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Treibgut der Strudelsee

Treibgut der Strudelsee

Titel: Treibgut der Strudelsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
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hilfesuchend an, doch dieser sah nur noch Farina. »Wir haben seine Augen gesehen, und…«
    Augenblicklich wurde die Miene des Kapitäns abweisend. »Niemand rührt ihn an. Was soll mit seinen Augen sein?«
    »Dann hast du nichts gesehen?«
    »Rachamon hat dich aufgehetzt, ist es nicht so?«
    »Jejed, wir haben kein Wort mit dem Magier gesprochen!«
    Der Morone biss die Lippen aufeinander und starrte finster vor sich hin. »Ich kann nicht glauben, dass meine Mannschaft sich gegen mich erhebt.«
    »Noch nicht, Jejed. Aber…« Mythor suchte nach Worten. »Spürst du es denn nicht? Öffne die Augen! Etwas ist an Bord gekommen, was uns alle vernichten kann!«
    »Nicht Oblak!«
    Mythor ballte die Hände. Plötzlich schlugen prasselnd Hagelkörner gegen die Wände. Das Heulen des Sturmes drang durch die Türritzen und brachte eisige Kälte herein. Und als es sich zu einem Kreischen wie von tausend Dämonen steigerte, wurde es von einem gellenden Schrei zerrissen.
    Jejed sprang auf. Golads Kopf fuhr herum. Farinas Schluchzen erstarb. Namenloses Entsetzen stand in ihren Augen.
    »Das ist Rachamon!« flüsterte Jejed. »Ihr bleibt hier und verriegelt die Tür hinter mir. Meine Männer sollen euch nicht sehen.«
    Bevor Mythor ihn zurückhalten konnte, hatte der Morone den Riegel zurückgerissen und stürmte hinaus. Wieder war Rachamons Schreien zu hören, und wütendes Heulen antwortete ihm. Hagel schlug in die Unterkunft, als auch Mythor ins Freie huschte und die Tür hinter sich zu zog.
    Im Schutz der Dunkelheit folgte Mythor dem Moronen bis ins Heck der Lichtfähre. Er musste gebeugt gehen.
    Der Sturm zerrte an seinen Haaren und der Kleidung. Große Hagelkörner bedeckten die Planken, und eine feste Eiskruste hatte das Deck überzogen. Die aufgepeitschte See schaukelte das mächtige Schiff auf und ab. Gischt spritzte weiß in die Höhe, und wo Seewasser über Deck schwappte, gefror es binnen weniger Atemzüge. Innerhalb kürzester Zeit war die Temperatur bis weit unter den Gefrierpunkt gesunken – und das hier im Süden! Mythor bedauerte die Legionäre, die unermüdlich zum Weiterrudern angetrieben wurden. Sie würden sich den Tod holen, wenn das Wetter sich nicht besserte.
    Hinter den Kisten, unter denen vor ihm schon Sadagar und Chrandor Schutz gefunden hatten, kauerte Mythor sich nieder. Seine Finger begannen steif zu werden, doch das nahm er kaum wahr. Fassungslos starrte er auf das, was sich seinen Augen bot.
    Der Steuermann stand hoch aufgerichtet am Ruder. Neben ihm hing eine Öllampe, die heftig im Wind schaukelte und unheimliche Schatten zauberte.
    Ein paar Schritte vor ihm kniete Rachamon auf den gefrorenen Planken und rutschte wie besessen umher, wie um etwas gierig aufzuraffen oder einzufangen.
    »Meine Siebenläufer!« schrie er. »Sie sind fort, alle fort! Jejed, sie sind über Bord gesprungen!«
    Mythor hatte Mühe, die Worte zu verstehen. Wieder heulte der Wind auf, und mächtige Wellen brachen sich am Schiff. Doch was er hörte, reichte ihm vollauf.
    Auch Jejed stand wie zu Stein erstarrt vor dem Magier. Rachamon richtete sich auf, rutschte fast aus und reckte die geballten Hände in den Himmel. Die Worte, die er schrie, wurden vom Sturm verschluckt.
    Die Siebenläufer sind über Bord gesprungen!
    Die Glücksbringer, die jedes aufkommende Wetter und jedes bevorstehende Unheil als erste spürten! Was brachte sie dazu, freiwillig den nassen Tod zu suchen?
    Vorsichtig schob Mythor sich weiter an die Männer heran. Drei Seefahrer liefen an ihm vorbei, rutschten aus, rappelten sich wieder auf, ohne ihn zu sehen.
    »Ich kann die Elemente nicht mehr beeinflussen!« schrie der Magier. »Und einzig Oblak ist daran schuld! Jejed, auch du wirst ihn nicht länger schützen! Er ist verflucht! Die Geister der Untoten in ihm wollen Opfer!« Rachamon drehte sich zu den Seefahrern um. »Jejed ist nicht länger euer Kapitän! Geht und sucht den Untoten! Werft ihn über Bord, bevor wir alle sterben müssen!«
    »Nein!« gellte Jejeds Schrei durch Sturm und Nacht. »Hört nicht auf ihn! Er…!«
    So schnell, dass Mythor ihn erst wieder sah, als er schon hinter dem Moronen war, stürzte der Magier auf Jejed zu. Ein Arm mit einer schweren Holzlatte zuckte in die Höhe und fuhr herab, einmal, zweimal. Mit einem röchelnden Laut brach Jejed zusammen.
    Weitere Seefahrer kamen heran. Mythor, der schon auf dem Sprung gewesen war, um Jejed beizustehen, duckte sich wieder. Gegen diese Übermacht konnte auch er ohne Waffen nichts

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