasen, wie von finsteren Mächten herbeigerufenen Schleiern, hinter denen sich das nackte Grauen verbarg. Irgend etwas in Mythor schrie nach Licht, aber er wusste, dass es nun keinen Ort mehr auf der Gasihara gab, der sicher war. Erkannte Jejed denn wirklich nicht, wer da an Bord gekommen war? Welches gemeinsame Schicksal mochte ihn und Oblak verbinden, dass er sich weigerte, die grausame Wahrheit zu sehen?
Mythor klopfte an die Tür. Erst beim drittenmal war von drinnen Jejeds dunkle Stimme zu hören. Ein Riegel wurde beiseite geschoben. Licht fiel durch den schmalen Spalt.
Mythor wartete nicht darauf, dass der Kapitän nach seinen Männern rief. Er riss die Tür auf, schob Golad an sich vorbei und brachte blitzschnell seine Hand auf Jejeds Mund. Der Morone war viel zu überrascht, um Widerstand zu leisten.
Mythor schloss die Tür wieder, legte den Riegel vor, sah Farina auf dem Boden kauern und sagte schnell: »Sei ruhig, Kapitän. Du wirst gleich alles verstehen. Wir kommen als Freunde… Freunde, die du brauchen wirst.«
Golad ließ sich neben Farina zu Boden fallen. Das Mädchen schluchzte laut auf und schlang weinend die Arme um seinen Hals.
Jejed starrte Mythor zornig an. Erst jetzt schien ihm einzufallen, dass er es an Kräften mit dem Krieger aufnehmen konnte, doch Mythors Griff war eisern. Mit der Linken bog er Jejeds Arm nach hinten, mit der Rechten zog er den Kopf des Moronen in den Nacken.
»Ich lasse dich los, Jejed, wenn du versprichst, nicht nach deinen Leuten zu rufen. Wenn wir gekommen wären, um euch niederzumachen, wären wir nicht allein hier. Du brauchst uns nichts vorzuspielen. Wir wissen, dass du Hilfe brauchen wirst.«
Der Morone rang nach Luft. Endlich nickte er heftig. Mythor nahm die Hand fort.
Langsam drehte sich Jejed zu ihm um. Misstrauen und Unsicherheit lagen in seinem Blick. Dann funkelten seine Augen wieder zornig.
»Dafür werde ich euch auspeitschen lassen!« stieß er hervor. »Ich schwöre euch, ihr…«
»Schwöre nicht! Wir wissen, dass du nicht so bist, wie du dich gibst. Wir wissen, dass du das Mädchen beschützen willst. Aber bald werden deine Männer kommen, wenn die Angst vor dem, was draußen geschieht, übermächtig wird. Dann werden sie auch auf dich keine Rücksicht mehr nehmen, Jejed!«
Der Morone schwieg. Lange sah er in Mythors Augen und begegnete nur Offenheit und Ehrlichkeit. Endlich setzte er sich. »Woher?« fragte er nur. »Woher wisst ihr es?«
Mythor winkte ab. »Das spielt jetzt keine Rolle, Jejed. Du sollst wissen, dass es auf diesem Schiff Männer gibt, die dir ihre Hilfe anbieten und eher sterben würden, als dass sie zuließen, dass dieses unschuldige Mädchen für einige abergläubische Narren geopfert wird.«
Der Kapitän ließ seine Maske vollends fallen. »Du fielst mir schon auf, Krieger«, sagte er. »Glaube nicht, dass es mir Freude bereitet, euch peitschen zu lassen. Aber es ist nötig. Nur so werdet ihr zu einer Gemeinschaft zusammengeschmiedet, die alle Schrecken ertragen kann, die auf euch warten.«
Mythor bekam Mitleid mit dem Moronen. Er spürte, wie einsam dieser mächtige Mann im Grunde doch war. Lange mochte Jejed darauf gewartet haben, jemandem sein Herz ausschütten zu können. Aber die Zeit drängte.
Der Sturm und die aufgepeitschte See rüttelten immer heftiger am Schiff. Irgendwo draußen, an Deck und auf den Ruderbänken, schrien Männer Befehle, knallten Peitschen. Jedesmal zuckte Jejed leicht zusammen.
Mythor legte’ ihm die Hände auf die mächtigen Schultern. »Jejed, wir müssen uns etwas einfallen lassen. Wir müssen das Mädchen in Sicherheit bringen, bevor es zu spät dazu ist. Und…«
»Und?« fragte Jejed.
Mythor zögerte. »Oblak«, sagte er dann. »Ich weiß nicht, was euch beide verbindet, aber…« Mythor blickte Golad
Weitere Kostenlose Bücher