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Treibgut der Strudelsee

Treibgut der Strudelsee

Titel: Treibgut der Strudelsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
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Mythor. »Kommt, seht sie euch genauer an!«
    Nur wenige Öllampen tauchten den Schiffsbauch in flackerndes Dämmerlicht. Die Wachen traten durch die Gasse, die die Legionäre für sie bildeten. Sadagar wich mit weit von sich gestreckten Armen vor ihnen zurück.
    Kräftige Hände wollten nach ihm greifen, um ihm die Kleider vom Leib zu reißen, als Mythor, Yellen und Golad wie auf ein Zeichen aufsprangen. Mythors Fäuste gruben sich in den Magen des Neugierigen. Yellen und Golad betäubten die beiden anderen mit zwei, drei gezielten Schlägen.
    »Der vierte!«
    Jener, der bei den Kisten zurückgeblieben war, schrie auf und wollte zur Treppe rennen. Blitzschnell bückte Mythor sich nach einem Bottich und schleuderte ihn. Hart in die Kniekehlen getroffen, brach der Seefahrer zusammen. Bevor er sich wieder aufrichten konnte, waren drei Männer über ihm und droschen mit aller Kraft, die noch in ihren Leibern war, auf ihn ein.
    »Halt!« rief Mythor. »Hört auf, ihr sollt ihn nicht umbringen!«
    »Er hätte es verdient! Sie alle verdienen es!«
    Mit einem Fluch riss der Sohn des Kometen die Rasenden zurück und stellte sich breitbeinig vor den Bewusstlosen. »Dann kommt her, wenn ihr nicht besser sein wollt als sie! Aber vorher nehmt es mit mir auf!«
    Yellen und Golad postierten sich zu beiden Seiten Mythors. Ihnen folgten zwei weitere Legionäre, dann immer mehr, bis drei Dutzend Mann beisammenstanden und keinen Zweifel daran ließen, dass sie entschlossen waren, jeden Übergriff von Seiten der Legionäre zu vereiteln.
    Murrend zogen die anderen sich zurück und ließen sich wieder auf ihre harten, schmutzigen Lager fallen.
    »Geht jetzt, aber seht euch vor«, warnte Yellen.
    »Danke, alter Freund.«
    Golad war schon bei der Treppe. Noch zögerte Mythor. Dann aber sah er die Blicke jener, die sich um ihn geschart hatten, und da wusste er, dass er sich auf jeden dieser Männer verlassen konnte.
    »Komm endlich!« flüsterte Golad.
    *
    Es regnete stärker, und der Sturm rüttelte an den Kleidern der beiden, als sie die Klappe über dem Treppendurchgang leise schlossen und schattengleich hinter eines der Gestelle mit Hängematten und Vorräten huschten. Einige Seefahrer hatten sich eingerollt und schienen zu schlafen. Ein Wetter wie dieses schien für sie nichts Ungewöhnliches zu sein. Aber Mythor sah, wie sie sich in den Hängematten drehten und wanden, und ab und zu war halblautes Stöhnen zu hören, wie von einem, der böse Träume hatte.
    Drei Wachen befanden sich im Bug der Gasihara, die anderen waren auf den Ruderbänken und stellten keine Gefahr dar. Von Jejed war weit und breit nichts zu sehen.
    »Er wird im Aufbau sein«, flüsterte Mythor. »Wahrscheinlich mit Farina.«
    »Und dem Magier!« sagte Golad finsteren Blickes. Wieder bebten seine Hände, und nur mit Mühe dämpfte er seine Stimme.
    Von irgendwoher kamen und verklangen Schritte. Der Wind heulte und pfiff, schwoll auf und ab und schien eine Melodie über das Meer zu tragen, die Mythor schaudern ließ.
    »Rachamon steht dort, im Heck!« flüsterte er. »Beim Steuermann.«
    Golad sah ihn nur als Schatten, der die Arme in den Himmel gereckt hatte. Kleine Tiere huschten aufgeregt um ihn herum.
    An den Gestängen vorbei schlichen Mythor und Golad auf die Unterkunft des Kapitäns zu. Bei jedem Laut blieben sie stehen und drückten sich eng an einen Balken. Blakende Öllampen warfen gespenstische Schatten über das Deck.
    Zwischen den Gestellen und dem Aufbau gab es keine Deckung mehr. Schon wollte Mythor aufatmen, als sie ihr Ziel unangefochten erreichten, da wurde die Tür von innen geöffnet. Ein winziger Lichtspalt erschien, verbreiterte sich schnell und verschwand wieder. Für die Dauer weniger Herzschläge hatten Mythors Augen Mühe, die Dunkelheit zu durchdringen. Jemand war aus dem Aufbau herausgetreten, aber da war niemand mehr bei der Tür.
    »Jejed?« rief Mythor leise. »Kapitän?«
    Plötzlich hatte er das Gefühl, ein Hauch eiskalter Luft streife seinen Nacken. Er fuhr herum und sah Oblak.
    Golad erstarb der Schrei auf den Lippen. Seine Augen weiteten sich in namenlosem Entsetzen. Mythor machte unwillkürlich einen Schritt zurück und stieß mit dem Rücken gegen Holz.
    Oblak stand vor ihnen und sah sie an. Doch nicht die Augen eines Menschen waren da auf sie gerichtet. Es waren zwei glühende Lichter in einem Schwall fließender Düsternis.
    Mythors Herz schlug rasend. Er war wie gelähmt, konnte nichts tun und fühlte sich vom Blick dieser

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