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Treibgut

Treibgut

Titel: Treibgut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maren Schwarz
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Treffpunkt vorgeschlagenen Gaststätte befand sich in einem Waldstück zwischen Theuma und Bergen. Nach kurzer Suche stellte Henning sein Auto auf einem Parkplatz vor der Gaststätte ab. Inzwischen war es fünf vor neun und stockdunkel. Lediglich eine in trübem Licht erstrahlende Reklame wies ihm den Weg.
    In der Gaststube, die bis auf den Stammtisch leer war, saßen fünf ältere Männer beim Skat. Seine Ankunft ließ ihre Gespräche ersterben. Für einen Moment lang war nur das Ticken von einem guten Dutzend Kuckucksuhren zu hören, die an der Wand über dem Stammtisch hingen.
    Unschlüssig sah sich Henning nach dem Wirt um. Ein stämmiger Mittfünfziger mit beginnender Halbglatze und einem sich über dem Hosenbund wölbenden Bierbauch.
    »Komme gleich«, hörte Henning ihn rufen. »Legen Sie doch schon mal ab!«
    Statt seiner Aufforderung nachzukommen, entschied sich Henning für eine direkte Eröffnung. »Hat jemand von Ihnen Edmund Marks gesehen? Ich bin mit ihm verabredet. Ist er schon da?«
    Seine Frage brachte ihm neben allgemeinem Kopfschütteln jede Menge argwöhnische Blicke ein. »Aber wenn Sie miteinander verabredet sind, dann wird er sicher gleich eintreffen. Nehmen Sie doch schon mal Platz. Vielleicht hier?« Der Wirt deutete auf einen etwas abseits gelegenen Vierertisch. »Darf ich Ihnen schon etwas bringen?«
    Nachdem sich Henning seines Wintermantels entledigt hatte, bestellte er ein Glas Wasser.
    Während er hin und wieder daran nippte, wurde seine Geduld auf eine harte Probe gestellt. Entweder hielt Edmund Marks nicht viel von Pünktlichkeit oder ihm war etwas dazwischen gekommen. Als der Kommissar ihn auf seinem Handy anzurufen versuchte, wurde ihm mitgeteilt, dass der von ihm gewünschte Gesprächspartner nicht zu erreichen sei.
    Einen Fluch unterdrückend, beschloss Henning, bis zehn zu warten. Als er bis dahin noch immer nichts von Edmund Marks gehört hatte, beglich er seine Rechnung, zog seinen Mantel über und ging.
    Beim Verlassen der Gaststätte brauchten seine Augen einen Moment, um sich an die Dunkelheit zu gewöhnen. Der eisige Nordwind ließ ihn frösteln.
    Auf dem Weg zu seinem Auto vernahm er ein leises Stöhnen. Es schien aus dem hinter der Gaststätte gelegenen Waldstück zu kommen. Angestrengt spähte Henning in die mondlose Nacht. Doch außer der Reklamebeleuchtung über dem Eingang herrschte völlige Finsternis. Auf ein weiteres Geräusch lauschend, ging Henning ein paar Schritte in Richtung Wald. Hin und wieder hielt er inne und horchte. Ein schwacher Wind säuselte in den Baumspitzen. Nach ein paar Metern streiften seine Hände die Aufhängung einer Schaukel. Ihr rostiges Quietschen jagte ihm einen Schauer über den Rücken. Vor ihm lag ein verlassener Kinderspielplatz. Dahinter erhob sich der Wald. Dunkel und bedrohlich.
    »Ist da jemand?« Statt einer Antwort hörte er ein Knacken.
    Hier stimmt etwas nicht, dachte Henning.
    Das Rascheln kam von hinter ihm. Als er es hörte, war es schon zu spät. Er hatte keine Zeit mehr, sich umzudrehen. Etwas Hartes, Kaltes krachte auf seinen Hinterkopf. Henning spürte, wie seine Brille weggeschleudert wurde. Er sank auf die Knie, wo er keuchend in Deckung zu gehen versuchte. Sein Gehirn befahl ihm, um Hilfe zu schreien, aber sein Mund blieb stumm. Unfähig auch nur einen einzigen Laut auszustoßen.
    Im gleichen Moment nahm er eine Bewegung über sich wahr. Der sich schemenhaft gegen den Nachthimmel abzeichnende Angreifer war dunkel gekleidet und trug eine Strickmaske. Sein Anblick ließ Henning das Blut in den Adern gefrieren. Unfähig, sich zu bewegen, noch klar zu denken, fiel sein verschwommener Blick auf den Gegenstand in der Hand des Mannes. Es war ein Baseballschläger.
    Was sollte er tun? Während sich in Henning nacktes Entsetzen breitzumachen begann, hob der Angreifer seelenruhig seine Arme und versetzte ihm einen weiteren Schlag.
    Ein stechender Schmerz zog durch seinen Schädel. Als sich der Kommissar auf dem Waldboden krümmte, holte der Mann erneut aus.
    »Tu’s nicht!«, wollte er schreien, doch aus seiner Kehle kam nur ein unverständliches Röcheln. Ein letztes Mal versuchte sich Henning zu wehren, doch es war sinnlos. Für einen Moment glaubte er, ein Blitzen in den Augen zu sehen, die durch den Schlitz in der Maske auf ihn herabschauten. Wer war der Kerl? Und was wollte er von ihm? Herrgott, hilf mir, betete Henning stumm, bevor ihm schwarz vor Augen wurde.

32
     
     
    Kurz nach sieben am nächsten Morgen verließ

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