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Treibgut

Treibgut

Titel: Treibgut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maren Schwarz
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Verdächtigen zu fixieren. Möglicherweise ist es ja tatsächlich einer der beiden Männer, vielleicht auch jemand ganz anderes. Jemand wie Astrid Schulz zum Beispiel.«
    »Wie jetzt?«, wunderte sich Henning »Soll das etwa heißen, Rufus Kirchners Geliebte könnte …«
    »Das soll gar nichts heißen«, stellte Bruno klar. »Außer dass Eifersucht ein sehr häufiges Motiv ist. Zumal das auch ihr plötzliches Verschwinden erklären würde.«
    »Mal angenommen, du hast recht«, versuchte sich Leona seiner Argumentation anzuschließen, »ich meine, wieso rächt sie sich dann nicht an Elena?«
    »Wieso? Na, das macht sie doch! Überleg doch mal!«, gab ihr Bruno zwischen zwei Schlucken Wein zu bedenken. »Kann es eine schlimmere Rache geben, als ihr das Kind zu nehmen?«
    »Klingt logisch«, musste Leona zugeben. »Dabei war ich mir so sicher …«
    »Ich sage doch gar nicht, dass es nicht so gewesen sein könnte«, versuchte Bruno einzulenken. »Trotzdem scheint es mir einfach nicht ins Bild zu passen: Die depressive Frau, das tote Kind«, las er von seinen Notizen ab. »Also mal ehrlich, ich kann verstehen, wenn einem da die Nerven durchgehen. Manchmal braucht man einfach etwas Abstand, um die Dinge wieder aus der richtigen Perspektive betrachten zu können. So gesehen dürfte es sich bei seiner Flucht wohl kaum um einen vorsätzlich gefassten Plan gehandelt haben«, fügte er mit Nachdruck hinzu.
    »Mitunter passieren eben unvorhersehbare Dinge, oder? Ich meine, versuch dich mal in seine Lage zu versetzen. Was hatte er schon zu verlieren, wenn er sich das Chaos, das nach dem Tsunami herrschte, zunutze gemacht hätte, um unterzutauchen und sich eine neue Identität zuzulegen?«, beharrte Leona auf ihrem Standpunkt.
    »Unwahrscheinlich«, widersprach Bruno angesichts der ihm bekannten Fakten über den Tsunami.
    Leona griff nach ihrem Weinglas und suchte Brunos Blick. »Glaubst du, das wüsste ich nicht? Der ganze Fall besteht aus einer Aneinanderreihung von, um es mal vorsichtig auszudrücken, unglücklichen Umständen: Wenn sie das Kind an dem Tag bei ihrem Mann gelassen hätte, wenn der nicht plötzlich krank geworden wäre, und so weiter. Deshalb sind wir schließlich hier. Damit du uns hilfst.« Leona dachte dabei an seine noch immer bestens funktionierenden Kontakte zum BKA.
    »Ich werd sehen, was ich tun kann«, versprach Bruno, bevor er dazu überging, auf einem Stück Papier ihre bisherigen Erkenntnisse ähnlich einem Puzzle zusammenzusetzen: »Wirklich viel haben wir ja nicht gerade«, sagte er und deutete auf die DVD und die Fotos vom Unfallort. »Kaum Indizien, dafür jede Menge offene Fragen.« Die Frustration war ihm deutlich vom Gesicht abzulesen. Er hielt kurz inne. »Apropos Beweise: Wie sieht es eigentlich mit Zeugen aus?«
    »Kannste vergessen«, stellte Henning mit einer wegwerfenden Handbewegung klar. »Der Einzige, dessen Daten aktenkundig erwähnt sein dürften, ist dieser Spaziergänger, weil er Elena am Unglücksort aufgefunden hat. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, wie der uns nach all der Zeit noch von Nutzen sein sollte«, meinte er, um gleich hinterherzuschicken, dass das auch für die beiden Jogger galt. »Man hat zwar nach ihnen gesucht, konnte sie aber nicht ausfindig machen.«
    Minuten verstrichen, in denen niemand etwas sagte. Während Leona an ihrem Weinglas nippte und Henning gedankenverloren vor sich hin starrte, versuchte Bruno die Informationen zu verarbeiten, die er im Laufe der letzten Stunden aufgenommen hatte. »So, dann lasst uns mal zusammenfassen: Wir haben den Unglückstag bis auf die letzte Stunde rekonstruiert. Durch die Fotos vom Unglücksort wissen wir von der Existenz mindestens einer weiteren Person. Jemand, der, wie wir vermuten, Lea ohne Elenas Wissen aus dem Kinderwagen genommen hat.« Er hielt kurz inne, um sich am Kopf zu kratzen. »Wie tickt einer, der zu so etwas fähig ist?«
    »Der Mann, wenn es denn überhaupt ein Mann war, ist total durch den Wind, ein psychisches Wrack«, mutmaßte Henning.
    »Oder völlig verzweifelt – wie Danko Dierks wegen seiner immensen Spielschulden«, warf Leona ein. »Außerdem befand er sich in unmittelbarer Nähe. Könnte also zur fraglichen Zeit durchaus vor Ort gewesen sein.«
    »Er muss dann aber einen Komplizen gehabt haben«, spann Henning den Faden weiter. »Jemand, der ihm das Kind abgenommen hat.«
    »Astrid Schulz«, spekulierte Leona. »Oder Rufus Kirchner.«
    »Und er muss über ein Fluchtfahrzeug verfügt

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