Treibjagd - Unzensiert im Doppelpack (German Edition)
zurück. Chavez’ Angebot kam mir daher sehr gelegen und so wurde er innerhalb kürzester Zeit zu unser beider Freund. Verena behauptete immer, dass er für sie wie ein großer Bruder sei und gleichzeitig ein Freund und Kumpel. Mit ihm könnte sie über alles reden, und er verstünde sie auch in Bereichen, die mir fremd war. Klar, sie meinte Drogen und Feiern. Typisch war für Chavez, dass er sofort wieder Pläne schmiedete. Er versprach, einiges in die Wege zu leiten, damit Verena ihre kleine Tochter möglichst bald zurückbekommen würde. Es kamen durchaus gute Vorschläge. Erst einmal würde sie einen Familienanwalt brauchen, die Ehefrau seines Anwalts war eine solche. Den Kontakt wollte er herstellen. Des Weiteren würde er Verena eine Drogenunbedenklichkeitsbescheinigung besorgen. Er kannte einen Sozialarbeiter und diese seien dazu berechtigt. Seine Ex könne Verena ein Massageausbildungszertifikat ausstellen, da diese als Ausbilderin dazu legitimiert war. Damit wäre es möglich, Verena einen fiktiven Arbeitsvertrag als Teilzeitangestellte in „seinem“ Tattoo- und Piercingstudio zu geben. Zu guter Letzt bot er an, mit Verena gemeinsam das Kinderzimmer der Kleinen neu zu streichen, um es dann zu fotografieren und als Fotomappe für die kommende Gerichtsverhandlung um das Sorgerechtvorzubereiten und dem Gericht vorzulegen. Alles klang hervorragend, obwohl an mancher Stelle vielleicht der ein oder andere Zweifel angebracht war, wie hilfreich es wirklich sein würde.
45. Die Weichen werden neu gestellt
Was jedoch ebenfalls typisch für Chavez war: Nichts davon wurde letztlich durch ihn in die Tat umgesetzt. Das Einfachste wäre dabei die Vermittlung der Familienanwältin gewesen – im Kontext der Ideen die Beste von allen. Aber nicht einmal das schaffte er, und so war ich es selber, der tätig werden musste. Aber immerhin kam der Tipp von ihm, und dieser war es allein wert. Die Anwältin schien genau das zu sein, was Verena für den Sorgerechtsstreit gegen das Jugendamt brauchte. Frau Strobe war kompetent, eloquent und durchsetzungsstark. Verena, die bereits eine Verhandlung vor dem Amtsgericht erleben durfte, befand sich gegenüber den älteren Mitarbeiterinnen des Jugendamtes alleine auf verlorenem Posten. Sie schilderte Rechtsanwältin Strobe ihr jahrelang erlittenes Martyrium in allen Details. Daraufhin schlug Frau Strobe vor, dass Verena eine eidesstattliche Erklärung abgab, damit das Gericht erkennen konnte, dass sie niemals die Möglichkeit gehabt hatte, ihre Tochter selbst zu erziehen. Verena wurde über die Strafbarkeit einer Falschaussage belehrt und erklärte an Eides statt:
„Ich bin von meinem Exfreund zur Prostitution gezwungen worden. Er hat mich geschlagen, vergewaltigt und einer totalen Überwachung unterzogen. Als ich mich einmal einer Arbeitskollegin anvertraut habe, dass ich am liebsten weglaufen wolle, hat sie mich verraten, und ich bin daraufhin von mehreren Albanern vor dem Club zusammengeschlagen worden. Es gab keine Hoffnung und keinen Ausweg für mich aus dieser Hölle, denn mein ehemaliger Lebensgefährte drohte mir auch damit, das Jugendamt über meine Drogensucht und Tätigkeit in Kenntnis zu setzen, worauf ich mit Sicherheit meine Tochter verlieren würde. Während eines Streits riefen die Nachbarn die Polizei. Als die Polizei vor der Tür stand, öffnete ich. Mein Exfreund stand mit einem Messer hinter der Tür und drohte mir, er würde mich abstechen, wennich gegenüber der Polizei etwas erzählen würde. Nachdem ich von ihm geflohen bin, wurden mir Morddrohungen übermittelt. Deshalb ging ich zur Polizei nach B.-Stadt, wo ich vertröstet wurde. Mein Exfreund meldete mich als vermisst, obwohl ich von ihm geflohen bin und lediglich mein Geld mitgenommen habe. Auch in Paderborn wurde keine Anzeige durch die Polizei aufgenommen. Erst als ich Tim kennen lernte, fand ich Hoffnung und Hilfe. Ich bin freiwillig von meinem Exfreund weggelaufen und Tim K. hat mich in Hamm abgeholt. Nun habe ich eine neue, eigene Wohnung und kann endlich für mich und meine Tochter sorgen und dieser ein normales Leben bieten. Ich habe gewusst, dass, wenn ich im Alleingang versuche zu fliehen, er mich finden würde, und dann hätte ich ihm einfach alles zugetraut, auch dass er mich und meine Tochter umbringt.“ (B.-Stadt, 7.12.2009)
Die Kosten für die Anwältin sollten im Rahmen der Prozesskostenhilfe die Ämter bezahlen. Das war auch bitter nötig, denn ihren Anwalt im Strafverfahren, welches ich
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